45.Kapitel

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Camie war diejenige die mich rausließ. Ich wusste nicht genau wann. Es hätten Stunden sein müssen, doch eigentlich war es nur ein paar Minuten nachdem ich eingesperrt worden war. Minuten die sich wie Tage angefühlt hatten. Minuten, in denen ich die Arme um mich schlang und mir wieder selber etwas vorsang, um wenigstens irgendwas zu hören, irgendwas zu tun.

,,Ist alles in Ordnung?" Rief Camie panisch als sie im Türrahmen erschien. ,,Ich bin so schnell gekommen wie ich konnte, bist du schon sehr lange hier? Oh Gott, Ifa..." Sie fiel mir um den Hals und ich vergrub mich in ihrer Umarmung.

Als ich sie zum allerersten Mal gesehen hatte war mir Camie für einen Moment wie eine brünette Version von Cecilia vorgekommen, jetzt wusste ich, dass das mehr als ungerecht von mir gewesen war. Camie war mein Schutzengel! Mein Retter in der Not! Meine Heilige! Meine Freundin.

,,Ja, alles okay." Murmelte ich und stand auf, gegen das schwache Licht anblinzelnd. ,,Weißt du was mit Rikki ist? Und den anderen?"

Sie seufzte. ,,Rikki ist in eurem Zimmer. Sie- Es tut mir Leid, es ist etwas passiert. Vielleicht ist es am Besten, wenn du schnell mitkommst und es dir einfach selber ansiehst."

Alarmiert folgte ich ihr. Wir begegneten niemandem auf den Fluren. Die meisten Schüler waren in ihren Schlafzimmern, erschöpft von dem anstrengenden Tagesablauf und SE's sahen wir auch keine mehr. Zum Glück.

Unsere Zimmertür war angelehnt. Rikki saß auf ihrem Hochbett, mit dem Rücken zu uns, als wir reinkamen. Zunächst sah sie ganz normal aus und ich wollte schon erleichtert aufatmen, da drehte sie sich um. Ich sah zuerst ihr rotes, verweintes Gesicht und dann ihre Haare. Oder das was davon übrig war, denn über dem linken Ohr war ein dicker Strang einfach abgeschnitten worden.

,,Was ist passiert?" Fragte ich. Rikki warf Camie einen hilfesuchenden Blick zu, die mit sachter Stimme für sie antwortete.

,,Rosa hat Rikki gefunden. Sie hat sie festgehalten und wollte ihr zur Strafe die Haare abschneiden. Wegen der Party. Ich kam rein, als sie grade dabei war und konnte sie mit irgendeinem erfundenen Notfall von Rikki wegschicken. Nur leider war ich zu spät."

Rikki griff über die Bettkante und drückte ihre Hand. ,,Ich bin froh, dass du überhaupt gekommen bist. Sonst hätte ich jetzt gar keine Haare mehr."

Ich versuchte Ordnung in meinen Kopf zu bringen. Meine erste Reaktion war Erleichterung. Ich hatte schon mit irgendwelchen schweren Verletzungen gerechnet, aber eigentlich war Rikki wohlauf. Klar, ihr Kopf sah jetzt ein bisschen merkwürdig aus, aber die Haare würden ja wieder nachwachsen. Tatsächlich war Rikkis Lockenpracht so üppig, dass ich von hinten kaum einen Unterschied gesehen hatte. Sie könnte die Länge einfach überall ein wenig angleichen und die Sache wäre erledigt.

Meine zweite Reaktion war Wut.

,,Was denkt Rosa wer sie ist?'' Stieß ich gepresst hervor. ,,Ich werd zu ihr gehen und ihr eine Glatze schneiden! Und dann werd ich ihr die Arsch Haare rausziehen und ihr daraus eine Perücke basteln!"

,,Hör auf!" Rief Rikki. ,,Ich will nicht, dass du so redest! Damit bist du nicht viel besser als die." Sie vergrub das Gesicht in den Händen.
,,Warum macht Rosa bloß sowas? Warum muss sie so gemein sein? Ich hab nichts getan! Wir haben nichts getan! Wir wollten doch nur ein bisschen feiern."

,,Das hat nichts mit euch zu tun." Sagte Camie mit ihrer sachten Stimme. ,,Rosa möchte andere Leute klein machen um sich selbst stark zu fühlen." Sie hielt inne. ,,Rosa hat sonst nichts was sie auszeichnet, versteht ihr. Ohne jetzt gemein klingen zu wollen: Sie ist nicht sonderlich intelligent oder hübsch oder sportlich oder begabt in irgendwas. Wenn sie sich besser fühlen will als andere und von ihnen respektiert werden will, und das will sie, dann muss sie gemein sein. Ich glaube, Rosa gefällt das wenn Leute Angst vor ihr haben, weil sie eigentlich diejenige ist die Angst vor ihnen hat."

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