Geständnisse am See

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Sicht von Yoru:

Als wir den See erreichten, verwandelten wir uns zurück und setzten uns ans Ufer. Die Sonne stand hoch am Himmel und spiegelte sich im klaren Wasser wider. Eine Weile schwiegen wir, genossen einfach die Stille und die Nähe zur Natur.

Du kannst dich also verwandeln?“, begann Noah schließlich. „Genau, wie ich es vermutet hatte.“

„Ja“, antwortete ich und starrte in das glitzernde Wasser des Sees. „Es war aber nicht immer so.“

Noah nickte verständnisvoll und warf einen Stein ins Wasser, der mit leisem Plopp ins kühle Nass eintauchte. „Wie hast du es denn schlussendlich geschafft bzw. warum konntest du dich erst nicht verwandeln?“, fragte er und drehte sich zu mir.

Es war kompliziert“, begann ich, während ich einen weiteren Stein in die Hand nahm und ihn prüfend betrachtete. „Erst hörte ich meine innere Wölfin Aurora nicht. Aber als es dann doch so war, hatte ich sie nicht erkannt; es war, als hätte ich Angst … es hatte einfach Zeit gebraucht.“

Noah sah mich interessiert an und nickte langsam. „Ich kann das verstehen. Die Angst vor dem Unbekannten kann mächtig sein.“

Ich seufzte tief und warf den Stein ins Wasser, beobachtete die Ringe, die sich auf der Oberfläche ausbreiteten. „Es war nicht nur die Angst vor dem Unbekannten. Es war wahrscheinlich die Angst vor dem, was hätte passieren können und wer es war, der zu mir sprach.“

Noah legte seine Hand beruhigend auf meine Schulter. „Aber du hast es geschafft, Yoru. Du hast deine Wölfin akzeptiert, und jetzt seid ihr ein Team.“

Ich lächelte schwach. „Ja, jetzt bin ich eins mit Aurora und darüber bin ich auch froh.“

Noah lächelte zurück und sah in die Ferne, wo die Bäume im sanften Wind schwankten. „Weißt du, Yoru“, begann er nach einer Weile, „jeder von uns hat seinen eigenen Kampf. Ich erinnere mich noch daran, wie schwer es für mich war.“

Ich blickte ihn neugierig an. „Erzähl mir bitte mehr davon.“

Noah seufzte und lehnte sich zurück, stützte sich mit den Händen im Gras ab. „Es war nicht einfach. Als sich Chronos, mein innerer Wolf, zum ersten Mal zeigte, war ich völlig überfordert mit dieser Sache. Es war, als ob ein Sturm in mir tobte. Chronos war stark, ungezähmt und wollte auf niemanden hören. Ich wusste nicht, wie ich mit ihm umgehen sollte. Als ich mich das erste Mal verwandelt hatte … daran kann ich mich nicht einmal erinnern, war ich wohl wie von Sinnen. Die anderen Male danach war es dann eher wie ein Kampf als eine Verwandlung. Ich konnte ihn kaum kontrollieren, und das führte zu einigen … unschönen Zwischenfällen.“

Noahs Gesicht verdunkelte sich bei der Erinnerung, und ich konnte den Schmerz in seinen Augen sehen. „Was ist passiert?“, fragte ich leise, nicht sicher, ob ich die Antwort wirklich hören wollte.

Einmal habe ich die Kontrolle völlig verloren und jemanden verletzt. Es war jemand aus meinem Rudel. Ich wollte das nicht, aber Chronos war zu stark.“ Noah schwieg einen Moment, als ob er in der Erinnerung versank. „Es war ein schrecklicher Moment. Die Schuld und die Angst, die danach folgten, waren überwältigend.“

„Wie hast du es dann geschafft?“, fragte ich leise.

Es war ein langer Prozess“, antwortete er und starrte ins Wasser. „Mein Rudel half mir. Sie gaben mir die Unterstützung und die Geduld, die ich brauchte. Ich musste einfach lernen, mir selbst und vor allem Chronos zu vertrauen und zu akzeptieren. Ich habe viel Zeit alleine im Wald verbracht, mich versucht, mit Chronos zu unterhalten und mich mit ihm auseinanderzusetzen und habe geübt und versucht, die Kontrolle über meine Verwandlungen zu erlangen. Es gab viele Rückschläge, aber irgendwann habe ich es geschafft.“

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