,,Hey!"
Ich zuckte zusammen. Es war Montagabend und Ren war leise wie ein Geist an meiner Zimmertür erschienen. Er rollte mit den Augen. ,,Boah, Ifa, deine Mutter spamt mich zu."
Ich war grade im Begriff gewesen mir das T-shirt über den Kopf zu ziehen und ließ die Arme schnell wieder sinken. ,,Was sagt sie?"
,,Weiß ich net, ich kann kein Spanisch."
Ich streckte die Hand aus. ,,Gib her."
!Hola, mi niña! ¿Cómo estás? ¿Qué tal? Te extraño mucho...bla bla bla Esta Casey es una puta chachonda y no entiendo lo que tu padre ve en ella... bla bla
Hallo, meine Süße! Wie geht es dir? Wie sind die Dinge? Ich vermisse dich sehr... bla bla bla Diese Casey ist eine notgeile Schlampe und ich verstehe nicht was dein Vater in ihr sieht... bla bla
Ich überflog die langen Nachrichten und schüttelte enttäuscht den Kopf. Sie schrieb, dass sie mich liebte und vermisste, wollte wissen wie es mir ging, wie die Schule lief, ob ich mir regelmäßig die Zähne putzte und mir endlich das rauchen abgewöhnt hatte. Kein Wort von dem was ich ihr am Telefon panisch erzählt hatte. Sie tat so als wäre der Anruf nie passiert. Der Rest ihrer Nachrichten waren im Prinzip nur Beleidigungen für Casey und meinen Dad, die immer kreativer wurden. Sie nannte Casey eine notgeile Schlampe und sagte sie würde nicht verstehen was mein Vater an ihr fand, außerdem wünschte sie allen beiden Gonorrhoe. Die Nachricht von dem dritten Kind setzte meiner Mutter mehr zu als ich es für möglich gehalten hatte.
,,Und?" Drängte Ren, ,,Was schreibt sie?"
Ich seufzte. ,,Nichts Wichtiges. Will wissen wie es mir geht und so weiter. Außerdem hat sie Tusa. Kein Wort von dem Anruf."
,,Sie hat was?"
Ich suchte in meinem müden, trägen Hirn nach einer passenden Übersetzung. ,,Herzschmerz. Liebeskummer. Wegen meinem Dad und seiner Neuen. Die beiden kriegen ein Kind."
,,Uhh." Er verzog mitleidig das Gesicht. ,,Sowas ist hart."
Ich zuckte mit den Schultern. ,,Ist schon das Dritte. Man sollte meinen inzwischen hätte meine Mutter sich dran gewöhnt."
Ren sah mich von der Seite an. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass wir alleine waren. Rikki hatte sich zum lesen und nach Büchern stöbern in die Bibliothek zurückgezogen, der einzig gute Ort dieser Schule, wie sie sagte.
,,Und du?"
,,Was soll mit mir sein?" Erwiderte ich abwehrend. Ein sinkendes Gefühl machte sich in meinem Magen breit.
Ren krazte sich am Kopf, so dass seine Haare noch mehr verwuschelten als ohnehin schon. ,,Dein Vater kriegt noch ein Kind. Du kriegst einen Halbbruder oder eine Halbschwester. Ist ne ziemlich große Sache."
Ich sah auf den Boden. ,,Es macht keinen Unterschied. Mein Vater und ich haben seit Jahren keinen Kontakt mehr."
Ich hoffte er würde nicht nach Einzelheiten fragen. Es war ein langer, ermüdender Schultag gewesen, der erste Tag seit langem an dem ich zur Abwechslung mal brav alles mitgemacht hatte. Davon war ich körperlich und emotional erschöpft und außerdem verdammt noch mal hungrig. Ich wollte und konnte jetzt nicht über die Sache mit meinem Dad reden.
,,Hey." Ren stupste aufmunternd meinen Arm an. ,,Ich hab zu meinem auch keinen Kontakt mehr wenn's dich besser fühlen lässt."
Ich zog einen Mundwinkel hoch. ,,Väter hm? Kompliziertes Thema."
,,Das kannst du laut sagen."
Wir sahen uns an und lächelten, einen Moment lang in unserer eigenen Welt. Dann schlug die Tür auf und Rikki rannte herein, in heller Panik. ,,Ifa, schnell! Mach die Tür zu und das Licht aus und versteck dich!"
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Schule der Alpträume
Fiksi RemajaDie 16- jährige Ifa ist ein Problemkind. Laut, handgreiflich, unberechenbar. Als eine Situation eskaliert und Ifa vor Gericht muss, schickt ihre Mutter sie auf die St. Pauls Ganztagsschule für schwer erziehbare Jugendliche. Ifa hätte fast den Fehler...