Capítulo 11

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RANIA

»Habibti, bleib stehen«, sage ich, während sie weiter durch das ganze Haus rennt. Warum müssen Kinder immer so stur sein?

»Bleib jetzt stehen«, spreche ich sie mit fester Stimme an, aber ich werde nicht lauter. Doch sie provoziert mich weiter, indem sie mit ihrer zuckersüßen Stimme antwortet: »Fang mich doch, wenn du willst, dass ich stehen bleibe«, und streckt mir die Zunge raus.

Ich stemme meine Hände an die Hüften. »Wenn du jetzt nicht stehen bleibst, bekommst du heute keine Schokolade.« Bei der Erwähnung von Schokolade wird sie hellhörig und hält bei dem Wort "verbotenen" inne.

Plötzlich klingelt es an der Tür. Wer könnte das sein? Dania hat einen Schlüssel. Während ich darüber nachdenke, wer es sein könnte, rennt sie zur Tür und öffnet sie, bevor ich sie aufhalten kann. Ein Mann in seinen dreißigern, 1,95 Meter groß, steht vor der Tür und hat ein gruseliges Lächeln auf seinem Gesicht. Er hat eine starke Ähnlichkeit mit ihr: dunkelbraune Locken, hellbraune Augen und trägt einen schwarzen Anzug.

»Einer ist zu viel, deshalb muss einer sterben«, durchbricht seine kalte Stimme die Stille. Ich stelle mich vor meine kleine Maus. »Wer sind Sie und was meinen Sie mit "einer ist zu viel"?«

Er lächelt nur und kommt auf mich zu, umschlingt seine Hand um meinen Hals und drückt mich fest gegen die Wand neben der Tür. »Das wirst du gleich sehen, was ich damit gemeint habe«, sagt er und zieht eine Waffe aus seiner Anzugshose. Er drückt mir die Luft ab, und als ich versuche zu sprechen, kommt kein Ton aus mir heraus. Mein einziger Gedanke ist, meine kleine Maus zu verstecken. »روحي اتخبي عسريع«, würge ich, und sie rennt auf meine Aufforderung hin ins Zimmer.

»Geh und versteck dich, so wie sie es dir befohlen hat. Aber keine Angst, ich werde dich finden«, spricht der gruselige Mann. Scheiße, er versteht Arabisch. Er lässt mich los, und ich falle zu Boden. Er hockt sich zu mir herunter. »Du ähnelst ihr sehr«, sagt er und lässt mich mit dieser Aussage alleine im Flur zurück. Wem ähnele ich sehr? Doch anstatt darüber weiter nachzudenken, renne ich ihm hinterher.

»Komm raus, komm raus, ich werde dich sowieso finden«, hallt seine Stimme aus ihrem Zimmer. Ich renne so schnell ich kann dorthin, um ihn aufzuhalten. Als ich ankomme, stockt mir der Atem. Dieser Anblick wird mich für immer verfolgen. Er hat sie am Hals gepackt und zielt mit der anderen Hand eine Waffe auf ihre Brust. Der Anblick bricht mir das Herz. Sie zittert am ganzen Körper, Tränen strömen unaufhörlich über ihre Wangen. Sie ist noch so klein, sie sollte so etwas nicht erleben.

»Lass sie in Ruhe und bring mich an ihrer Stelle um. Sie ist noch ein Kind«, spreche ich mit fester Stimme. »Sie ist noch viel zu jung für das, was ich mit dir in der Zukunft vorhabe. Bei ihr würde es zu lange dauern.« Er erklärt es mir, doch bevor ich darüber weiter nachdenken kann, muss ich meine kleine Maus beschützen.

Ich will auf ihn zugehen, doch dann fällt ein Schuss. Ich bleibe wie erstarrt stehen. Ich kann mich weder bewegen noch etwas sagen. Mein Hals ist staubtrocken. Mein Herz scheint in diesem Moment stillzustehen. Meine Maus... meine kleine Maus. Aus ihrer Brust fließt Blut, viel zu viel Blut. Ich sehe, wie der letzte Funke aus ihren Augen erlischt. Ich beuge mich zu ihr hinunter, doch sie atmet nicht mehr. Meine kleine Prinzessin.

»Nein, nein, nein, du darfst mich nicht alleine lassen, wach auf, bitte, bitte, du darfst nicht sterben, hörst du, du darfst noch nicht sterben«, flehe ich leise. »Lass mich nicht alleine, bitte«, hauche ich und halte sie fest am Arm. »Ich konnte dich nicht beschützen, ich konnte dich nicht beschützen, ich habe versagt. Es ist alles meine Schuld, verzeih mir.«

Lost in my pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt