Rayens Abschied - Neuer Schultag

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Sicht von Yoru:

Wir schlenderten langsam über den gepflasterten Weg, der durch den Hof des Internats führte. „Wir sehen uns morgen“, sagte Noah mit einem leichten Lächeln. Wir nickten nur, als Noah sich in Richtung des Apartments abwandte. Kurz blieben wir stehen, bevor wir unseren Weg fortsetzten. Die Ereignisse des Tages schwirrten mir noch immer im Kopf herum, und ich konnte die Anspannung in meinen Schultern nicht abschütteln. Mit einem tiefen Atemzug versuchte ich, die Gedanken zu ordnen und mich auf den nächsten Tag vorzubereiten.

„Wo wirst du heute eigentlich schlafen, Rayen?“, fragte ich sie. „Ich werde hier draußen schlafen“, antwortete Rayen und zuckte mit den Schultern. „Hier draußen? Das ist doch viel zu kalt! Und außerdem wird es noch regnen“, protestierte ich. Rayen lächelte leicht. „Mach dir keine Sorgen um mich, Yoru. Ich bin es gewohnt, Tag und Nacht draußen zu verbringen, ja. Ich komme schon klar. Außerdem mag ich es, unter den Sternen zu schlafen. Es hat etwas Beruhigendes.“

Fiametta, die bis dahin still gewesen war, fügte hinzu: „Aber wenn du willst, kannst du heute trotzdem gerne bei uns im Apartment übernachten. Wir haben genug Platz.“ Rayen schüttelte den Kopf. „Danke, aber es macht mir wirklich nichts aus.“ Ich wollte weiter protestieren, aber ich sah die Entschlossenheit in Rayens Augen und wusste, dass es keinen Sinn hatte. Stattdessen nickte ich nur und sagte: „Okay, aber wenn du etwas brauchst, lass es uns wissen, ja?“ Rayen lächelte dankbar. „Werde ich. Danke, Yoru.“

Fiametta und ich setzten unseren Weg fort, während Rayen in Richtung der Bäume ging, die hinter dem Internat standen. Wir setzten unseren Weg fort und gingen leise die Treppen zu unserem Apartment hinauf. Fiametta öffnete die Tür zu unserem Apartment und trat beiseite, um mich hereinzulassen. Kaum hatten wir die Tür hinter uns geschlossen, ließ ich mich erschöpft auf das Sofa fallen. Der Mond schien bereits durch das Fenster und tauchte den Raum in ein sanftes, silbriges Licht.

Ich dachte an die Ereignisse der vergangenen Tage zurück und konnte nicht anders als mich selbst zu fragen, ob das wirklich das Ende war oder ob noch mehr auf uns zukommen würde. Fiametta setzte sich neben mich auf das Sofa und zog ihre Beine an, um sich in eine bequeme Position zu bringen. Schweigend blieben wir eine Weile so sitzen, bis ich mich entschied aufzustehen und ins Badezimmer zu gehen. „Ich werde mich fertig machen und dann schlafen gehen“, sagte ich zu Fiametta und schloss die Badezimmertür. Unter der Dusche genoss ich die wohltuende Wärme und ließ mir die Ereignisse noch einmal durch den Kopf gehen.

Du warst heute fantastisch, Yoru. Du hast Fiametta gerettet und die Feinde in die Flucht geschlagen … vorerst“, lobte meine innere Wölfin mich. „Ja, vorerst, aber es gab auch Opfer … Holly.“ „Bitte gib dir nicht die Schuld. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie das Element hätten abgeben müssen. Immerhin hat sie damit Noah gerettet“, versuchte Aurora mich zu trösten. Ich seufzte schwer und ließ das Wasser über meinen Schultern prasseln. Als ich aus der Dusche stieg, wickelte ich mich in ein Handtuch und betrachtete mein Spiegelbild im Badezimmerspiegel. Die Narben von früheren Kämpfen und durch die der letzten Tage zeichneten meine Haut.

Ich trocknete mich ab und zog mir frische Kleidung an, bevor ich zurück ins Wohnzimmer ging. Fiametta saß immer noch auf dem Sofa, ihr Blick in die Ferne gerichtet. Als sie bemerkte, dass ich das Badezimmer verließ, lächelte sie sanft. „Ich denke, ich werde versuchen, zu schlafen. Morgen ist wieder Schule.“ Fiametta nickte zustimmend. „Geh ruhig. Ich bleibe  noch ein wenig wach. Wenn du etwas brauchst, bin ich da.“ Ich lächelte ihr dankbar zu, bevor ich mich auf den Weg zu meinem Schlafzimmer machte. Ich stellte noch den Wecker an und legte mich dann hin. Meine Gedanken wirbelten noch immer wild durcheinander, doch die Erschöpfung des Tages begann sich langsam bemerkbar zu machen und wiegte mich in einen tiefen Schlaf. Kurz bevor der erste Lichtstrahl am Himmel zu sehen war, hörte ich das leise Trommeln des Regens an die Fenster und hoffte inständig, dass Rayen sich einen gut geschützten Unterschlupf gesucht hatte.

Am Morgen wachte ich früh auf und beschloss, nach Rayen zu suchen und sicherzustellen, dass sie die Nacht gut überstanden hatte. Leise stand ich auf, um Fiametta nicht zu wecken, zog mir eine Jacke über und schlich aus dem Apartment. Der Regen hatte aufgehört, aber die Luft war noch kühl und feucht. Ich lief den Weg entlang, den Rayen am Abend gegangen war, und fand sie schließlich verwandelt in einen Baum vor, auf dem sie friedlich schlief. Ich ging langsam näher an Rayen heran, um sie nicht zu erschrecken. Sie öffnete langsam die Augen und schaute mich verschlafen an. „Guten Morgen, Yoru“, murmelte sie leise. „Guten Morgen, Rayen“, erwiderte ich leise und lächelte ihr zu. Sie sah müde aus, aber entspannt. „Hast du gut geschlafen?“, fragte ich besorgt. Rayen streckte sich. „Ja, es war okay. Die Bäume hier bieten guten Schutz vor Wind und Regen.“ Ich nickte erleichtert. „Das ist schön zu hören.“ Rayen lächelte sanft, was bei einem Werpanther etwas ungewöhnlich aussah. „Danke, dass du dich um mich gesorgt hast, Yoru.“

Langsam begannen die Vögel zu zwitschern und die Sonne kämpfte sich durch die Wolken. „Willst du vielleicht mit hereinkommen und später etwas frühstücken?“, schlug ich schließlich vor. „In der Mensa gibt es viele leckere Sachen.“ „Dankeschön, aber ich werde bald zurück in den Wald gehen“, antwortete sie ruhig, während ihre Augen leicht im Morgenlicht glänzten. Fragend sah ich sie an. „Wie meinst du das? Und warum?“ Rayen richtete sich langsam auf, während sie mich ansah. „Es tut mir leid, dass ich es nicht klar und deutlich gesagt habe. Aber ich bin nicht hier, um für lange Zeit zu bleiben. Ich werde weiterziehen, so wie ich es schon immer tue.“ Ich runzelte die Stirn. „Aber warum? Wir könnten dich hier gebrauchen, Rayen. Wenn wir wieder angegriffen werden, du bist ein Teil unserer Gemeinschaft.“ Rayen machte ein Geräusch, das sich einem Seufzen ähnlich anhörte. „Es ist schwer zu erklären. Ich bin einfach eine Wanderin, ein Freigeist. Ich kann nie lange an einem Ort bleiben. Es ist einfach … meine Natur.“ Ihre Stimme klang entschlossen, aber irgendwie klang auch ein Gefühl der Traurigkeit mit. „Aber wir könnten dir helfen. Du musst nicht alleine sein.“ Rayen lächelte wieder. „Danke, Yoru. Aber ich bin es gewohnt, alleine zu sein. Ich habe meine Gründe.“ Ich nickte langsam, akzeptierend, obwohl ich innerlich noch immer hoffte, dass Rayen sich um entscheidet. „Wenn das dein Wunsch ist, werde ich dich nicht aufhalten. Aber solltest du dich jemals anders entscheiden, einsam fühlen oder Hilfe brauchen, bist du immer willkommen.“ Rayen nickte ebenfalls und stand auf. „Danke für dein Verständnis, Yoru.“ Sie wandte sich zum Gehen und ich begleitete sie ein Stück.

Als wir den Wald erreichten, blieb ich stehen und sah ihr nach, wie sie sich leise und geschmeidig zwischen den Bäumen bewegte. Ein Hauch von Wehmut lag in der Luft, als ich zurück zum Internat ging. Es war klar, dass Rayen eine schwere Last mit sich herumtrug, aber welche und warum, das war nicht klar. Dennoch bewunderte ich ihre Stärke und Gelassenheit. Es war ein ruhiger Morgen, als ich langsam zum Internat zurückkehrte, meine Gedanken immer noch bei Rayen.

Im Apartment angekommen, fand ich Fiametta bereits im Wohnzimmer vor, beschäftigt damit, ihre Tasche vorzubereiten. Sie sah mich besorgt an. „Wo warst du so früh am Morgen, Yoru? Ist alles in Ordnung?“ Ich setzte mich auf das Sofa und erzählte ihr von Rayen. Fiametta hörte aufmerksam zu, ihre Stirn in besorgte Falten gelegt. „Arme Rayen“, murmelte sie schließlich. „Es scheint, als ob sie ihre Gründe hat, so zu handeln.“ Ich nickte nachdenklich. „Ja, das denke ich auch. Es ist nur … schwer zu verstehen, warum sie immer alleine sein möchte.“ Fiametta nickte. „Komm, lass uns in die Mensa frühstücken gehen.“

Wir machten uns auf den Weg zur Mensa, während die Sonne sich langsam durch die Wolken kämpfte und der Tag heller wurde. Das Internat erwachte immer mehr zum Leben, Schüler und Lehrer bewegten sich träge über das Gelände, einige grüßten uns im Vor

beigehen. In der Mensa war es ausnahmsweise noch ruhig, und wir fanden schnell einen Tisch in der Ecke. Das Frühstücksangebot war üppig, und bald hatten wir unsere Tabletts mit frischen Brötchen, Obst, Eiern und ein Glas Bananensaft gefüllt. Wir aßen schweigend, beide in Gedanken versunken.

Nach dem Frühstück brachten wir unser Geschirr weg, nahmen unsere Taschen und gingen in Richtung Klassenraum. Der Unterricht zog sich an diesem Tag wie Kaugummi in die Länge. Endlich ertönte die Pausenklingel und wir machten uns auf den Weg zurück zu unserem Apartment. Wir hatten einige Aufgaben zum Nachholen bekommen und beschlossen, den Nachmittag damit zu verbringen, sie abzuarbeiten. Fiametta und ich setzten uns im Wohnzimmer auf dem Sofa bequem hin und holten für die Aufgaben unsere Bücher und Laptops hervor.

Nach einiger Zeit klopfte es dann an die Tür. „Ich gehe schon“, sagte Fiametta und stand auf, um die Tür zu öffnen.

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