2.Kapitel

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Noch 10 Minuten bis zum Weckruf. Unruhig wälzte ich mich in meinem Bett hin und her, heute würde ich erfahren, wie mein Leben weiter gehen würde. Seltsamerweise hatten Kim und ich wegen der gestrigen Blumenaktion keinen Ärger bekommen, was mich ziemlich irritierte. Schließlich hatten wir damit ein ganz schönes Chaos angerichtet, aber offenbar hatte wohl niemand sonderlich Lust sich deswegen eine Strafe für uns auszudenken. Oder es lag daran, dass gestern mein letzter richtiger Tag hier war, keine Ahnung, war mir eigentlich auch egal.
Entschlossen schob ich meine Decke weg; wenn ich heute schon gehen musste, dann wenigstens mit hoch erhoben Kopf, meinen Stolz konnten sie mir nicht wegnehmen.
So kam es, dass ich ausnahmsweise vor allen anderen beim Frühstück ankam. Soweit ich mich erinnerte, wurden die 17-jährigen immer geholt, wenn alle anderen noch aßen. Sicherheitshalber schob ich mir also ein paar Erdbeeren (eine Seltenheit, dass es mal welche gab) in den Mund, setzte mich an unseren Stammtisch und wartete auf mein Schicksal. Nach drei endlosen Minuten erschienen nach und nach die anderen Kinder, allen voran die Zombies. Sie schlurften über den schwarz-weiß gekachelten Boden, holten sich teilnahmslos ihr Essen, ließen sich genauso auf ihre Stühle fallen und begannen alle auf Kommando das eklige Zeug in sich rein zuschaufeln.
"Das wird immer gruseliger." Ich sah hoch und bemerkte, dass Kim Tränen in den Augen hatte. "S-sie kommen di-ii-ch gle-ich ho-holen", schluchzte sie haltlos. Schnell stand ich auf und umarmte sie. "Ich weiß, Kim; sie können mir vielleicht sagen, wie ich leben soll, aber sie können mir nicht vorschreiben dich zu vergessen. Ich werde auf dich warten und sobald du in drei Monaten raus kommst, werde ich dich suchen und dann hauen wir notfalls gemeinsam ab..." Ich versuchte sie zu trösten, doch mittlerweile fing auch ich an zu weinen; ich wollte meine beste Freundin, die eigentlich schon wie meine Schwester war, nicht verlassen, auf gar keinen Fall!
Wir standen immer noch eng umschlungen da, als irgendjemand meinen Namen sagte und mich von Kim wegzerrte. Bitte, nicht jetzt schon, ich wollte ihr doch noch so viel sagen. Verzweifelt wehrte ich mich, doch ich hatte keine Chance gegen die drei Männer, die mich inzwischen festhielten. Wir waren schon fast an der Tür angekommen, als ich einen letzten Versuch startete. Ich rammte meinen Ellbogen den erstem Typ in den Bauch und trat dem zweiten mit voller Wucht zwischen die Beine, sodass dieser fluchend zu Boden ging. Der dritte Mann war so überrascht von meiner Attacke, dass er mich sofort losließ, als ich ihm mit meinem ganzem Gewicht auf den Fuß trat. Schnell rannte ich erneut in die Mitte des Speisesaals und fiel Kim in die Arme. "Wir sehen uns wieder, versprochen!", flüsterte ich noch, bevor ich einen harten Schlag auf dem Hinterkopf spürte. Ich hörte noch Kims erstickten Schrei und wurde ohnmächtig.

***

Ich erwachte in einem kleinem, natürlich grauen, Raum. Als ich versuchte aufzustehen, durchschoss mich ein starker Schmerz. Stöhnend hielt ich mir den dröhnenden Kopf; diese Idioten hatten mich tatsächlich k.o. geschlagen.
"Wenn Sie nicht so einen Aufstand gemacht hätten, hätten wir nicht zu solchen Maßnahmen greifen müssen." Erst jetzt bemerkte ich, dass ich nicht allein war. Mir gegenüber saß eine mir unbekannte Frau. Ich schätzte sie auf Mitte 30, sie hatte ihre dunkelbraunen Haare zu einem strengen Dutt nach hinten gesteckt und musterte mich aus kalten grauen (schon wieder grau??) Augen; ihrem Kostüm nach zu urteilen war sie wohl die Überbringerin der Anweisungen für mein neues Leben. Seltsam, ich hatte eigentlich nicht erwartet, dass unsere geschätzte Regierung einer Frau so eine wichtige Aufgabe überlassen würde.
"Mein Name ist Doktor Skylander und..." Ich unterbrach sie durch mein lauthalses Lachen, welches ich erfolglos zu unterdrücken versuchte. Der Name war ja mal total bescheuert und dann auch noch in Verbindung mit einem Doktor, das war einfach zu komisch. Nur mit Mühe schaffte ich es mich zu beruhigen, zweifelte aber daran, dass das lange so bleiben würde. Vermutlich trug auch meine Angespanntheit ihren Teil zu meinem hysterischen Lachanfall bei, aber dafür konnte ich ja nun wirklich nichts.
"Darf ich fragen, worin Sie ihren Doktor gemacht haben?", brachte ich einigermaßen angemessen hervor; das interessierte mich wirklich.
"Verhaltensforschung", antwortete sie knapp. "Es freut mich, dass Sie trotz Ihrer Situation noch immer lachen können." Jetzt war ich endgültig ruhig. Was sollte das denn jetzt heißen?
"We-welche Situation meinen Sie denn?", fragte ich unsicher. Sie lehnte sich lächelnd zurück. "Nun, die meisten Menschen fangen eher an zu weinen, wenn sie erfahren wie ihr Leben weiter geht..."
"Sie machen mir ja Hoffnungen", murmelte ich bedrückt.
"..während Sie sich erstmal über meinen Namen amüsieren. Ich bin gespannt, wie Sie reagieren, wenn Sie den Rest erfahren." Sie grinste mich mittlerweile an; diese Frau war mir echt nicht geheuer. Ungeduldig wartete ich, dass sie anfing, doch sie starrte mich nur abwartend an. "Alsooo von mir aus kanns losgehen", sagte ich sichtlich genervt.
"Wie Sie wollen, ich dachte Sie wollten sich vielleicht noch einen Moment sammeln, aber da Sie es offensichtlich kaum erwarten können...", sie zog eine dicke Mappe aus ihrer Aktentasche. "Das wichtigste zuerst: Sie werden noch heute Cornelius Newton heiraten...", ich musste erneut einen Kicheranfall unterdrücken; warum mussten die den alle so bescheuerte Namen haben?
Unbeeindruckt fuhr Dr.Skylander fort. "...auf seinen Wunsch hin werden Sie nicht arbeiten, sondern Hausfrau werden." Wie cool, das war schon immer mein Traumjob. Ich verdrehte die Augen. "Alles weitere werden Sie im Laufe der nächsten Tage erfahren." Was das war's schon? Irgendwie hatte ich ein bisschen mehr erwartet.
"Ähm und was soll ich jetzt machen? Holt mich hier irgendjemand ab oder wie läuft das? Und wo werde ich überhaupt wohnen und..."
"Wie gesagt, dass werden Sie alles noch erfahren", unterbrach sie meinen Redeschwall. "Aber Ihr Verlobter wird Sie gleich noch kurz besuchen kommen, also.." In diesem Moment klopfte es an der Tür. Ohne, dass einer von uns beiden 'Herein' gesagt hatte, wurde die Tür aufgerissen und vor mir stand mein wahr gewordener Albtraum.

Caeth-Die Rebellen || #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt