Kapitel 36

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Seitdem Kuss hat sich etwas in Noahs und meiner Freundschaft verändert. Wir haben uns an jenem Tag zwar ausgesprochen, doch es ist nicht so wie vorher. Ich spüre es einfach. In jedem Gespräch das wir führen, in jedem Blickwechsel, in einfach allem. Manchmal frage ich mich, ob auch Noah es bemerkt hat, doch dann verwerfe ich den Gedanken wieder.

Ich habe anfangs versucht, mir einzureden, dass ich es mir nur einbilde, weil ich eben Gefühle für Noah habe. Doch Tatsache ist, dass sich auch Noah selbst anders verhält. Irgendwie fast schon distanziert. Als würde er Angst haben, mir näher zu kommen, als nötig. Als hätte er Angst, dass nochmal etwas zwischen uns passiert, doch der Gedanke allein ist vollkommen absurd. Schließlich bin ich diejenige, die sich nicht im Griff hat. Denn ich bin in Noah verliebt, und nicht andersrum.

"Hast du das mitgeschrieben, Lindsey?"

Ich schrecke aus meinen Gedanken und starre Miles einige Sekunden einfach nur an. "Was denn?"

"Na das wovon Alisa und ich die letzten zehn Minuten lang gesprochen haben."

Ich laufe rot an, so unangenehm ist es mir, dass ich so tief in meinen Sorgen versunken war, dass ich noch nicht einmal mitbekommen habe, worüber sie gesprochen haben. Um ehrlich zu sein, habe ich nicht einmal realisiert, dass sie überhaupt gesprochen haben. Und das ist sogar noch peinlicher.

"Tut mir leid, ich war in Gedanken", gebe ich dann wahrheitsgemäß zu, doch fühle mich noch immer schlecht.

"Alles gut. Noah und du benehmt euch momentan wirklich ein bisschen seltsam", erwidert Miles, der mich nur in meinem Gedanken bestärkt, dass nicht nur ich komisch drauf bin. Selbst ihm ist aufgefallen, dass etwas mit Noah nicht stimmt.

"Noah? Inwiefern?", frage ich dann gespielt unwissend. Schließlich will ich etwas von ihm herausfinden, ohne das er merkt, dass ich mir über nichts anderes Gedanken mache, als über Noah und sein Verhalten.

Miles zuckt mit den Schultern. "Keine Ahnung, er ist einfach ein wenig... komisch drauf. Anders als sonst halt. Ich dachte erstmal, es ist was zwischen euch vorgefallen, doch es scheint ja alles gut zu sein." Er hält inne und scheint weiter zu überlegen, bis er erneut das Wort ergreift. "Vielleicht ist es ja was anderes. Wer weiß, kann ja sein, dass es um Clara geht. Vielleicht sind die beiden ja wieder zusammen und er will es uns nur noch nicht sagen, weil er sich Sorgen macht, wie wir darauf reagieren."

Alisas Augen weiten sich zustimmend. "Ja, dass wäre eine logische Erklärung."

Ganz plötzlich ist mir zum Kotzen zumute.

"Ich gehe kurz auf die Toilette, macht ihr weiter mit den Lernzetteln", gebe ich Alisa und Miles bekannt, die jedoch weiter angeheitert ihre Theorie verfolgen, dass Clara und Noah wieder zusammen sind.

Mit schnellen Schritten bahne ich mir einen Weg durch den Korridor der Uni. Dabei spiele ich mit dem Gedanken, dass es vielleicht wirklich wahr ist, was die beiden vorhin vermutet haben. Was ist, wenn Noah und Clara wirklich wieder zueinander gefunden haben? Schließlich habe ich gesehen, wie die beiden sich im Diner umarmt haben. Noah hat zwar gesagt, dass sie sich nur ausgesprochen haben, aber vielleicht hat er weiteres vor mir verheimlicht, damit er mich nicht verletzt. Schließlich weiß er genau, dass mich Clara in den vergangenen Wochen mit ihren Worten und Taten verletzt hat. Zwar habe ich es verdient, dass möchte ich überhaupt nicht bestreiten, doch sie hat mich dennoch wirklich tief getroffen.

Ich bin so tief in meinen Theorien versunken, dass ich die Person vor mir gar nicht wahrnehme. Erst, als ich nicht gerade sanft mit ihr zusammenstoße, hebe ich meinen Blick.

Doch als ich erkenne, wer vor mir steht, graut es mir.

"Na wen haben wir denn da", säuselt der Mistkerl vor mir und schenkt mir ein Lächeln, das nicht hätte abstoßender sein können. "Ich wusste doch, dass man sich immer dreimal im Leben begegnet, Süße."

Mir läuft es kalt den Rücken hinab, während ich den Kerl aus der Party mit zusammengekniffenen Augen mustere. "Was machst du hier?", frage ich dann ohne Umschweife.

Er schmunzelt. "Wir sind hier in einer Uni, falls du das vergessen hast."

"Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dich in diesem Flügel noch nie zuvor gesehen habe. Also bist du offensichtlich auch kein Student in diesem Teilgebiet. Also, nochmal: Was machst du hier?" Ich setze meinen selbstsichersten Blick auf, damit er ja nicht merkt, dass ich mich in Wirklichkeit überhaupt nicht wohl fühle. Schließlich weiß ich, dass der Kerl nicht normal tickt. Das hat mir nicht nur die Aktion auf der Party gezeigt, sondern auch die Tatsache, dass er so fixiert darauf war, es mir heimzuzahlen, dass er Leute zusammengerufen hat und sich mit Noah geprügelt hat.

Bei der Erinnerung werde ich wieder so wütend, dass ich meine Hand zu einer Faust balle. Das entgegnet dem Mistkerl nicht, da er amüsiert zu lächeln beginnt. "Wie aufmerksam von dir. Aber ja, du hast recht, bei so einem Kerl wie mir wüsstest du natürlich, wenn er auf diese Uni gehen würde. Also... – Du hast recht, ich bin nicht wegen eines Studiums hier..."

Ich ziehe eine Braue in die Höhe und kann mich nur noch schwer zurückhalten. Am liebsten würde ich ihm das Gesicht zerkratzen, doch ich weiß, dass es für mich sicherlich schlechter enden würde, als für ihn. Deshalb räuspere ich mich auch nur. "Was willst du sonst hier? Ich hoffe, es hat nichts mit mir oder Noah zutun. Das letztens ging sowieso viel zu weit...", beginne ich, doch werde von seinem hässlichen Lachen unterbrochen.

"Mach mal halblang, kleines. Keine Sorge, Noah und ich haben die Rechnung beglichen. Ich bin auch auf dich nicht mehr wütend", erklärt er, wobei er zum Ende hin innehält und mir einen kleinen Schritt näher kommt, "Wobei ich noch immer gestehen muss, dass ich manchmal an dich denke. Also, falls du dich irgendwann einsam fühlst, kannst du dich immer gerne an mich wenden..."

Ich verziehe angewidert das Gesicht und fühle mich das zweite mal so, als müsste ich kotzen. "Du bist einfach nur widerlich!"

Er lacht amüsiert. "Aber um deine Frage zu beantworten: Ich bin nicht für euch hier."

Ich will gerade meinen Mund öffnen, als ich plötzlich von einer bekannten Stimme aufgehalten werde.

"Kenan, da bist du ja."

Ich drehe mich zur Seite und bin im ersten Moment so überrumpelt, dass ich nicht weiß, was ich sagen soll. Doch als der Mistkerl, der anscheinend Kenan heißt, lächelt und Clara entgegnenläuft, um sie dann bei ihr angekommen zu küssen, gefriert mir das Blut in den Adern.

"Ich hab dich vermisst", raunt er ihr dann zu, laut genug, dass es selbst bis bei mir ankommt.

Clara sieht an ihm vorbei und fixiert mich für einen Moment mit ihrem Blick. Dann sieht sie wieder zu dem Mistkerl und schenkt ihm ein Lächeln. "Komm, lass uns lieber weg von hier, die Umgebung gefällt mir nicht." Dann steckt sie ihren Arm bei ihm ein und läuft einfach weiter, als wäre es nichts.

Kurz, bevor sie um die Ecke verschwinden, dreht sich der Scheißkerl jedoch nochmal zu mir um und zwinkert mir zu, was mich dazu bringt, den Atem anzuhalten.

Wütend beiße ich die Zähne zusammen.

Das kann doch nicht wahr sein!


A/N:

Dam Damm dammmmm 👀

Wer hätte es kommen gesehen?

Was sagt ihr zu dem Kapitel?

xoxo

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