Kapitel 9

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Es war Samstagabend, und Lucas wartete wie angekündigt draußen vor Ivys Apartment auf sie. Er lehnte lässig an seinem Motorrad, die kühle Abendluft ließ seinen Atem sichtbar werden. Als die Tür sich öffnete, trat Ivy heraus. Sie trug eine schwarze Jeans und eine dicke Jacke, die gegen die Kälte schützen sollte. Eine Mütze verbarg ihre roten Haare, und sie hatte einen Rucksack geschultert. Den Motorradhelm und eine Flasche Wasser hielt sie in der Hand. Begeistert sah sie nicht aus, aber dafür attraktiv wie immer.

Lucas hob eine Augenbraue, als er sie sah. „Bereit?"

„Bereit genug," erwiderte sie und ging auf ihn zu. „Wohin geht es?"

„Meine Familie feiert den Vollmond im Mont-Tremblant-Nationalpark," erklärte Lucas. „Aber wir fahren zum La-Mauricie-Nationalpark. Dort sind gemeinhin keine Wölfe zu finden. Wir wären also allein."

Ivy hielt inne und sah ihn plötzlich unsicher an. Es schien, als wäre ihr gerade erst bewusst geworden, worauf sie sich hier eingelassen hatte – allein mit einem Werwolf in einem abgelegenen Wald, ohne andere Menschen in der Nähe. Ein Anflug von Panik blitzte in ihren Augen auf.

Lucas bemerkte ihre Unsicherheit und trat einen Schritt näher. „Du kannst noch umkehren, wenn du möchtest," sagte er sanft, um ihr die Möglichkeit zu geben, ihre Entscheidung zu überdenken.

Doch Ivy schüttelte nur bestimmt den Kopf und setzte den Helm auf. „Lass uns fahren."

Ein leichtes Lächeln huschte über Lucas' Gesicht, als er seinen Helm aufsetzte und den Motor startete. Es war verrückt. Er würde einen Menschen zur Jagd mitnehmen. Sein Großvater wäre sicherlich nicht sonderlich angetan davon. Doch er freute sich auf eigenartige Art und Weise darauf. es war etwas anderes, etwas neues. 

Der laute Knall des Motors durchbrach die Stille des frühen Abends. Ivy stieg hinter ihm auf das Motorrad und klammerte sich an ihn, als sie losfuhren.

Der Weg zum La-Mauricie-Nationalpark war lang und die Dunkelheit nahm zu, je näher sie dem Park kamen. Ivy spürte die Kälte, die in die Nachtluft kroch, doch Lucas' Körper vor ihr gab ihr die Wärme, die sie benötigte. 

Nach einer Weile bog Lucas auf eine schmale, kaum sichtbare Seitenstraße ab, die zu einem entlegenen Eingang des Parks führte, den Touristen normalerweise nicht kannten. Er parkte seine Maschine zwischen den Büschen, und sie stiegen ab. Ivy zog den Helm ab und schaute sich um, während Lucas den Rucksack aus dem Staufach holte.

„Hier entlang," sagte er und führte sie tiefer in den Wald. Die Stille der Nacht umgab sie, nur das gelegentliche Rascheln von Blättern und das entfernte Rufen von Nachtvögeln waren zu hören.

„Meine Familie hat bei Vancouver einen eigenen Wald am Rudelhaus," erzählte Lucas, während sie sich tiefer in den Wald bewegten. „Wir sind dort besser vorbereitet. Überall stehen Truhen mit Kleidung, falls man sich mitten im Wald zurückverwandelt. Das Rudelhaus in Montreal ist von Wasser umgeben und hat nur einen kleinen Wald, der kaum Platz bietet. Es ist eher als kleiner Auslauf gedacht." Er hob einen Ast, damit sie besser durch das Dickicht kam. 

„Hier im Park sind die Wölfe freier, aber auch auf sich selbst gestellt," fuhr Lucas fort. „Der Wald ist groß, und wir müssen darauf achten, dass wir den Anfangspunkt wiederfinden, sonst könnten wir im Wald erfrieren."

"Wie beruhigend.", murmelte sie spöttisch. Sie hatte nicht vor zu erfrieren. Ihr Rucksack enthielt eine lange Parka, zwei Isolierdecken, und Proviant, zudem einen Kompass und ein Ladegerät für ihr Telefon. Eigentlich hasste sie Campen. Dazu war sie viel zu chaotisch, tollpatschig und unvorbereitet. Wenn sie an eine Nacht im Wald dachte, juckte es sie am ganzen Körper. Aber sie würde sich diese Nacht nicht entgehen lassen.

Forbidden Desire: Alpha's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt