10.Kapitel

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,,Ifa? Kommst du?"

Meine Mutter war ein paar Meter von mir entfernt stehen geblieben und tappte ungeduldig mit dem Fuß.

Ich riss mich von dem Anblick des Mädchens los. ,,Ja! Ich-"

Als ich wieder zum Fenster sah war ihr Gesicht verschwunden. Aber nicht auf eine normale Art wo sich jemand vom Fenster weg bewegt hat. Nein, es war plötzlich einfach nach unten hin weggetaucht. Als hätte das Mädchen sich zu Boden geworfen. Als hätte es jemand zu Boden gezerrt.

Ich runzelte die Stirn. ,,Camie?"

,,Ja?"

Sie lief ein paar Meter zurück, bis sie wieder neben mir stand. Ich zeigte auf das Fenster. ,,Ich hab da grade ein Mädchen drin gesehen."

So ernst wie ich das sagte klang es lächerlich, aber mir war überhaupt nicht nach lachen zu Mute.

Ihre Augenbrauen zogen sich leicht zusammen. Eine Geste die Zweifel ausdrücken konnte, aber auch Kummer. ,,Und? Es wird eine der Schülerinnen sein."

Ich räusperte mich. ,,Sie hat irgendwie so gewirkt, als würde es ihr nicht gut gehen..."

Das war untertrieben. Sie hatte enorm krank ausgesehen. Villeicht konnten wir ja reingehen und nach ihr schauen?

Camie schenkte mir ein etwas unsicheres Lächeln. ,,Villeicht kenn ich sie ja. Wie sah das Mädchen denn aus?"

Ich überlegte. Ich hatte sie nur kurz gesehen. ,,Braune Locken, blaue Augen und sehr dünn."
Die Schatten unter ihren Wangenknochen hatte ich selbst von der Entfernung aus viel zu deutlich sehen können.

Camie zuckte mit den Schultern. Sie sah mich nicht an. ,,Das könnten mehrere sein. Juli oder Susanne zum Beispiel. Oder Rikki."

Jean-Luca kam zu uns herüber. Seine Stirn war leicht gerunzelt. Er fragte sich offenbar wo wir blieben.

,,Jean-Luca, was ist das da für ein Raum?" Fragte ich ihn neugierig und zeigte zu dem Fenster mit den Gitterstäben.

,,Oh, das!" Er machte eine wegwerfende Handbewegung. ,,Das ist einer unserer Lernräume. Zum lernen und 'ausaufgaben machen, du weißt schon."

Ich nickte langsam. ,,Und warum hat er- Sind das Gitter, da am Fenster?"

Er fuhr sich durch die Haare, was hinreißend aussah. Kein Wunder. Jean-Luca sah wahrscheinlich sogar hinreißend aus wenn er in der Nase bohrte.

,,Die sind wegen der Computer. Damit sie nischt gestohlen werden."

Camie nickte beifällig. ,,Ja. Alle Räume in denen wir Computer aufbewahren sind extra gesichert. Wir hatten vor ein paar Jahren einen blöden Fall, wo jemand alle Schulcomputer gestohlen und verkauft hat."

,,Furschtbar ärgerlisch.'' Sagte Jean-Luca und wandte sich zum gehen. ,,Wollen wir?''

Ich warf noch einen letzten Blick auf das Fenster, dann setzte ich mich in Bewegung.

Das Sekretariat war der einzige Raum der Schule der lebendig wirkte. Gelbliches Licht beleuchtete eine Ansammlung von Stühlen, ein paar Regale voller Akten und zwei Tische. Eine Frau mit einem grauen Kurzhaarschnitt begrüßte uns und stellte sich gleich als Frau Maier vor. Sie war Sekretärin und gleichzeitig eine der zwei Schulkrankenschwestern.

Ein anwesender Lehrer stand ebenfalls von seinem Laptop auf um mir und meiner Mutter die Hand zu schütteln. Er hatte schwarze, bereits teilweise ergraute, Haare und hieß Herr Werzam. Er unterrichtete Sport und Erdkunde, die klassische Fächerkombination.

An das Sekretariat grenzte eine weitere Tür an der ein Messingschild angebracht war. Darauf stand: Ralf König, Schuldirektor. Ich fand es sehr passend, dass der Direktor mit Nachnamen König hieß.

Schule der AlpträumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt