Yorus - Flucht, Konfrontation und Offenbarungen

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Sicht von Yoru:

Ich lag auf meinem Bett und starrte auf die Decke, unfähig, meine Gedanken zum Schweigen zu bringen. Jeder Versuch, die Augen zu schließen und abzuschalten, schlug fehl. Nach einiger Zeit suchte die Müdigkeit mich dann aber heim und ich schlief ein. Piep ... Piep ... Piep ... hörte ich meinen Wecker. Verschlafen schlug ich meine Augen auf und schlug ein paar Mal nach dem Wecker, bis der endlich aus war.

Bist du bereit, Yoru?“, hörte ich Auroras Stimme. „Ich muss es sein“, sagte ich, mit gesenktem Blick. „Gut, dann lass uns keine Zeit verschwenden und direkt losgehen … am besten über den Balkon.“ „Über den Balkon? Aber der ist recht hoch“, sagte ich misstrauisch ihr gegenüber. „Wir sollten möglichst unauffällig von hier weg. Vertrau mir bitte“, erklärte sie sich. „Na gut“, ich näherte mich dem Balkon und öffnete die Tür. Nach einem kurzen Moment des Zögerns nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, sprang runter und landete eher unelegant, aber dafür unverletzt auf dem Boden.

Gut gemacht. Nun lass uns zügig das Internatsgelände verlassen“, sagte Aurora. Leise schlich ich mich durch die Hecken. Die kühle Abendluft war frisch, aber meine Nerven waren angespannt. Jeder Schatten und jedes Geräusch ließ mich zusammenzucken. Nach kurzer Zeit fand ich einen dichten Busch in der Nähe des Ausgangs und versteckte mich dort. Gerade noch rechtzeitig, denn einige der Wachen kamen den Weg entlang. Mein Herz schlug so laut, dass ich fürchtete, sie könnten es hören. „Alles ruhig hier“, sagte einer der Wachen. „Ja, nichts Ungewöhnliches“, antwortete der andere. Nach einigen angespannten Augenblicken entfernten sie sich wieder und ihre Stimmen verblassten in der Ferne. Ich atmete erleichtert aus und kroch aus meinem Versteck.

Schnell lief ich zu der unbeobachteten Zaunstelle zu. Doch plötzlich stieß ich mit jemandem zusammen. Ich blickte hoch und sah Noel. Ich wollte einen Schritt zurückgehen, doch er hielt mich unsanft am Arm fest. „Was machst du hier? Es ist schon spät, und außerdem bist du suspendiert“, knurrte er mich an. „Noel, lass mich los!“, flüsterte ich eindringlich, während ich versuchte, meinen Arm aus seinem Griff zu befreien. Seine Augen blitzten zornig auf und er lockerte seinen Griff nicht. „Was hast du vor, Yoru?“, fragte Noel scharf. „Das geht dich nichts an“, zischte ich zurück und versuchte, mich weiterhin zu befreien. „Das geht mich nichts an?“ Begann Noel. „Du weißt schon, was meine Position und was deine Position ist, oder? Also gehe wieder zurück oder ich werde dich mit Gewalt dazu zwingen“, drohte er mir.

Doch im Gegensatz zu sonst, wo ich nicht wusste, was ich sagen sollte, spürte ich auf einmal Kraft und Mut in mir. „Ach ja, du verlogener Nichtsnutz. Du willst mich zwingen und das mit Gewalt? Lass mich einfach durch, oder du wirst es bereuen!“, schnauzte ich ihn an, doch er nahm mich nicht ernst. Er lachte leise und seine Augen funkelten vor Spott. „Was willst du denn tun, Menschlein?“ „Das hier!“ Ohne weiter nachzudenken, zog ich meine Wolfskrallen hervor, kratzte ihn damit, stieß ihn fest gegen die Rippen und mit voller Kraft zu Boden. Er schrie auf und ließ meinen Arm los. Ohne zu zögern, drehte ich mich um, rannte los und überquerte den Zaun. Meine Hände zitterten, ob vor Aufregung oder Angst, konnte ich nicht genau sagen. Im Schutz der Dunkelheit rannte ich weiter, weg vom Internatsgelände, in Richtung des Sees. Als ich ihn endlich erreichte, schnaufte ich völlig erschöpft von der Aktion erst einmal durch. „War das gerade ich? Was war gerade geschehen?“, fragte ich mich selbst. „Das war ich“, beantwortete Aurora meine Frage kühl. „Ich konnte mir nicht mit ansehen, wie du dich von anderen tyrannisieren lässt. Deshalb habe ich die Initiative ergriffen und etwas unternommen“, erklärte sie mir.

~währenddessen bei Noel~

Sicht von Noel:

Verdammt, wie konnte dieses Weib nur dazu in Stande sein?“, fluchte ich vor mich hin. Ich konnte es einfach nicht begreifen. Alles hatte so gut geklappt und jetzt, jetzt ist sie verschwunden. Wütend ballte ich meine Hände und schlug auf den Boden. Ich atmete tief ein und aus und versuchte, mich wieder zu beruhigen. Als ich das getan hatte, rappelte ich mich wieder auf und klopfte den Staub von meinen Händen, ging zu den Wachen und informierte diese über das Verschwinden von Yoru. Die Wachen sahen mich mit großen Augen an, als ich ihnen von Yorus Verschwinden erzählte. Sie wechselten nervöse Blicke, nickten und machten sich sofort auf den Weg, um nach ihr zu suchen. Ich biss die Zähne zusammen und fasste mir an die Seite, wo Yoru mich verletzt hatte. „Sie sind ja verletzt. Noel, ist bei Ihnen alles in Ordnung? Was ist passiert?“, fragte mich mein Vize-Hauptmann. „Es heißt Kommandant, verstanden!? Und es ist nichts, was ich nicht aushalten könnte“, schnauzte ich ihn an, während ich den Schmerz ignorierte. „Wir müssen sie finden, verstanden!?“ Mein Vize-Hauptmann nickte und rief einige zusätzliche Männer zusammen, um die Suche zu verstärken. Während die Männer sich auf den Weg machten, ging ich zurück in meinen Wachposten.

Die 6 Elemente und die Gestaltenwandler Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt