Kapitel 57

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Am nächsten Tag mache ich mich am frühen Abend fertig für diese seltsame Einladung zum Essen. Ich habe immer noch nicht verstanden, was das von Sumi soll und was dieses Abendessen bringt, aber zu meiner eigenen Überraschung habe ich zugesagt. Ich bin dem bescheuerten Popstar immer noch mit Haut und Haar verfallen, da kann ich sagen, was ich will. So schnell wird sich das wohl auch nicht ändern. Ich ärgere mich über mich selbst und könnte mir echt in den Arsch beißen, aber absagen wollte ich dann auch irgendwie nicht. Bei unserem Gespräch hatte ich das Gefühl, dass er jedes Wort ernst und ehrlich meint und dieses Abendessen ist wahrscheinlich sein mickriger Versuch, mit mir wieder ins Reine zu kommen. Eigentlich unnötig, weil wir ja alles geklärt haben, aber ich habe es dennoch nicht übers Herz gebracht, die bereits getippte Absage dann auch abzuschicken.

Den ganzen Tag schon habe ich noch einmal über unser abschließendes Gespräch nachgedacht und auch wenn ich mir was anderes einzureden versuche, habe ich noch immer das Gefühl, dass es noch nicht alles war. Auch wenn ich Sumis Lage voll und ganz verstehen kann und ich seine Entscheidung respektiere, war und bin ich dennoch sehr enttäuscht. Vielleicht kann ich mit der ganzen Sache einfach noch nicht abschließen, komme noch nicht damit klar, dass aus Sumi und mir nie etwas werden wird. Ich hasse mich dafür, dass ich meine Gefühle nicht abstellen kann, wie ich es früher immer getan habe und hoffe einfach, nach diesem Abend endlich einen Haken hinter die Sache setzen zu können. Irgendwann muss dieser Spuk ja ein Ende haben. Auch bin ich gespannt, was er mir noch groß zu sagen hat. Eigentlich wurde doch bereits alles im Aufenthaltsraum erklärt, oder nicht? Das alles kommt mir reichlich seltsam vor und ich nehme mir vor, der Einladung heute Abend skeptisch gegenüber zu stehen.

Ich blicke noch einmal in den Spiegel und sehe meine bescheuerte Augenklappe, die ich seit heute wieder tragen muss. Sie erinnert mich wieder an jenen Morgen, als man Sumi und mich zusammenschlug. Nachdem ich den Popstar verlassen hatte, hatte mich Mr Namgung doch noch ins Krankenhaus gebracht, unter einigem Protest meinerseits natürlich. Aber der alte Sack hatte zu meinem Glück nicht lockergelassen. Neben mehreren, gebrochenen Rippen hatte ich auch einige innere Blutungen, die aber zum Glück keine weiteren Folgeschäden verursachten. Andernfalls hätte die Sache nicht gut für mich ausgehen können. Am Schlimmsten hatte es mein Auge erwischt. Heute Morgen musste ich deswegen noch einmal zum Augenarzt, weil es wieder anfing zu schmerzen. Es steht noch immer auf der Kippe, ob ich in dem Auge meine Sehkraft verlieren könnte oder nicht. Um es zu schonen, muss ich wieder diese Augenklappe tragen. Sumi wird mich bestimmt auslachen. Die letzten Wochen waren einfach der Horror für mich. Nicht nur der körperliche Heilungsprozess hat mir einiges abverlangt – vor allem Geduld – sondern auch die Tatsache, dass ich nicht als Bodyguard arbeiten kann, haben mich schwer fertig gemacht. Und machen es immer noch. Ich fühle mich so nutzlos, auch wenn ich dem alten Namgung im Büro unter die knochigen Arme greife. Dazu kam auch der seelische Schmerz, den ich bis heute gut verdrängt habe. Das denke ich zumindest. Wenn man Murdoc und die anderen fragt, werden sie wahrscheinlich etwas anderes sagen. Ich weiß, dass sie es die letzten Wochen nicht leicht mit mir hatten und irgendwie muss ich mir etwas für sie einfallen lassen. So als kleines Dankeschön vielleicht. Ich seufze und fahre mir durch die lang gewordenen Haare. Kurz blicke ich auf meine Handyuhr und sehe, dass ich bald los muss.

Vorsichtshalber fahre ich mit dem Taxi und nach dem Aussteigen erwische gerade in diesem Moment einen Nachbarn von Sumi an der Haustür, der mich netterweise noch mit reinlässt. Mehrere Stufen überspringend steige ich die Treppen hinauf und erreiche den Flur, wo Sumis Wohnung liegt. Nun bin ich doch etwas aufgeregt, weil ich nicht weiß, was mich erwartet und mein bescheuertes Herz scheinbar wieder Hoffnungen entwickelt. Ich klingle und warte geduldig, doch auch beim zweiten Schellen an der Tür tut sich nichts. Plötzlich überkommt mich ein ungutes Gefühl. Bin ich zu früh dran? Ich blicke auf meine Handyuhr. Nein, genau richtig. Habe ich mich im Tag geirrt? Sumi hat eindeutig morgen Abend, also heute, gemeint. Ich betätige erneut die Klingel und ich kann sie ganz deutlich im Inneren der Wohnung hören. Ist er vielleicht noch einmal los etwas einkaufen? Als ich schon ungeduldig werde und mein Handy raushole, um ihn anzurufen, höre ich aus dem Inneren der Wohnung ein lautes Scheppern und einen dumpfen Aufschlag. Heilige Scheiße, was war das?

„Sumi?" rufe ich laut, klopfe und lausche, aber bekomme keine Antwort. Irgendetwas stimmt hier nicht!
Dann wieder ein lautes Rumpeln und Glas, das zu Bruch geht.
Ohne groß zu zögern trete ich zurück, nehme ordentlich Schwung und laufe mit der Schulter voran gegen die Tür. Da sie eh schon in Mitleidenschaft gezogen ist, ist es nun ein Leichtes für mich, sie aufzubrechen und so in die Wohnung einzudringen.
„Sumi?!"
In der Wohnung herrscht ein heilloses Chaos. Die Stühle der Küchentheke sind umgestürzt, auf dem Herd verbrennt das Essen, Bücher und andere Habseligkeiten aus dem großen Fernsehregal liegen auf dem Boden, die Couch ist unordentlich, ein Kissen ist aufgeplatzt und der hübsche Couchtisch ist zu Bruch gegangen. Und genau daneben in dessen Scherben sehe ich Sumi liegen, über ihm eine schwarz gekleidete Person mit Kapuze und Cappy, die ihn mit ihren behandschuhten Händen auf den Boden presst und mit einem großen Klappmesser bedroht. Die Spitze der Klinge drückt sich bereits gefährlich in die Haut des Popstars, dem jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen ist. Zu seinem Glück wird die schwarze Gestalt durch mein polterndes Eindringen abgelenkt und sie lässt augenblicklich von Sumi ab. Binnen eines Wimpernschlags rappelt sich der Stalker auf und prescht zur offenstehenden Balkontür. Instinktiv hechte ich nach vorne, hole die Gestalt noch rechtzeitig ein und reiße sie mit einem gekonnten Tackle von den Füßen. Mit einem Ächzen geht sie zu Boden und fängt sofort an, sich aggressiv zu wehren. Zu meinem Glück hat der Stalker bei seinem Sturz das Messer fallen lassen, nach dem er jetzt zu angeln versucht, während ich versuche, nicht ins Gesicht getreten zu werden und ihn gleichzeitig nicht loszulassen und wieder auf die Beine zu kommen.
„Sumi! Ruf die Polizei!" schreie ich, während ich nun mit der einen Hand den Stalker am Boden festzuhalten versuche und mit meinem langen Arm nach dem Messer zu meiner Rechten fische. Der Stalker ist in der Tat nicht sehr groß, wehrt sich aber wie ein kratzbürstiger Waschbär.

Mehrere Augenblicke ringen wir miteinander und ich werde mehrmals im Gesicht getroffen und meine Rippen schmerzen wieder, doch das hält mich nicht davon ab, endlich die Oberhand zu gewinnen, den Eindringlich fest auf den Boden zu pressen, das Messer zu schnappen und es ihm drohend an den Hals zu halten, damit er endlich aufhört zu zappeln. Meine Geste zeigt Wirkung und als der Stalker das kalte Metall auf der Haut spürt, erstarrt er in seiner Bewegung. Erst jetzt sehe ich, dass er zu der Kapuze und der Cappy noch eine Skimaske trägt, die sein Gesicht vollständig bedeckt. Lediglich die Augen sind zu sehen, die mich nun weit aufgerissen anstarren. Mein seltsames Gefühl in der Magengegend verstärkt sich, als ich das Augenpaar sehe. Was zum Teufel geht hier ab?
Ich richte mich auf, ohne den Stalker aus den Augen zu lassen, setze mich auf ihn und knie mich auf seine Arme, sodass ich beide Hände frei habe und er sich nicht mehr bewegen kann. Das Messer drücke ich ihm immer noch an den Hals, damit er auf keine dummen Gedanken kommt.
„Noch ein Mucks, und ich mache davon Gebrauch," drohe ich knurrend und meine es todernst. In diesem Moment würde ich alles tun, um Sumi zu beschützen. Im Hintergrund höre ich, dass er zum Glück meinem Ruf gefolgt ist und die Polizei anruft. Dann muss ich den Eindringling nur so lange festhalten, bis die Einsatzkräfte eintreffen. Beherzt greife ich nach der Skimaske und reiße sie dem Stalker vom Kopf. Als ich das Gesicht darunter erkenne, erstarre ich.

„Na, sieh mal einer an. Das ist ja eine Überraschung," knurre ich sarkastisch und klappe das Messer zu.
„Was guckst du denn so blöd, Arschloch!" faucht Saejin unter mir.
„Ach, irgendwie bin ich gerade alles andere als überrascht," meine ich lapidar und richte mich etwas auf, ohne Sumis Managerin aus den Augen zu lassen.
„Fick dich!" spuckt sie wütend aus und zappelt, aber ohne Erfolg.
„Jetzt weiß ich, wieso ich von Anfang an ein schlechtes Gefühl bei dir hatte."
„Du kannst mich mal! Lass mich los!!"
„Kannste knicken!" murre ich nur und wäre die Situation nicht so ernst, hätte ich ihr hilfloses Gezappel amüsant gefunden und hätte gar Schadenfreude empfunden. Ich konnte sie von Anfang an nicht leiden und es tut gut, sie jetzt in dieser Situation zu sehen.
„Yeon? Alles gut?" höre ich Sumi plötzlich hinter mir unsicher fragen. „Die Polizei ist auf dem Weg."
„Klar. Das solltest du dir aber mal ansehen."
Ich höre Sumi näher kommen und kurz darauf erscheint er in meinem Augenwinkel. Ich sehe ihn zwar nicht an, weil ich Saejin weiterhin im Auge behalte, aber ich kann mir denken, was er jetzt für ein Gesicht machen muss.
„Du?" stößt der Popstar dann ungläubig aus.
„Ja! Ich!" faucht seine Managerin, immer noch wütend, als hätte sie ein Recht darauf.
„Aber ...wieso?" stammelt Sumi fassungslos und ich kann regelrecht hören, wie in ihm erneut alles zusammenbricht.

Erst jetzt wird mir bewusst, wie sich Sumi bei der ganzen Sache fühlen muss. Er hatte Saejin vertraut und sie für einen guten, aufrichtigen Menschen gehalten. Wahrscheinlich hat er ihr sogar private Dinge anvertraut, die sonst niemand wissen darf und hat sie an seinem Leben teilhaben lassen. Sie war bei ihm zuhause und die beiden haben sehr viel Zeit miteinander verbracht. Sie hatten sich wirklich sehr gut verstanden und unter anderen Umständen hätte daraus eine gute Freundschaft werden können. Diese Erkenntnis, dass Saejin all die Zeit über seine Stalkerin war, muss sehr erschütternd für ihn sein, wenn nicht sogar enttäuschend und verletzend. Er hat aber auch wirklich kein Glück mit den Frauen. Ich blicke kurz über die Schulter zu ihm hoch und sein Gesichtsausdruck verrät mir, dass ich Recht habe. Er ist kreidebleich und seine Hände zittern.

„Du fragst ernsthaft, wieso? Liegt das nicht auf der Hand, Sumi?" Saejin blickt den Popstar neben mir mit großen, glänzenden Augen an und mir wird klar, worauf dieses Gespräch hinausläuft.
„Nein, nicht wirklich!" mault Sumi neben mir. Er klingt plötzlich wütend und abwehrend und verschränkt die Arme.
„Ich liebe dich, Sumi! Du bist mein Ein und Alles! Ich liebe dich, seit ich damals vor vielen Jahren das erste Musikvideo von dir gesehen habe! Du bist einfach perfekt! Du hast Talent, machst wunderschöne Musik, bist ein begnadeter Schauspieler und ein Model, siehst gut aus, bist intelligent! Du bist dir immer treu geblieben. Wie kann man sich da nicht in dich verlieben!"
„Das, was du hier all die Wochen abgezogen hast, geht über diese angebliche Liebe weit hinaus! Du weißt gar nicht, was du mir damit angetan hast!" knurrt Sumi zornig.
„Aber ich wollte doch nur bei dir sein! Ich war so glücklich, als ich von Marianna erfuhr, dass du eine neue Managerin suchst! Das war meine Chance, dir endlich näher zu kommen! Ich konnte endlich bei dir sein!"
„Du bist doch wahnsinnig!" stößt Sumi entsetzt aus. „Wieso hast du all das getan? Mich beobachtet, vor meiner Tür rumgelungert. Wer weiß, was du noch alles getan hast!"
„Ich wollte dir nahe sein! Ist das so verwerflich? Ich wollte alles über dich erfahren und dich richtig kennen lernen, wie es sonst keiner kann. Niemand hat dich gesehen. Niemand hat gesehen, wer du wirklich bist. Ich aber schon! Ich habe alles über dich herausgefunden. Ich will bei dir sein! Bitte!"
„Das ist doch krank! Du bist krank!"
„Hättest du es zugelassen, hättest du erkannt, dass ich dich liebe und wir hätten zusammen sein können!"
„Nie im Leben! Du bist eine abscheuliche Person! Du hast mir etwas vorgemacht, um mein Vertrauen zu gewinnen! Nichts von dem, was du mir erzählt hast, war wahr! Du warst sogar dabei, mich von anderen abzuschotten. Du wolltest Yeon loswerden!"
„Aber doch nur, damit wir beide alleine sein und zusammen sein können! Versteh doch, Sumi, ich -"
„Nein! Ich muss gar nichts verstehen! Du musst verstehen, was du mir damit angetan hast und antust! Nicht nur, dass die Medien voll davon sind und ich um meine Karriere fürchten muss, du hast mir das Leben auch zur Hölle gemacht! Ich hatte richtig Angst und diese Ungewissheit hat mich Tag und Nacht gequält! Du hast Scheiße über mich erzählt! Dass ich aggressiv bin und unberechenbar! Wolltest du wirklich so weit gehen und mir alles kaputt machen, nur um dich an mir zu rächen, dass ich dich gefeuert habe?!" schreit Sumi nun ungehalten und aus tiefster Seele. Ich weiß, dass ihn das hier gerade sehr verletzt, es ihm aber auch gut tut, diesen ganzen Ballast der letzten Wochen los zu werden.
„Ich ...ich habe überreagiert. Es tut mir leid! Ich wollte das alles nicht! Ich war nur so verletzt und gekränkt! Du hättest mich nicht feuern dürfen," wehrt sich Saejin unter mir und mir kommt Galle hoch bei diesen giftigen Worten. Ihm jetzt auch noch die Schuld in die Schuhe schieben? Die Alte hat doch einen Knall!

„Der Drohbrief war bestimmt auch von dir, oder?" fragt Sumi dann nach einem Augenblick wieder etwas ruhiger, auch wenn in seiner Stimme immer noch der blanke Zorn liegt. Was? Ein Drohbrief?!
„Ich ...na ja ...ja! Ich dachte, du würdest Mrs Park oder Mr Seomun verdächtigen. Aber ich habe es doch nicht ernst gemeint! Ich könnte dir nie etwas zu leide tun!"
„Und deswegen brichst du bei ihm ein und bedrohst ihn mit einem Messer?" mische ich mich ungehalten ein. Langsam habe ich genug gehört von dieser kranken Frau.
„Ich wollte mit ihm reden! Ihn davon überzeugen, dass ich gut bin und ihm sagen, dass ich ihn liebe!"
„Eine sehr komische Art, das zu machen," meine ich knurrend und funkle sie wütend an.
„Er wollte nicht zuhören!"
„Du bist in meine Wohnung eingebrochen! Durch das Fenster! Du hast mich zu Tode erschreckt mit deinem Anzug und ich wusste nicht, wer du bist! Und dann erwartest du, dass ich deinem wahnsinnigen Gelaber auch noch zuhöre?!" bellt Sumi.
„Bitte, Sumi! Bitte verzeih mir! Ich habe es nicht so gemeint! Ich habe nicht nachgedacht! Bitte! Ich liebe dich doch!!"

Es klingelt an der Tür und Sumi und ich zucken zusammen, dann blicken wir uns kurz an und ich nicke ihm zu, dass es in Ordnung geht, mich mit Saejin allein zu lassen. Kurz darauf betritt die Polizei die Wohnung und nimmt sich der Sache an. Während die einen Beamten die gestörte Stalkerin in Gewahrsam nehmen und sie bereits einmal kurz befragen, wird von Sumi noch einmal seine Aussage aufgenommen, außerdem erstattet er sofort Anzeige. Auch ich muss eine Aussage tätigen und die Situation ekrlären. Durch Saejins Aussage bestätigt sich, was sie uns vorhin bereits erzählte. Sie ist schon sehr lange Sumis Stalkerin und als sie seine Managerin wurde, hat sie ihre Chance gesehen. Sie brach auch mehrmals in seine Wohnung ein, als er nicht da war, indem sie seinen Schlüsselcode herausfand, als er mal unvorsichtig war und sie neben ihm stand. Nachdem er ihn geändert hatte, konnte sie nicht mehr eindringen. Durch die Nähe zu ihm wurde sie unvorsichtig und übermütig, was ihr schließlich zum Verhängnis wurde. Die Polizei erklärt Sumi noch, dass sie Saejin erst einmal mitnehmen und den Fall bearbeiten werden. Durch seine Anzeige wird er noch einige Male zur Polizei kommen und eine offizielle Aussage tätigen müssen und sie empfehlen, einen Anwalt mit einzuschalten. Außerdem wird er sich darauf einstellen müssen, noch einmal vor Gericht aussagen zu müssen. Bei dieser Tatsache sehe ich, dass Sumi schwer schlucken muss. Auch wenn jetzt noch einmal viel Stress und Ärger auf ihn zukommen wird, auch wegen der beschissenen Medien, ist der Schrecken des Stalkers nun endlich vorbei. Bis die erste Befragung und alles weitere geklärt ist und die Polizei mit Saejin die Wohnung verlassen, ist es weit nach Mitternacht. Inzwischen sind wir richtig erschöpft und räumen schnell das hinterlassene Chaos vom Kampf weg.

„Ich finde es gut, dass du Anzeige erstattet hast, statt es wieder unter den Teppich zu kehren. Sie soll mit dem Scheiß nicht ungeschoren davonkommen!" sage ich irgendwann, als ich die letzten Scherben vom Boden aufkehre und in den Müll schmeiße. Sumi sitzt müde auf der Couch. Er wirkt immer noch leichenblass und geschockt. Mehr als verständlich.
„Ich werde echt vom Pech verfolgt," höre ich den Popstar matt sagen.
„Wie geht es dir gerade?" frage ich ruhig, während ich mit einer Flasche Wasser zu ihm komme und mich neben ihn setze und sie ihm reiche. „Ich frage, weil ...du siehst echt fertig aus."
„Mir geht's gut! Ich bin froh, dass der Schrecken ein Ende gefunden hat," sagt der Blonde sofort.
„Dann ist Sora als dein neuer Bodyguard wohl jetzt überflüssig," meine ich und grinse aufmunternd.
Sumi schmunzelt nur, sagt aber nichts mehr dazu und wir schweigen einen Moment. Der kaputte Couchtisch vor uns sieht nun ohne seine Glasplatte mehr als fehl am Platz aus. Plötzlich kommt mir wieder in den Sinn, warum ich eigentlich hier bin und frage mich, was der Abend noch bringen wird und soll. Vielleicht ist es besser, hier jetzt einen Cut zu machen und heim zu fahren.

„Das alles heute Abend tut mir furchtbar leid!" meldet sich Sumi wieder zu Wort.
Ich blicke ihn an und sehe, dass er betrübt in seinen Schoß schaut, wo er seine Hände nervös knetet. Ich seufze schwer.
„Dafür kannst du doch nichts."
„Ich hatte eigentlich einen schönen Abend geplant ...wir wollten doch noch einmal ausführlich reden."
„Sumi, es ist nicht deine Schuld! Ich bin sogar froh, dass ich zeitig kam. Kaum auszumalen, was sonst passiert wäre. Die verrückte Schnalle hätte dir wahrscheinlich sonst was angetan!"
„Hm, das stimmt wohl."
„Na also. Mach dir wegen des Abends keinen Kopf," murre ich und fahre mir müde durch die Haare. Ich berühre kurz meine Nase und habe noch etwas getrocknetes Blut am Finger kleben. Die blöde Kuh hat mich ordentlich mit dem Fuß erwischt. Das gibt morgen dicke Kopfschmerzen.
„Was hat es mit dieser Augenklappe eigentlich auf sich?"
„Hm? Ach, nichts. Mach dir keinen Kopf," antworte ich schnell und blicke weg, weil ich merke, dass mich Sumi besorgt mustert.
„Ich kann auch heim fahren, wenn du möchtest. Ich könnte verstehen, wenn dir das heute Abend zu viel ist," schlage ich dann vor und hoffe innerlich etwas, dass er mir zustimmen wird. Eigentlich bin ich viel zu müde und durch die Aktion ist mir jeglicher Hunger vergangen. „Wir können das auch nachholen."
„Nein!" sagt Sumi sofort und blickt mich eisern an. „Wir machen das jetzt noch."
Okay, er nimmt das mit der Wiedergutmachung wirklich sehr ernst.
„Du ...bist doch schon hier, dann können wir auch noch was essen und einen Film gucken oder so. Ich bestell uns schnell was," meint der Popstar dann, steht auf und geht an die Küchenzeile, um sein Handy zu holen. Irgendwie ist er etwas komisch, aber ich schiebe es auf das, was heute passiert ist.

Ich seufze in mich hinein. Eigentlich will ich wirklich heim in mein Bett. Auf der Arbeit hatte ich viel Stress und dann noch das? Aber andererseits will ich Sumi sein Vorhaben nicht kaputt machen. Aus irgendeinem Grund scheint ihm das wirklich wichtig zu sein, dass wir den Abend heute zusammen verbringen. Er wird sich nach danach sicher etwas besser fühlen. Als ich ihn in der Küche stehen und telefonieren sehe, durchfährt mich ein seltsames Gefühl. Ich kann es nicht greifen, doch es verspricht nichts gutes. Habe ich wieder eine meiner komischen Vorahnungen? Wird noch etwas passieren? Vielleicht geraten Sumi und ich doch noch einmal aneinander und streiten? Aber weswegen? Es ist doch alles geklärt zwischen uns. Oder hat er mir vielleicht noch etwas zu sagen? Ich weiß wirklich nicht, was dieses komische Gefühl in meiner Magengegend zu bedeuten hat, also versuche ich, es zu ignorieren. Vielleicht sollte ich aber wirklich heim fahren. Doch statt aufzustehen und mich zu verabschieden, bleibe ich sitzen. Was tue ich hier eigentlich noch?


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