Nicht Shawn

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Andys Sicht:

Ich apparatierte nach Hause. Weihnachten, toll. Ich lief hinein. «Shawn?» kam es fragend von Chris, und er stürmte auf mich zu. «Nein, Andy, was ist denn los?» fragte ich sofort und war in Alarmbereitschaft. «Er ist nur schon eine Weile weg. Einkaufen», erklärte Chris. Er war beunruhigt, und das beunruhigte auch mich. «Vielleicht hat er noch jemanden getroffen», sagte ich, um uns zu beruhigen, aber es half weder ihm noch mir. Wir warteten noch weitere drei Stunden.

Dann klingelte auf einmal unser Telefon. Das klingelte so gut wie nie. Chris nahm ab. «Griven... Ja, hier ist Christoph Griven... Ja, er ist mein Bruder... Kann man ihn besuchen... Ich bin in ein paar Minuten da», sagte er und legte auf. Chris war kreidebleich und sah zu mir. Mir liefen schon eine Weile Tränen über das Gesicht. «Shawn hatte einen Autounfall», sagte Chris beinahe tonlos und zog mich in seine Arme. Ich schluchzte auf. «Sie mussten ihn operieren, er liegt auf der Intensivstation. Er ist nicht ansprechbar. Momentan ist er halbwegs stabil. Aber es könnten noch immer Komplikationen auftreten», murmelte Chris, und ich klammerte mich wie verrückt an Chris fest. «Ich gehe zu ihm, in Ordnung?» fragte er. Ich nickte. «Ich halte hier die Stellung», murmelte ich und löste mich von ihm. «Natürlich würde ich auch gerne gehen, aber wir können es uns nicht leisten, die Tiere alleine zu lassen. Es könnte etwas passieren.»

Chris ging, und ich lief in Richtung Büro. Wenn Shawn auf der Intensivstation ist, wird es eine Weile dauern, bis er wieder kommt. Und er wird wieder kommen, etwas anderes lasse ich gar nicht in mein Hirn. Chris mag das Bürokratische nicht, und Shawn hat es immer gemacht. Ich sollte mich wohl damit befassen, damit ich es einigermassen verstehe.

«Das ist die Post von heute», stellte ich murmelnd fest und setzte mich hin, um sie zu öffnen. Rechnung, noch eine Rechnung, ein Schreiben wegen dem Futter. Oh, das ging wohl schon etwas hin und her. Vielleicht finde ich noch vorangegangene Briefe. Anfrage wegen Zaubertrankzutaten – solche kommen immer noch. Shawn hat mal erwähnt, dass es gewisse Leute und Geschäfte gibt, die nicht verstehen, dass wir nichts mehr pflanzen. Irgendwo hat er eine Liste von genau denen. Oh, und einer vom Drachenreservat. Dieser wäre sowieso zu mir gekommen. Jack ist zum Glück auch Brite und weiss, wann Schulferien sind. Sie fragen nach einer direkten Zusammenarbeit. Gewisse Tierprodukte benötigen auch sie. Hört sich sehr gut an, ihr Angebot, aber das müssen wir erst zu dritt diskutieren. Zu dritt. Shawn. ICH schnappte mir ein Pergament und fing an zu schreiben.

«Hey Jack. Freut mich zu hören, dass ihr so direkt mit uns zusammenarbeiten wollt. Ich nehme nicht an, dass Chris oder Shawn irgendetwas dagegen haben könnte, jedoch ist es ein relativ grosser Schritt für uns und muss eine Weile unter uns diskutiert werden. Dies wird jedoch in die Zukunft geschoben. Shawn hatte leider einen Unfall und ist zurzeit nicht ansprechbar. Danke für dein Verständnis. Andy» schrieb ich kurz und knapp und schickte sofort eine Eule los. Dann begann ich zu suchen – nach der Liste, vorangegangenen Briefen und weiteren Dingen, an denen Shawn wohl gerade gearbeitet hat.

Am Abend machte ich mich dann an die Tiere. Alle bekamen nochmal Futter und wurden versorgt für die Nacht. Es war viertel nach elf, als ich dann fertig war mit den Tieren. Da kam auch wieder Chris nach Hause. «Und?» fragte ich sofort. «Er ist an Haufen Geräte angeschlossen», meinte er. Er sah nicht sonderlich gut gelaunt aus. Natürlich bin ich auch nicht gut gelaunt, aber er sah wütend aus. «Was ist los?» fragte ich. «Ich war noch im St. Mungo»s. Wollte darum bitten, dass sie Shawn zu sich nehmen», sagte er mürrisch. Das war damals bei mir genauso, als der Unfall mit meinen Eltern passiert ist. War damals so viel ich weiss, kein Problem gewesen. «Und warum bist du so mürrisch?» fragte ich. «Das geht nicht, Sir. Er gehört nicht in unsere Macht. Er ist ein Squib. Ihr Bruder gehört zu den Nicht-Magischen. Einmal dort bleibt er dort», sagte Chris mit hoher Stimme und imitierte wohl die Empfangsdame. «Was? Nur weil Shawn nicht zaubern kann, wird er nicht verlegt?» rief ich empört aus. Chris nickte. «Solche Arschlöcher», knurrte ich. «Das kannst du laut sagen», stimmte mir Chris zu. Und irgendwie wartete ich darauf, dass Shawn reklamiert, weil ich nicht irgendwelche Leute beleidigen sollte. Aber darauf konnte ich wohl lange warten. «Warst du schon bei den Tieren?» fragte Chris mich. «Gerade fertig geworden», bestätigte ich. «Dann sollten wir schlafen gehen», murmelte Chris, küsste mich auf den Scheitel, und auch ich ging in mein Zimmer.

Andrea Griven - Nichts läuft wie geplantWo Geschichten leben. Entdecke jetzt