Kapitel 10

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Ich bin nicht sonderlich überrascht, als ich Noah und Clara am Montagmorgen Hand in Hand durch den Campus laufen sehe. Natürlich hat Clara ihm verziehen, was hätte sie auch sonst tun können. Schließlich ist Noah ihr ein und alles, und ich bin mir sicher, dass sie nach ein paar Tagen selbst auf ihn zugegangen wäre, wenn er sich bis dahin nicht bei ihr gemeldet hätte.

Es spielte ihr also ziemlich in die Karten, dass Noah auf meine Worte gehört hat und sich tatsächlich nochmal mit ihr ausgesprochen hat. Eigentlich war das genau das, was ich wollte. Doch aus einem unerklärlichen Grund ist es ein nicht ganz so erleichterndes Gefühl, wie ich dachte.

"Die beiden haben sich scheinbar wieder vertragen", ertönt es aus dem nichts hinter mir und ich fahre erschrocken herum. Mit geweiteten Augen betrachte ich Eden, die neben mir zum stehen kommt. Sie deutet auf Noah und Clara, die gerade im Gebäude verschwinden.

Ich nicke schlicht und bin glücklich, dass Eden nichts mehr dazu sagt.

Wir gehen zusammen ins Gebäude und halten noch kurz an unseren Spinden an, um einpaar Bücher auszutauschen. "Wie willst du das jetzt eigentlich angehen?", fragt Eden und verwirrt mich.

"Was meinst du?"

"Na die Sache mit Clara", antwortet sie, als wäre es selbstverständlich, worauf sie hinaus wollte. Ich habe mich wohl zu früh gefreut. "Willst du nicht irgendwie mit ihr reden oder so? Also ich glaube, ich an deiner Stelle, hätte sie darauf angesprochen. Ich meine, ich würde ihr klarmachen, dass sie dich nicht als Bedrohung sehen soll. Schließlich seid ihr Freunde seit dem ihr klein seid. Und eine Clara wird daran nichts ändern. Sie wird immer einen anderen Platz haben als du. Das muss aber nichts negatives bedeuten."

Ich seufze. Irgendwie stört mich der Gedanke, dass Clara irgendwann mal über mir stehen wird. Das Noah sie mit der Zeit mehr schätzen wird, als mich. Das ist etwas ganz natürliches und ich weiß, dass es absolut kindisch und egoistisch von mir ist, so zu empfinden, aber diese Gedanken sind schon seit geraumer Zeit in meinem Kopf und lassen mir teilweise keine Ruhe.

Ich bin die letzte, die zur Sorte Mädchen gehört, die Besitzansprüche gegenüber ihrem besten Freund erhebt.

So ein Benehmen ist einfach nur peinlich.

Und doch frage ich mich, wie lange es dauern wird, bis dieses beklemmende Gefühl mein Herz verlässt?

"Ich glaube nicht, dass ich Clara darauf ansprechen werde. Schließlich darfst du nicht vergessen, dass ich eigentlich nicht davon Bescheid wissen darf. Wenn sie mitbekommt, dass ich es weiß, wird sie denken, dass Noah mir von ihrem ungerechtfertigten Eifersuchtsausbruch erzählt hat, und wird wahrscheinlich wieder total eingeschnappt und wütend auf ihn sein. Deshalb... lasse ich es besser sein", sage ich nach kurzem Überlegen.

"Stimmt, dass habe ich fast vergessen", entgegnet Eden nur.

"Was hast du fast vergessen?", ertönt es plötzlich direkt hinter uns.

Eden und ich drehen uns in die Richtung, aus welche die Stimme kommt, und als ich Noah und Clara erkenne, macht mein Herz einen Purzelbaum.

"Die französisch Hausaufgabe", schießt es geradezu aus mir heraus. Ich lächle und Clara erwidert es sofort. Noah hingegen scheint noch einwenig verwirrt, doch als er merkt, wie ich zwischen ihm und Clara hin und her sehe, scheint er dies als eine Art Anerkennungs-Blick zu interpretieren, denn er zwinkert mir nur zu, als wäre er ganz stolz darauf, dass ich mitbekomme, wie er es geschafft hat, sich wieder mit Clara zu versöhnen.

Dabei weiß er ja gar nicht, dass es eh dazu gekommen wäre und Clara diejenige ist, die sich glücklich schätzen kann.

"Wie läuft es mit deiner Abgabe?", fragt Clara nun an Eden gewandt und die beiden gehen voraus. Wir haben nun alle eine gemeinsame Vorlesung und ich freue mich schon innerlich. Das ist nämlich nicht besonders oft der Fall.

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