Kapitel 1

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Die "Potion Pub" im Norden von Vermont hatte einen ganz eigenen Charme, der auf den ersten Blick vielleicht nicht sofort ins Auge fiel. Dunkles Holz, gedämpftes Licht und ein Hauch von Nostalgie prägten die Atmosphäre des kleinen Lokals. Überall hingen alte, vergilbte Poster und Fotografien, die Geschichten von vergangenen Zeiten erzählten. Der Geruch von frisch gebrautem Bier und würzigen Kräutern erfüllte die Luft, während eine Band im Hintergrund spielte und eine fast magische Stimmung erzeugte.

Es war nicht der typische Ort, den Lucas Harper und seine Freunde normalerweise bevorzugten, um das Ende des Semesters zu feiern. Ihr Campus hatte unzählige moderne Bars und Clubs, die eher ihrem Stil entsprachen. Doch die "Potion Pub" war anders – ein wenig geheimnisvoll und unkonventionell, fast so, als würde sie in einer anderen Zeit existieren.

Lucas hatte sich eher widerwillig auf den Vorschlag eingelassen, hierher zukommen, das Viertel war nicht unbedingt für seine Sicherheit bekannt. Doch sein Freund, Jason, hatte sich in eine der Kellnerinnen verguckt. Also hatten sie solidarisch beschlossen, dem Armen zumindest mit ihrer Anwesenheit zu helfen. Während sein Kumpel verzweifelt auf seine Traumfrau wartete, saß Lucas mit Max und Andrew an der Bar. Mit einem Bier in der Hand lehnte Lucas sich zurück und blickte zu der unbekannten Rockband die gerade auf der Bühne spielte.

Seine Freunde und er gehörten alle zum ansässigen Fitzgerald Rudel, nun... rein technisch gehörte Lucas zum Hawthorne Rudel, das sein Territorium in Vancouver hatte und dessen Alpha und Luna seine Eltern Nathan und Serena waren. Aber sein Großvater war der Alpha der Fitzgeralds, und Lucas nun mal sein vorbestimmter Anwärter. Irgendwann – und dieses Irgendwann würde Lucas ziemlich bald ereilen, denn sein Großvater ging rasant auf seine 75 Jahre zu – würde er der Alpha der Fitzgeralds werden. 

Die Musik in der "Potion Pub" war inzwischen etwas lauter geworden, und das Stimmengewirr der Gäste füllte die Bar. Er entschied sich, noch ein Bier zu bestellen und hob die Hand, um die Aufmerksamkeit des Barkeepers zu erregen. Doch bevor er dazu kam, bemerkte er aus dem Augenwinkel eine Bewegung.

Eine junge Frau kam aus der Küche herein. Sie war klein, vielleicht 1,65 Meter groß, und schien etwa in seinem Alter zu sein. Ihre kurzen Stoffshorts und das schwarze Spitzen-Shirt gaben ihr ein unbeschwertes, aber stilvolles Aussehen. Die Kreolen an ihren Ohren schimmerten im gedämpften Licht, und ihre roten, gewellten Haare waren zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden. Das leichte Make-up betonte ihre markanten Augenbrauen und ihre auffällig grünen Augen. Doch was Lucas am meisten auffiel, war die leichte Nervosität, die sie ausstrahlte. Irgendetwas schien sie zu beängstigen, doch sie fasste sich gleich wieder und trat an die Bar.  

Lucas hob erneut die Hand, diesmal um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Sie bemerkte ihn und trat näher und beugte sich über die Bar um ihn besser hören zu können. Als sie sich über die Bar lehnte, um seine Bestellung entgegenzunehmen, konnte er einen kurzen Blick auf ihr Dekolleté mit einem kleinen Kristallanhänger darin erhaschen. 

"Ein Bier, bitte," sagte er ruhig. Sie gab ihm ein Zeichen, dass sie ihn wegen der Musik schlecht hörte. Er deutete auf sein leeres Glas.

Die Barkeeperin nickte und ging zum Zapfhahn. Lucas beobachtete sie, wie sie geschickt das Bier einschenkte. Doch in dem Moment, als sie das Glas ihm überreichen wollte, rutschte ihr das Glas aus der Hand.  Mit einem leisen Fluch sah er, wie die kalte Flüssigkeit sich über seinem Oberhörper ergoss. Das Glas zerschellte auf dem Tresen, und Scherben flogen in alle Richtungen. Als wolle er sich vor weiterer Flüssigkeit schützen, schob er mit einem Arm die Flüssigkeit davon und erwischte dabei eine der kleineren aber relativ scharfen Scherben. Er zuckte zusammen.

"Verdammt," murmelte die Barkeeperin, ihre Nervosität schien wieder zuzunehmen. Sie kam schnell mit einem sauberen Tuch um die Bar herum und begann, das Blut von seiner Hand zu tupfen.

"Es tut mir so leid," sagte sie leise, ihre Stimme zitterte leicht. Sie band das Tuch um seine Hand und ging dann zurück zur Bar.

"Hier, das sollte helfen," sagte sie als sie mit einem Pflaster zurückkam. Sie entfernte das vollgeblutete Tuch und steckte es in ihre Hosentasche. Ihre Finger berührten sanft seine Haut, und Lucas konnte den Duft von Zitrusfrüchten und Kräutern wahrnehmen, der von ihr ausging. 

"Danke," sagte er etwas verwirrt, als sie fertig war. "Es ist nicht so schlimm, wirklich."

"Du bist klitschnass.", stellte sie fest, "Ich könnte dir ein T-Shirt des Kochs bringen. Es hat zwar nicht ganz deine Größe, aber besser als nach einer Bierdusche mit nassem Shirt sitzen zu bleiben."

"Ich hatte eh vor, nicht lange zu bleiben.", sagte er, "Aber ich nehme das Angebot an."

Noch einmal verschwand sie in der Küche, diesmal etwas länger, und kam zurück mit einem Schwarzen Shirt Größe L. Lucas zog sein nasses Shirt aus. Einpaar Pfiffe einpaar Studentinnen an einem Tisch am anderen Ende des Pubs begleiteten sein Entkleiden.

Sie grinste. "Du scheinst einpaar Fans gewonnen zu haben."

Er schnaubte. "Unfreiwilligerweise.", kommentierte er.

"Warum? Stehst du nicht auf Frauen? Nicht, dass ich damit ein Problem hätte..."

Er zog sich das T-Shirt über, blickte sie mit hochgezogener Augenbraue an und lachte.  "Oh, ich stehe absolut auf Frauen."

Forbidden Desire: Alpha's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt