Es beginnt wieder

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Andys Sicht:

«Bist du bereit?» fragte mich Chris, der jetzt der Älteste von uns ist. «Kannst du mich nicht weiter unterrichten?» fragte ich erneut. Es hat zwei Jahre lang so gut funktioniert. Warum jetzt ändern?

«Chris ist nicht der beste Lehrer, und du verpasst viel zu viel», sagte Shawn, der mir gerade ein Lunchpaket in die Hände drückte, und ging wieder um die Ecke, um wohl irgendwelche Rechnungen zu überprüfen. Shawn kümmert sich um unsere Finanzen und finanzielle Lage. Chris kümmert sich um die Tiere, auch wenn er lieber Heiler geworden wäre. Die Tiere gehören zu uns und sind das Vermächtnis unserer Eltern, und er ist momentan der Einzige in der Lage, sich um sie zu kümmern.

«Aber ich bin ein Krüppel», versuchte ich es noch einmal. Chris kann ich überzeugen, das ist nicht schwer, aber Shawn ist der pflichtbewusstere. «Auch Krüppel müssen zur Schule», meinte er und sah stirnrunzelnd auf das Pergament in seinen Händen. «Hast du ihnen noch keine Antwort gegeben?» fragte er schliesslich Chris.

«Was wegen dem neuen Griphor-Futter?» fragte Chris. «Ja, sie haben dir schon vor zwei Wochen geschrieben», sagte Shawn. «Das ist Unsinn. Die wollen die Griphor nur mit etwas Schädlichem vollpumpen, damit anscheinend ihre Hörner schneller wachsen und grösser werden. Aber wir sägen keine Hörner ab, wir entnehmen nur eine geringe Menge. Das ist Folter, was sie vorschlagen», sagte Chris. Shawn nickte verständnisvoll. «Wäre Sägen nicht ungefährlicher?» fragte Shawn nach und blickte kurz zu mir. «Man wäre weniger lang bei ihnen», sagte Chris. «Aber sie würden dir misstrauen. Nein, so etwas tun wir nicht. Zuerst die Sicherheit, danach das Tierwohl, danach der Profit. Wir gehen morgen gemeinsam zu ihnen und sagen es ihnen», sagte Shawn. Zuerst das Tierwohl, danach der Profit. Das war schon immer unser Motto. Sicherheit haben wir erst vor zwei Jahren in unser Motto eingebaut.

«So, ihr solltet jetzt Apparieren, sonst verpasst Andy den Zug», sagte Shawn und nahm mich in den Arm. «Pass auf dich auf und sei einfach typisch Andy, klar?» murmelte er. Typisch Andy, das hat Isi immer gesagt. Ich schmunzelte ein wenig. «Wir werden auch nicht wütend, wenn wir einen Brief bekommen, dass du eine Toilette gesprengt hast», fügte er noch hinzu, und wieder ein leichtes Schmunzeln.

Schliesslich ging ich zu Chris und nahm seine Hand. Er hielt schon meinen Koffer in der Hand, und ich hielt immer noch mein Lunchpaket, dann apparieren wir. Auf dem Bahnsteig zog mich Chris in seine Arme.

«Lass dich nicht unterkriegen. Du bist so unglaublich stark. Sei einfach du», sagte er. «Das ist leichter getan als gesagt», murmelte ich. «Ich weiss», sagte er. «Ich will nicht nach Hogwarts», sagte ich. «Hogwarts ist toll, und wegen deinem Bein musst du dir keine Sorgen machen. Es ist nichts Schlimmes», sagte Chris. «Das Bein ist ja eins, aber ich möchte nicht von euch getrennt sein», sagte ich dann. «Versteh ich. Wir werden dich ganz doll vermissen. Aber du musst noch vieles lernen. Und um ehrlich zu sein, habe ich mich nur für bestimmte Fächer interessiert und auch nur diese begriffen. Bei allen anderen bin ich ganz mies gewesen», lachte er. Ich nickte.

Ich umarmte ihn noch einmal. «Bis Weihnachten, Kleines», sagte er. «Versprich mir, dass wir uns an Weihnachten auch wirklich wiedersehen», sagte ich. «Ich verspreche es. Du weisst ja, Sicherheit, Tierwohl, Profit.» Ich winkte ihm noch einmal und schleppte meinen Koffer mühselig in den Zug. Das war schwerer als gedacht. Noch immer war ich nicht komplett standfest. Einbeinig zu sein war nun mal einfach ein gewisses Hindernis. Ein Jahr hatte ich jetzt meine Prothese. Doch noch immer hatte ich Mühe damit.

Ich lief durch den Zug und öffnete ein noch nicht volles Abteil. «Darf ich mich zu euch setzen?» fragte ich in die Runde. Vier Mädchen blickten zu mir. «Ich möchte eher ungern den ganzen Zug absuchen. Der Koffer ist ganz schön schwer», fügte ich hinzu. «Klar, setz dich ruhig», sagte eine Blonde. Ich lächelte sie dankend an.

Andrea Griven - Nichts läuft wie geplantWo Geschichten leben. Entdecke jetzt