SUMI
So vergehen ganze drei Wochen, in denen ich meine Wohnung fertig einrichte und mich kaum noch bei Yeon melde. Zu groß ist inzwischen die Angst geworden, ihm auf die Nerven gehen zu können. Als ich mit mir selbst und meiner Wohnung zufrieden bin, mache ich mich daran, die Einweihungsfeier zu planen, um Yeons Freunde als kleines Dankeschön einzuladen. Dafür habe ich Murdoc kontaktiert und sie zu mir eingeladen, damit sie mir bei den letzten Vorbereitungen helfen kann. Ich habe noch nie eine eigene Party geschmissen und habe echt keine Ahnung, wie so was läuft.
Murdoc und ich kommen vom Einkaufen zurück und stellen die Tüten in meiner Küche auf die große Anrichte. Während ich kurz verschnaufe, geht sie bereits die Einkäufe durch und prüft, ob wir irgendetwas vergessen haben. Mein erster Eindruck von ihr hat sich inzwischen mehr als bestätigt. Ich habe sie wirklich sehr gern und wir sind auf einer Wellenlänge, zudem tut mir ihre Gesellschaft sehr gut und sie lenkt mich von meinen Sorgen und negativen Gedanken ab.
„Wieso hilft dir eigentlich nicht Yeon dabei? Er kennt sich besser mit Partys aus," fragt die hübsche Brünette plötzlich, als wir die Einkäufe fertig ausgepackt haben.
„I-Ich kann ihn doch nicht um alles bitten," stammle ich verlegen und fummel an meinen Haaren herum. Murdoc knallt ihr Handy auf die Kochzeile und blickt mich streng an.
„Doch, das kannst du! Immerhin bezahlst du ihn als Bodyguard!"
„Genau das ist er, mein Bodyguard. Das hier ist kein offizieller Termin oder so, sondern etwas Privates und ich würde mich schlecht fühlen, wenn ich deswegen seinen Dienst wieder in Anspruch nehmen würde. Ich habe ihn in letzter Zeit genug belästigt mit meinem Privatkram." Murdoc seufzt und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Hast du denn inzwischen mal seine anderen 'Dienste' in Anspruch genommen?" fragt sie rund heraus und ich verschlucke mich an meiner eigenen Spucke. Vielsagend wackelt sie mit den Augenbrauen und grinst frech.
„I-Ich w-weiß gar nicht, w-was du meinst!" stottere ich ganz verstört und verlegen und laufe knallrot an. Daraufhin grinst sie nur noch breiter und ihre braunen Augen glitzern verschmitzt.
„Du weißt ganz genau, was ich meine, mein Lieber!"
Kurz vergrabe ich das rote Gesicht in den Händen und seufzte lange und schwer, dann blicke ich wieder auf.
„Mehr als ein bisschen küssen und ...fummeln habe ich mich noch nicht getraut. I-Ich bin zwar neugierig, aber ...ich habe auch Angst."
Murdoc blickt mich zwar verständnisvoll an, schüttelt aber leicht den Kopf, während ihr Blick ernst ist.
„Das ist völliger Quatsch. Wir reden hier über Yeon. Yeon! Er wird dir alles zeigen und beibringen und vor allem wird er nichts machen, was du nicht willst!"
Ich will ihr schon sagen, dass ich mir nicht deswegen Sorgen mache, sondern dass ich vor der Ungewissheit Angst habe, weil ich nicht weiß, was auf mich zukommt und ob es mir überhaupt gefallen wird. Und dass ich Angst habe, mit einem Mann intim zu werden, weil das bedeuten würde, dass ich doch schwul bin und ich nicht weiß, wie ich mit dieser Erkenntnis klarkommen werde. Statt ihr meine Bedenken und Sorgen zu erklären, sage ich nichts. In diesem Moment habe ich nicht das Gefühl, als könnte sie mich verstehen, als könnte mich überhaupt irgendwer verstehen.
YEON
Am nächsten Morgen, ein besonders verregneter Samstag, bin ich wie immer bei meiner Mutter und helfe ihr im Haushalt. Meine Laune ist ins unermessliche gesunken, weil ich seit mehreren Tagen kein Wort mehr von Sumi gehört oder gelesen habe und ich mich unweigerlich fragen muss, warum. Ich versuche, es professionell zu sehen, da er meine Dienste aktuell nicht braucht, ich komme dennoch nicht umhin, ziemlich eingeschnappt zu sein. Irgendwie fühle ich mit einem Mal wie auf ein Abstellgleis gestellt, kaum ist er ausgezogen und hat seine eigene Wohnung. Braucht er mich auf einmal nicht mehr? Macht er es mit Absicht, weil er doch kein Interesse mehr an mir hat? Mich regt dieses Schweigen wieder auf und geht mir gehörig auf den Piss! Er hatte mir doch versprochen, mit mir zu sprechen, wenn etwas sein sollte!
Leise kommt meine Mutter in die Küche geschlurft, die dicke Decke umgewickelt und mit einer tiefen Sorgenfalte auf der Stirn.
„Ich ertrage deine schlechte Laune heute nicht! Ich kann sie bis ins Wohnzimmer spüren! Es ist ja noch schlimmer als sonst!"
Ich schenke ihr einen finsteren, warnenden Blick, doch meine Mutter funkelt mich ebenfalls düster und sehr streng an, dann sehe ich, dass sie unter der Decke eine Hand in die Seite stemmt.
„Diese Blicke kannst du dir sparen!" schnauft sie verärgert. „Entweder du sagst mir jetzt, was los ist, oder du gehst mir mit deiner schlechten Laune heute aus den Augen!"
Wütend pfeffere ich das Handtuch, das ich gerade zum Abtrocknen des Geschirrs benutzt hatte, in die Spüle und lasse meinem Frust, der sich die letzten Tage angestaut hat, freien Lauf.
„Ich habe einfach keinen Bock, verarscht zu werden, Eomma! Ist das zu viel verlangt?!"
„Geht es immer noch um den kleinen Popstar?" fragt sie nun nicht mehr ganz so streng, sondern eher hellhörig und neugierig.
„Ich habe ihm gerade erst geholfen, von zuhause auszuziehen und eine eigene Wohnung zu finden. Wir sind uns sogar näher gekommen, aber kaum ist er dort eingezogen, bin ich Geschichte für ihn! Ich komme mir wie der letzte Vollidiot vor!"
Meine Mutter schüttelt den Kopf.
„Ich weiß, dass du klüger bist als diese dummen Gedanken in deinem Kopf! Was hältst du denn mal von einem offenen Gespräch?" Ich verschränke die Arme vor der Brust und schnaufe zynisch.
„Ich will nicht immer derjenige sein, der nachgibt und das Gespräch sucht. Außerdem habe ich ihm gesagt, dass ich ihm Zeit lasse."
Meine Mutter lächelt, kommt auf mich zu und streichelt verständnisvoll meine Wange. Ihr Ärger über mein übellauniges Verhalten ist komplett verfolgen.
„Das ist sehr nobel von dir, mein Schatz, aber wenn es dir damit gar nicht gut geht, solltest du das ansprechen. Du hast nichts davon, wenn du es die ganze Zeit nur mit dir rumschleppst und am Ende kommt nichts dabei herum."
„Mhm," brumme ich grimmig und seufze. „Gut möglich."
Meine Mutter lächelt zufrieden und klopft mir mütterlich auf Brust.
„Ich muss mich wieder hinlegen. Würdest du mir gleich einen Tee machen?" fragt sie, während sie die Küche in gebückter Haltung wieder verlässt.
„Natürlich," antworte ich und blicke ihr besorgt hinterher.
Plötzlich vibriert mein Handy kurz und ich hole es aus meiner Hosentasche. Auf dem Display leuchtet eine Nachricht von Sumi. Ich öffne den Chat und lese von einer Einladung zu einer kleinen Party in seiner Wohnung heute Abend. Ich schnaufe verärgert, sperre mein Handy und stecke es wieder weg. Das soll wohl ein schlechter Scherz sein?
SUMI
Am Abend ist die kleine Party bereits im vollen Gange. Alle, die bei der Renovierung der Wohnung geholfen haben, sind gekommen und Murdoc, Sammy, Minho und Sora haben auf Anfrage noch ein paar andere Freunde mitgebracht, die die Party noch etwas vollständig machen. Im Nachhinein sind es doch mehr geworden als gedacht und nun ist die ganze Wohnung voll mit Gästen. Ich hoffe nur, dass sich alle benehmen und es keine Beschwerden von den Nachbarn gibt. Auch wenn Murdoc noch mal los musste, um mehr Alkohol zu besorgen und ich mir Sorgen mache, ob auch alle Spaß haben, genieße ich diesen Abend sehr. Bisher ist er sehr gelungen und ich bekomme viel gutes Feedback für meine tolle Wohnung, was mich wirklich sehr freut.
In der Küche treffen Murdoc und ich aufeinander und sie strahlt mich mit einem breiten Grinsen und roten Wangen an. Offensichtlich hat sie schon einiges getrunken und ist bester Laune.
„Wo ist denn Yeon?" fragt sich mich flüsternd, denn auch wenn die Bude voll ist, halten wir es mit der Musik etwas leiser und die Stimmung ist zwar gut, aber sehr entspannt. „Hast du ihn nicht eingeladen?"
„Doch, ich habe ihm heute Morgen geschrieben, aber er hat mir nicht geantwortet. Er hat sicher anderweitig zu tun."
Murdoc gibt ein ungläubiges Grunzen von sich und straft mich mit einem bösen Blick.
„Schwachsinn! Was soll er schon an einem Samstagabend groß vorhaben? Sein einziger Klient, Schrägstrich Chef ist hier und all seine Freunde auch! Er ist bestimmt seiner Mutter wieder helfen."
„Ich ...ich hab ihn nicht nerven wollen. Wenn er hätte kommen wollen, wäre er schon da, oder nicht?" sage ich unsicher und friemel am Saum meines Hemds herum. Murdoc stöhnt und fasst sich an den Kopf, dann stellt sie ihr Getränk ab.
„So wird das doch nie was! Schreib ihm nochmal, dass er kommen soll!"
Ich hadere noch mit mir, weil ich nicht weiß, ob das eine so gute Idee ist. Er hat sicher wichtigeres zu tun, als zu irgendeiner dummen, kleinen Party zu kommen. Meine Freundin rollt ungeduldig mit den Augen und greift kurzerhand in meine Hosentasche, um mein Handy herauszunehmen, dann drückt sie es mir in die zittrige Hand. Zaghaft entsperre ich es und öffne den Chat mit Yeon. Als ich sein kleines Profilbild und den Namen daneben sehe, schlägt mein Herz höher. Was soll ich ihm denn schreiben? Wird er mir überhaupt antworten? Als Murdoc merkt, dass ich noch immer zögere, schnappt sie sich mein Handy und tippt geschickt etwas ein und gibt es mir dann wieder zurück. Entsetzt starre ich auf den kurzen Text, den sie Yeon geschickt hat und sehe, dass er bereits zwei Häkchen hat.
- Schwing deinen geilen Arsch hierher, sonst kriegen wir beide Ärger! -
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich sehe, dass Yeon kurz online ist und die Häkchen grün werden. Er hat es gelesen! Ich halte den Atem an, während mein Herz wie wild in meiner Brust schlägt. Doch als ich sehe, dass er den Chat wieder verlässt, ohne eine Antwort zu schreiben, macht sich pure Enttäuschung in mir breit. Murdoc grinst mich an und klopft mir auf die Schulter.
„Mach dir nicht ins Hemd. Er wird es schon richtig verstehen. Warte mal ab." Sie zwinkert mir verschmitzt zu, nimmt ihr Getränk und verlässt die Küche wieder, um zu den anderen zu gehen. Ich starre immer noch fassungslos auf mein Handydisplay.
Später am Abend ist das vermeintlich entspannte und gemütliche Beisammensein in einer wilde Party ausgeartet, die mehr einer Hausparty aus einem Hollywoodfilm gleicht. Minho und Sora haben noch ein paar Freunde eingeladen, die wiederum haben noch mehr Alkohol mitgebracht, der nun in rauen Mengen ausgeschenkt wird. Am Anfang habe ich ziemlich Panik geschoben, weil ich mir wegen der Nachbarn Gedanken gemacht habe, aber nachdem mir Murdoc einige Getränke aufgeschwatzt hat, sehe ich es inzwischen etwas lockerer. Denn auch wenn nun die ganze Wohnung voller partywütiger Menschen ist und alle ziemlich betrunken sind, benehmen sich alle und niemand randaliert. Außerdem sehe ich es als gute Gelegenheit an, Kontakte zu knüpfen und mir vielleicht neue Freunde zu machen. Irgendwann komme ich mit einer jungen, hübschen Freundin von Murdoc ins Gespräch, als ich erfahre, dass sie gerade ihr Management-Studium erfolgreich beendet hat und nun auf der Suche nach ihrem ersten Job ist. Sofort bin ich von ihr angetan und wir unterhalten uns sehr angeregt.
Gerade will ich ihr erzählen, dass ich auf der Suche nach einem neuen Management bin, da sehe ich Yeon zur Wohnungstür reinkommen und für einen Moment wirkt alles wie in Zeitlupe und alles um mich herum wird ausgeblendet. Trotz der Entfernung von dem Esstisch, wo Murdoc's Freundin und ich sitzen, und der Wohnungstür kann ich sehen, dass sich Yeon regelrecht herausgeputzt hat. Er hat seine Haare ausnahmsweise mal gestylt und trägt gute Klamotten – natürlich alles in schwarz -, die ihm verdammt gut stehen. Sofort bin ich von seiner Anwesenheit so dermaßen geflasht, dass ich seine Anziehung quer durch den Raum spüre. Ich kann Yeons Lächeln sehen, als er zu den anderen geht und sie begrüßt und es lässt meine Knie butterweich werden und mein Herz rasen vor Aufregung. Er ist tatsächlich noch gekommen! Ich habe eine Gänsehaut, als seine grün-grauen Augen auf mich fallen und für einen kurzen Augenblick an mir hängen bleiben. Ich beachte Murdoc's Freundin schon gar nicht mehr, die fröhlich weiter quasselt und beobachte Yeon, der sich langsam seinen Weg durch die Partygäste bahnt und auf mich zukommt. Ich drehe bei seinem bloßen Anblick schon fast durch und gerade fühle ich mich berauschter als durch den Alkohol.
„W-Wieso kommst du erst jetzt?" frage ich konsterniert, statt ihn zu begrüßen oder etwas anderes, nettes zu sagen. Kurz ziehen sich Yeons schwarze Augenbrauen zusammen, aber seine Augen funkeln schelmisch und er lächelt verschmitzt.
„Ich wollte eine extra Einladung."
„D-Die Nachricht ..." Ich spüre, wie ich rot anlaufe und meine Wangen glühen.
„Ich weiß, dass Murdoc die geschrieben hat."
Wir blicken uns einen ellenlangen Moment schweigend an, weil ich nichts mehr dazu zu sagen weiß, so überfordert bin ich in diesem Moment. Mein Herz schlägt verrückt und alles schreit in mir danach, Yeon einfach in die Arme zu springen und ihn zu küssen. Erst jetzt merke ich, wie sehr ich ihn eigentlich vermisst habe.
„Ich geh mal zu den anderen," meint Yeon dann und geht zu seinen Freunden, die auf der Couch sitzen und gerade irgendeiner lustigen Geschichte von Sammy lauschen und lachen.
„Ich habe schon viel von diesem Yeon gehört," schaltet sich plötzlich Murdoc's Freundin wieder ein und ich schrecke zusammen. Ich hatte ganz vergessen, dass sie auch noch da ist. „Marianna hat mir viel von ihm erzählt, weil die beiden ja sehr gut befreundet sind, aber ich habe nicht gewusst, dass er so eine Augenweide ist!"
Irgendwie störe ich mich an ihrer Aussage und die Tatsache, dass sie Yeon mit glitzernden Augen hinterher schaut, aber innerlich muss ich ihr mehr als zustimmen. Vielleicht liegt es daran, dass ich ihn nun länger nicht gesehen habe, aber es kommt mir fast so vor, als sei er in der Zeit noch hübscher und heißer geworden. Es ist zum verrückt werden!
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From Guardian to Lover - A Korean Lovestory
RomanceWährend Yeon sein Dasein als Gelegenheitsbodyguard mit einem ziemlich brutalen Ruf fristet, lebt Sumi als weltbekannter Kpop-Star und regelrechter Strahlemann ein Leben in übermäßigem Reichtum. Unterschiedlicher könnten die beiden also nicht sein. D...