32.Kapitel

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Es dauerte ein Bisschen bis ich die richtige Tür fand, schließlich war ich erst einmal in Rens Hoheitsgebiet gewesen. Hoffentlich hielt er sich ebenso wenig an die Regeln wie ich und verbrachte die Pause drinnen. Da ich immer noch aufgewühlt war klopfte ich lauter als beabsichtigt.

,,Mach auf! Bist du da? Ich bin's Ifa."

Er öffnete, zerzaust aussehend. Seine Haare standen in alle Richtungen ab. Er trug einen schwarzen Anorak und etwas engere Hosen als üblich, was nicht viel hieß.

,,Was ist los?" Ren bemerkte meinen aufgewühlten Gesichtsausdruck und runzelte die Stirn. ,,Komm erstmal rein."

Ich drängte mich an ihm vorbei durch die Tür, die er sorgfältig hinter uns schloss. Drinnen war es  unordentlich. Das Bett war zerwühlt, Klamotten lagen herum, Zeichnungen, Schulbücher und lose Papiere stapelten sich. Es gefiel mir. Es war das einzige was das klinisch weiße Zimmer erträglich machte.

,,Setz dich wenn du willst." Ren machte eine ausschweifende Handbewegung. Erst jetzt bemerkte ich den Rucksack über seiner Schulter. Der Reißverschluss seiner Jacke war zugezogen und an den Füßen trug er wetterfeste Schuhe. Ich kniff die Augen zusammen. War er im Begriff gewesen irgendwohin zu gehen?

,,Was ist passiert?" Mit einem Hauch von Ungeduld sah er mich an.

,,Musst du irgendwohin?" Fragte ich zurück.

Ren befeuchtete die Lippen, blickte nervös zur Tür, dann auf sein Handy, dann wieder zu mir. ,,Nein, Alles gut. Was ist denn?"

Seine Körpersprache überzeugte mich nicht, aber das war erstmal egal. Ich war gekommen weil ich jemanden zum reden brauchte und hier war dieser jemand. Also los.

,,Weißt du etwas über Hannah?" Platzte ich heraus. ,,Über Melek und Hannah?"

,,Was?" Er sah mich verwirrt an. Wortlos drückte ich ihm das Foto in die Hand und wies auf die Schrift auf der Rückseite.

Langsam blickte er auf. Seine dunklen Augen schimmerten unter dem hellen Licht der Neonröhren. ,,Wo hast du das her?"

,,Gefunden." Ich scharrte mit der Fußspitze auf dem Boden. ,,Rikki und ich wurden in ein neues Schlafzimmer verlegt, wegen gutem Benehmen, und da hab ich's gefunden. Es lag unter einem der Schränke."

Ich sah auf. Ren war so damit beschäftigt in seinem Rucksack zu wühlen, dass ich mir nicht sicher war ob er überhaupt zuhörte.

,,Das blonde Mädchen Hannah... Sie war hier auf der Schule und ist vor drei Jahren erfroren. Ich hab ihre Patentante kennengelernt. Unten im Dorf." Fuhr ich fort. ,,Hast du davon gewusst?"

,,Hmm." Ren wölbte die Lippen nach innen. Ich sah, dass er überlegte. ,,Ja, Ich hatte's mitbekommen. Diese Geschichte mit Hannah war eine ziemlich große Sache. Ich war noch nicht auf der Schule als es passiert ist, aber ich hab trotzdem davon gehört. Es war grade mal ein paar Monate her, als ich neu hier hin kam. Das heißt alle haben noch darüber geredet."

Ich starrte ihn neugierig an. Es war das erste Mal, dass er seine Vergangenheit erwähnte und die Vorstellung das auch er einmal neu hier gewesen war, war ungewohnt. Er bewegte sich hier so natürlich, schien über alles und jeden so genau Bescheid zu wissen. Ich hatte irgendwie angenommen er wäre mit der Einrichtung hergekommen.

,,Ich denke aber nicht, dass ich mehr weiß als du."

,,Was weißt du denn?"

Er schob die Hände in die Taschen. ,,Na das was alle wissen. Es heißt es war Selbstmord, was nicht verwunderlich ist, schließlich war sie hier. Die Polizei konnte keine Fremdeinwirkung erkennen. Es ist nicht der erste Fall, der hier auf dem Internat passiert ist, aber der erste von dem die Medien Wind bekommen haben."

Schule der AlpträumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt