Die zwei Tage vergingen in dem gewohnten geschäftigem Ablauf und zum ersten Mal war ich froh darüber. Ich merkte, wie ich schon ganz von selbst um fünf Uhr aufwachte und mein Körper sich nach und nach an das morgendliche Training gewöhnte. Vorallem aber hielt das Programm mich beschäftigt, sodass ich wohl oder übel schleunigst zu mir selbst zurückfinden musste. Um zu funktionieren.
Seit dem Vorfall in der Dunkelkammer hatte ich Johann nicht mehr gesehen und langsam verlor die Erinnerung ihren Schrecken. Sie fühlte sich gar nicht mehr real an sondern eher wie ein schlechter Traum. Nur noch manchmal, in den wenigen Momenten wo ich alleine war, spürte ich wieder seine feste Hand auf meinem Hinterkopf und dann hätte ich weinen können. Ob aus Frustration oder Wut oder etwas anderem wusste ich nicht genau.
Ich vermisste meine Mutter. Ren zeigte mir regelmäßig ihre Nachrichten, aber ich war zu stur um etwas zu antworten. Trotzdem wünschte ich mir sehr ich könnte sie sehen. Vielleicht würde ich sie doch nochmal anrufen.
An dem Tag des Club Treffens war ich höllisch nervös. Es war kurz vor 19 Uhr als Nora und ich die Treppen zum Dachboden hinaufstiegen. Da es schon zappenduster draußen war, fühlte es sich an wie Mitternacht.
,,Ich bin so gespannt wie das wird." Flüsterte Nora heiser. Sie hatte sich mit der Erkältung angesteckt, die momentan rumging, wollte aber trotzdem unbedingt beim ersten Meeting dabei sein. Zur Sicherheit hielt ich ein bisschen Abstand von ihr. Eine Erkältung war das Letzte was ich momentan gebrauchen konnte, vorallem da immer noch zwei Klausuren anstanden.
Rikki erschien kurz nach uns, Hand in Hand mit Chiko. Sie waren vorher noch zusammen in der Bibliothek gewesen und hatten angeblich Mathe gelernt. Suho erschien kam kurz nach ihnen, einen Freund an seiner Seite.
Als Chiko den sah zog er ärgerlich die Luft ein und zischte seinem kleinen Bruder etwas auf Japanisch zu. Dieser verkniff nur beleidigt den Mund und weigerte sich zu antworten. Dann stolzierte er so weit von Chiko weg wie möglich und zog seinen Kumpel mit sich mit.
,,Was ist denn los?" Fragte Rikki, die verwirrt von einem Bruder zum andern sah. ,,Wer ist der Junge?"
,,Das ist Suhos neuer Freund Nils." Brummte Chiko verstimmt. ,,Ist ein verdammter Psychopath, der Typ. Ich hab Suho immer gesagt, dass der nicht mit dem abhängen soll."
,,Dafür das du nur zwei Jahre älter bist als er sagst du deinem Bruder ganz schön viel." Konnte ich mir nicht verkneifen zu kommentieren.
Rikki verbrachte in letzter Zeit jede freie Minute mit Chiko und ich konnte nicht anders als ein bisschen eifersüchtig deswegen zu sein. Gerne hätte ich versucht Rikki von dem was Johann getan hatte zu erzählen, aber das ging schlecht wenn sie nie da war. Und selbst wenn ich sie sah war sie immer in der Gegenwart von Chiko. Das nervte! Es war, als wäre meine erste beste Freundin schon wieder losgeworden, kaum das ich sie gefunden hatte.
,,Der wohnt in dem Zimmer wo ihr früher drin wart." Ren war lautlos wie ein Geist auf dem Dachboden erschienen und zu uns geschlendert. ,,Und ja, sie sagen er kommt geradewegs aus der Psychatrie."
Ich warf dem kleinen Jungen einen Blick zu. Wenn er mit Suho befreundet war, war er vermutlich ebenfalls um die dreizehn Jahre alt, sah aber nicht älter aus als zehn. Hätte Chiko uns nicht auf ihn aufmerksam gemacht wäre er mir nicht weiter aufgefallen, so normal sah er aus. Er hatte Haare und Augen in der Farbe von Haselnüssen, trug eine schmale Brille und einen gestrickten Pullover in dem er fast versank. Ganz niedlich zwar irgendwie, aber unauffällig. Wie eine Feldmaus.
,,Was hat er denn gemacht was so schlimm wäre?" Fragte ich Ren.
,,Hat anscheinend schon als Kleinkind Verhaltensauffälligkeiten gezeigt und den Familienhund getötet." Er senkte die Stimme. ,,Später hat er kleinere Nagetiere gefangen und seziert. Seit er sechs ist lebt er in verschiedenen psychiatrischen Anstalten. Die konnten ihn aber nicht ändern und irgendwann ist er hier gelandet." Er verzog das Gesicht. ,,Angeblich hat er mal mit acht eine ganze tote Ratte in die Mikrowelle gepackt, damit sie aufplatzt."
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Schule der Alpträume
Teen FictionDie 16- jährige Ifa ist ein Problemkind. Laut, handgreiflich, unberechenbar. Als eine Situation eskaliert und Ifa vor Gericht muss, schickt ihre Mutter sie auf die St. Pauls Ganztagsschule für schwer erziehbare Jugendliche. Ifa hätte fast den Fehler...