Kapitel 35

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Die meisten Menschen behaupten, Liebeskummer sei nur temporär. Es sei ein Gefühl, welches einen überwältigt, zu Boden drückt, doch am Ende des Tages nur noch stärker macht. Man wächst schließlich an jeder Hürde im Leben und schätzt die schönen Dinge erst, wenn man auch einmal Kummer verspürt.

Ich würde gerne zustimmen, doch es scheint, als wäre mein Liebeskummer mit meinem Herzschlag verbunden. Und da dieses nicht aufhört zu schlagen, tut es mein Schmerz auch nicht. Tag und Nacht denke ich an Noah, doch dieser lässt sich nicht blicken. Zumindest nicht in meiner Nähe. Doch als ich ihm dann nach etlichen Tagen in der Uni über den Weg gelaufen bin, ist er an mir vorbei gegangen, als wären wir Fremde. Und das hat mir nicht nur das Herz aus der Brust gerissen, es schien, als hätte ich meine letzte Willenskraft verloren.

Schließlich bin ich nur mit der Hoffnung in die Uni gegangen, ihm zu begegnen, da er schließlich nicht ewig alles versäumen kann. Ich hatte gehofft, dass wir mehr oder weniger dazu gezwungen sind, miteinander zu sprechen, doch ich habe mich verdammt nochmal getäuscht.

Denn Noah ging einfach an mir vorbei.

Während ich der sicheren Ansicht war, dass er spätestens dann nicht mehr weglaufen kann, hat er es dennoch geschafft.

Ich blinzle die frischen Tränen weg, die wie Feuer in meinen Augen brennen und reiße mich innerlich zusammen. Das wahrscheinlich zehnte mal heute. An manchen Tagen scheint es schwerer als an anderen, doch insgesamt lässt sich sagen, dass es immer unerträglich ist.

Es ist unerträglich, zu wissen, dass Noah sich von mir fern hält.

Wegen einem verdammten Kuss.

Denkt er, ich nehme es ihm so übel? Schämt er sich so sehr dafür, seine beste Freundin geküsst zu haben? Ist es so schwer für seine Seele, dass er mir nichtmal mehr in die Augen schauen kann?

Ich verstehe das alles einfach nicht!

"Lindsey..." Eden mustert mich mal wieder besorgt. Wir sitzen gerade im Diner und trinken einen Schokomilchshake, doch selbst dieser schafft es nicht, mir eine bessere Laune zu verschaffen. "Hör endlich auf so zu schauen. Das macht mich richtig traurig."

"Tut mir leid. Ich will keine Spaßverderberin sein." Ich seufze schwer. Das ist wirklich nicht meine Absicht. Doch es fällt mir sehr schwer, die ganze Zeit meine Gefühle unterdrücken zu müssen. Eden ist die einzige Person, die alles weiß und mit der ich darüber sprechen kann. Miles und Alisa wissen nicht, was vorgefallen ist. Doch sie waren mehr als verwirrt, als selbst ich, – Noahs beste Freundin, – ihnen keine Auskunft geben konnte... "Es ist nur wegen..."

"Noah, ich weiß", beendet Eden meinen Satz. Sie schenkt mir ein mitfühlendes Lächeln und greift dann nach meiner Hand. "Hast du ihn nach dem letzten Mal in der Uni nicht nochmal gesehen?"

Ich schüttle den Kopf. "Nein, ich habe ehrlich keine Ahnung, wo er sich rumtreibt und wie es ihm geht. Ich würde aber alles dafür tun, um es zu wissen..."

"Das glaube ich nicht."

Ich hebe verwirrt den Blick, als ich merke, dass sich etwas an Edens Stimme verändert hat. Sie starrt etwas hinter mir an und ist plötzlich ganz nervös. "Lindsey... Es wäre besser, wenn du dich jetzt erstmal nicht umdrehst."

Wie aus Reflex tue ich genau das, was ich laut Eden hätte unterlassen sollen: Ich drehe mich um und halte Ausschau nach dem, was ihren Blick eingefangen hat. Doch als ich dann durch den Diner schaue und meine Augen auf einen Tisch fallen, an dem sich genau in diesem Moment keine Geringeren als Noah und Clara höchstpersönlich setzten, ist mir ganz plötzlich zum Kotzen zumute.

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