Ich weiß nicht, ob es angebracht ist, zu atmen. Denn mein Herz erlaubt meinem Körper keine einzige Bewegung, denn die Angst, dass das alles hier nur ein wunderschöner Traum ist, ist zu groß. Ich fürchte mich davor, dass ich mich in der nächsten Sekunde in meinem Bett wiederfinde und realisiere, dass das alles nie passiert ist und das ich gerade jetzt nicht hier stehe, in Noahs Armen, umhüllt von Wärme und Geborgenheit.Doch als ich meine Augen zögerlich öffne und mich noch immer in seinem Wohnzimmer wiederfinde, kann ich das alles nur noch weniger glauben.
Noah hält mich fest, – so fest, als würde er Angst haben, mich loszulassen.
Dabei ist es andersrum der Fall. Ich habe Angst. Denn wenn er mich nun loslässt, weiß ich nicht, wie ich meine Gefühle weiterhin verbergen soll. Ich weiß nicht, wie ich mit meinem Herzen umgehen soll. Wie lange werde ich diesen Schmerz noch standhalten? Wie lange werde ich die Wahrheit verstecken können, damit unsere Freundschaft fortbestehen kann?
Ich finde keine Antwort auf all die Fragen, doch ich weiß, dass ich nicht mehr lange vor ihnen weglaufen kann.
"Lindy..."
Eine Gänsehaut läuft mir den Rücken hinab und ich bete innerlich dafür, dass er meine Reaktion auf meinen Namen aus seinem Mund nicht bemerkt, als ich mich räuspere. "Hm?"
Noah zieht sich leicht von mir zurück, doch ist mir noch immer sehr nah. Seine Hände lassen von meinem Rücken ab und mich erfasst mit einem Mal eine gewisse Kälte, da seine Berührung mir fehlt. "Du zitterst. Geht es dir gut?"
"Ja... j-ja, mir geht's gut", wispere ich noch immer total benommen von seiner Nähe. "Ich müsste dir diese Frage stellen."
Noah schmunzelt, doch verzieht dann sein Gesicht. Wieder zieht mein Herz beim Anblick seiner Wunden.
"Scheiße... dein Oberteil", sagt Noah nun mit einem Blick an mir herunter. Ich folge diesem und sehe erst jetzt, dass es mit Blut verschmiert ist. Mir wird beim Anblick einwenig schwummrig, was Noah nicht entgeht. Als ich mein Gewicht von einem Bein aufs andere verlagere, greift er nach meinem Arm, um mich fest zu halten. Ich schlucke schwer, als ich wieder zu ihm aufsehe. Er sieht besorgt aus.
"Tut mir leid... ich weiß, dass du Blut nicht sehen kannst", entschuldigt sich Noah, was ich nur abwinke. "Komm, ich gib dir was von mir zum anziehen."
Mein Herzschlag beschleunigt sich, als er mich an der Hand in die Richtung seines Zimmers führt. Dabei kenne ich den Weg in und auswendig. Dort angekommen lässt er von meiner Hand ab und geht dann zu seinem Schrank, um mir eine Sporthose und ein Shirt von ihm zu geben. Ich halte sie zunächst nur unschlüssig in den Händen, bis Noah mir andeutet, ins Bad zu gehen und sie anzuziehen.
Mit zittrigen Schritten laufe ich ins Badezimmer und schließe dort die Tür hinter mir. Ein Blick in den Spiegel genügt, um zu sehen, wie offensichtlich meine Lage ist.
Ich meine, merkt Noah nicht, wie ich neuerdings auf ihn reagiere?
Kann er den Ausdruck in meinen nicht deuten?
Denn ich kann es. Und es macht mir Angst.
Ich atme tief durch, ehe ich meine Sachen ausziehe und seine anziehe. Danach wische ich mir das bisschen Blut an meinem Hals ab, dass dort gelangt ist, als Noah sein Gesicht in meiner Halsbeuge vergraben hat. Bei dem Gedanken überkommt mich eine wohlige Gänsehaut und in meinem Magen beginnt es erneut zu kribbeln.
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Friendzone
Romance"Lindy..." Seine Stimme ist rau und weht wie ein Sandsturm über meine Lippen. "Wenn du mich noch einmal so ansiehst, besteht die Gefahr, dass ich vergesse, dass wir beste Freunde sind... Das darf niemals passieren."