Kapitel 36

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Frohe Weihnachten ihr lieben Bienchen!
Heute gibt es wieder ein etwas kürzeres Kapitel, dafür geht es ab morgen wieder regulär mit den Uploads weiter (Mittwoch und Samstag) :-)
Ganz viel Spaß beim Lesen und habt noch eine gute Zeit! <3
Eure Bee <3

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Ich bin so in das Streichen der Decke vertieft, dass ich gar nicht bemerke, wie Sumi an mich herangetreten kommt. Erst, als ich einen blonden Haarschopf aus dem Augenwinkel sehe, halte ich inne und blicke zu ihm hinab.
„Können wir reden?" fragt er mich und blickt mich mit seinen großen Augen an, bei denen ich fast schwach werde. Ich lasse den Stab mit der Farbrolle sinken und blicke mich um, dann blicke ich zu Drax, der neben uns die Steckdose repariert. Ich sehe, dass er mir einen fragenden Blick zuwirft. Ihm entgeht nichts!
„Jetzt?" frage ich.
„Ja, jetzt!" antwortet Sumi entschlossen und sein Tonfall lässt eigentlich keine Diskussion zu. Ich gebe meinem älteren, ehemaligen Kollegen einen Blick und er versteht sofort, dass er uns kurz alleine lassen soll.
„Ich geh mal eine rauchen," grummelt er und verschwindet.

Als wir alleine im Flur sind, stelle ich die Farbrolle zur Seite und stemme die Hände abwartend in die Seiten, dann blicke ich mit einer inneren Neugier auf Sumi hinab. Er wirkt etwas nervös und knetet seine Hände. Ich frage mich, wieso. Wir hatten schon einige gute Gespräche und sind uns bereits nahegekommen, eigentlich sollte ihm nichts mehr vor mir unangenehm sein. Doch gerade rechne ich irgendwie mit allem. Dass er mich feuert, keinen Bock mehr auf mich hat oder vielleicht doch auf mich steht. Ich kann ihn ganz schlecht einschätzen und das macht mich nervös.
„Können wir bitte wieder normal miteinander reden? Dieses dumme Anschweigen macht mich echt fertig," meint der blonde Star dann nach einigem Zögern, „e-es tut mir leid, dass ich letztens so überstürzt abgehauen bin und dass ich dich da so habe sitzen lassen."
Ich kann mir ein kurzes, aber lautes, zynisches Lachen nicht verkneifen und drehe mich von ihm weg. Die innere Wut, die ich die letzten Tage in mir trug und die ich eigentlich erfolgreich verdrängt hatte, brodelt wieder in mir auf und am liebsten würde ich Sumi jede Menge Dinge an den Kopf werfen, um meinem Frust Luft zu machen. Doch ich weiß, dass es ihm gegenüber nicht fair wäre und so ein Mensch bin ich eigentlich nicht.
„Was ist daran so lustig?"
„Eigentlich nichts!" sage ich todernst und blicke ihn finster an. „Es ist sogar ziemlich traurig, dass du das eigentliche Problem nicht erkennst."
„Dann erklär es mir!" entgegnet Sumi verzweifelt. „Wir haben doch sonst immer über alles Mögliche geredet!"
Gereizt und fast schon ungeduldig schnaufe ich und fasse mir an den Nasenrücken. Wie kann ein einzelner Mensch nur so bescheuert sein?
„Und genau das ist das Problem, Sumi! Es wird über allen möglichen Scheiß gesprochen, nur nicht über das, was wirklich wichtig ist! Es ist okay, dass du nicht weißt, was du willst. Nach unserem Kuss habe ich dir gesagt, dass ich dir Zeit gebe, um über alles nachzudenken und ich dachte, das hättest du verstanden. Du kannst nicht von mir erwarten, dass alles cool ist, wenn du nach diesem Gespräch nachts zu mir gekrochen kommst und mich regelrecht überfällst, nur um dann fluchtartig wieder zu verschwinden. Du kannst nicht erwarten, dass ich das verstehe! Denn das tue ich nicht! Weil du nicht mit mir redest! Woher soll ich wissen und verstehen, wie es dir geht, wenn du es mir nicht sagst? Ich habe mich wieder wie das allerletzte Arschloch gefühlt und habe gedacht, dass ich alles falsch gemacht habe!"
Sumi wird knallrot und beißt sich auf die Lippen, während er beschämt und schuldbewusst zur Seite blickt.
„Das Schlimme daran ist einfach, dass du offenbar Angst davor hast, dich mir anzuvertrauen! Dass du Angst hast, ich könnte dich verurteilen oder weniger mögen, wenn du mir von deinen Gefühlen und Problemen erzählst. Das ist das, was mich am meisten verletzt."
„Wieso ich nicht mit dir gesprochen habe?!" fragt Sumi mich plötzlich aufgebracht. „Es war mir peinlich, dass ich einfach abgehauen bin! Es war mir peinlich, dass es mir gefallen hat! Es war mir peinlich, so viele, heftige Gefühle auf einmal zu fühlen, während ein geiler Sexgott über mich herfällt! Das war einfach zu viel für mich! Ich habe noch nie jemanden wie dich kennen gelernt! Ich stehe völlig in deinem Bann, du lässt mich über meine eigene Sexualität nachdenken, ohne dass ich es will und so viel auf einmal kann ich aktuell nicht händeln. Ich kann dich nicht händeln! Ich weiß nicht wie!"
Sumi atmet schwer und starrt aufgebracht zu mir hoch, als er sich endlich ausgekotzt hat.
„Ich bin dir also zu viel?" raune ich grimmig. Sumi schüttelt den Kopf und wird wieder rot.
„Vielleicht ein bisschen. Aber doch nur, weil ich bisher immer dachte, hetero zu sein und ich weiß meine ganzen Gefühle zu der Sache und zu dir nicht einzuordnen. Ich gebe mein Bestes, ehrlich, aber ich schaffe es nicht immer, mit allem klarzukommen. Ich muss erst lernen, mit so viel Dominanz und Sexyness umzugehen und mit der Tatsache, dass ...ich auf dich stehe!"
Mein Herz macht einen heftigen Satz und mit einem Mal verfliegt meine Wut und mein Groll, als hätten sie nie existiert. Für einen ellenlangen Moment starre ich Sumi ungläubig an.
„Ist das wahr?" frage ich langsam.
„Ja! Offensichtlich!" sagt der kleine Popstar aufgebracht. „Du machst mich verrückt, ich will jede freie Minute bei dir sein, mein Herz schreit nach dir, wenn du nicht da bist und ich kann nicht aufhören, an dich zu denken. Das alles macht mir unglaubliche Angst, aber ...ich glaube, du bist es wert."

„Warum?"
„Warum was?"
„Warum bist du diese eine Nacht zu mir gekommen?" frage ich ihn ernst und fast murmelnd.
Sumis Augen huschen nervös über mein Gesicht, seine Wangen werden rot und er beißt sich auf die Unterlippe. Eine Geste, die verdammt sexy ist. Offenbar kommt ihm die Erinnerung wieder in den Sinn und die Vorstellung, dass es ihn erregen könnte, ist ziemlich scharf. Er sucht scheinbar nach den richtigen Worten oder versucht, seine Gedanken zu ordnen. Vielleicht weiß er es selbst nicht einmal.
„Ich warte..." So einfach werde ich es ihm nicht machen.
„Ich ..." beginnt Sumi, doch er bringt kein weiteres Wort mehr über die Lippen. Es fällt ihm wirklich schwer, also will ich mal nicht so sein. Ich belasse es erst einmal dabei. Dennoch muss ich noch eine andere Sache wissen. Ich komme ein kleines Stück auf ihn zu und Sumis Augen weiten sich.

„Wieso stehst du auf mich?"
Er schluckt schwer und seine Augen gehen zu Boden. Ist er verlegen oder ist es ihm peinlich? Ich kann es wirklich nicht sagen. Ich gehe noch einen Schritt auf Sumi zu, um ihm näher zu kommen. Plötzlich zieht mich jede einzelne Faser meines Körpers wieder zu ihm hin. Der ganze Ärger der letzten Tage ist komplett vergessen. Ich kann ihm einfach nicht lange böse sein.
„Ich will es wissen, so wie du es auch wissen wolltest."
„Weil ...du einfach unglaublich bist. Du ...bringst so viel Verständnis und Geduld für mich und meine Situation auf, wie es niemand tut und eigentlich habe ich es nicht verdient. So, wie ich manchmal mit dir umgehe. Du bist so verständnisvoll, emphatisch, gefestigt, sehr ehrlich und direkt und ich kann mich auf dich verlassen, ich vertraue dir mein Leben an. Du bist hilfsbereit und auch wenn du immer grummelig und ein richtiger Stinkstiefel bist, hast du doch ein sehr großes Herz. Du sorgst dich um mich und willst mich beschützen, ich ...fühle mich bei dir wohl und geborgen. Du willst, dass es mir gut geht. Das hatte ich auch noch nie. Und ..."
Er wird wieder rot und sein Blick geht auf seine Hände.
„Und du bist heiß. Ich ...wusste vorher nicht, dass ich einen anderen Mann so sexy finden kann wie dich. Du siehst gut aus, hast einen tollen Körper und ich liebe deine Tattoos. Du kannst gut kochen und weißt, wie man den Haushalt schmeißt, zudem weißt du ganz genau, was du willst. Du bist einfach in deinem ganzen Sein geerdet und das macht dich verdammt attraktiv."
Verflucht, das war nicht übel!

„Das war wahrscheinlich das Heißeste, was man mir jemals gesagt hat," murmle ich rau und grinse, meine Augen fest auf seine gerichtet. Er stellt sich auf die Zehenspitzen, um mich zu küssen, doch statt ihm entgegenzukommen, drücke ich ihm meine flache Hand aufs Gesicht. Sumi erstarrt in seiner Bewegung wie eine Katze, der man etwas auf den Kopf gesetzt hat.
„Das musst du dir erst wieder verdienen," sage ich und nehme meine Hand weg. Sein ganzes Gesicht ist mit Farbe beschmiert und verdutzt blinzelt mich Sumi an. Als ihm klar wird, was ich getan habe, grinst er verlegen und ich kann unter der Farbe sehen, dass seine Wangen rosa anlaufen.
„Das habe ich wohl nicht anders verdient."
Ich beuge mich leicht zu ihm vor und flüstere ihm zu:
„Du hast mich auch abblitzen lassen. Wäre doch unfair, wenn nur einer von uns das bekommt, was er will. Zu deinem Glück oder eben Pech kann ich dir eh nicht lange widerstehen."

Als ich mich wieder aufrichte, zwinkere ich ihm schelmisch und bedeutungsschwanger zu. Ich greife wieder nach der Farbrolle, als Sammy in den Flur kommt und somit unser ungestörter Moment vorbei ist. Ich sehe noch, dass Sumi von meinem Spruch knallrot wird, als er auf dem Absatz kehrt macht und sein süßer Arsch wieder im Schlafzimmer verschwindet. Mein bester Freund schaut ihm kurz hinterher, dann blickt er mich mit einem fetten Grinsen auf den Lippen an und wackelt mit den Augenbrauen.
„Du und Sumi. Also doch?"
„Hm," grummle ich nur und fahre fort, die Decke mit weißer Farbe zu streichen, doch ich muss in mich hinein schmunzeln. Sammy grinst wie ein Honigkuchenpferd, denn er scheint die Lage schon längst geschnallt zu haben. Zu meinem Glück nervt er mich vorerst nicht mit weiteren Fragen, sondern belässt es dabei.
Ich bin erleichtert, dass wir den Scheiß endlich ausgesprochen haben und es nicht mehr zwischen uns steht. Dennoch ist nicht alles geklärt und ich weiß noch nicht mit Sicherheit, was das nun für uns bedeutet. Er steht auf mich, das weiß ich nun ganz sicher. Aber es wird wahrscheinlich noch eine ganze Weile dauern, bis sich Sumi mit diesem Gedanken angefreundet hat und er mit seiner neu entdeckten Sexualität klarkommt. Oder besser gesagt, bis er sich damit identifizieren kann. Ich ahne bereits jetzt, dass wir noch nicht über dem Berg sind und noch einiges auf uns zukommen wird.


From Guardian to Lover -  A Korean LovestoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt