Kapitel 37

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Lucas lehnte sich in seinem Sessel zurück, den Blick auf das fehlende Feuer  im Kamin gerichtet, während die Worte seiner Mutter durch seinen Kopf hallten. Ihre Sorge um ihn war echt, das wusste er, aber Lucas war überzeugt davon, dass die Mondgöttin seine Entscheidung verstehen würde. Wie konnte sie auch nicht? Ein Verrat wie der von Ivy war unverzeihlich. Das Band zu lösen war der einzige Weg, um die Kontrolle über sein Leben zurückzugewinnen.

Er sehnte sich danach, endlich frei zu sein – frei von der unerträglichen Sehnsucht, die ihn seit drei Jahren quälte. Es war ein schneidendes, alles verzehrendes Gefühl, das ihn jede Nacht wach hielt, ihn nicht zur Ruhe kommen ließ. Wie konnte sein Großvater dieses Gefühl nur sein halbes Leben ertragen haben? Die Vorstellung, dass diese Qual bald ein Ende haben könnte, brachte ihm einen Hauch von Erleichterung. Er musste dieses Band lösen, egal was es kostete, oder er würde daran zugrunde gehen. Doch das konnte er seiner Mutter nicht sagen. Er konnte ihre Angst sehen, ihre stille Bitte, diesen Weg nicht zu gehen.

„Es wird funktionieren, Mom. Mach dir keinen Kopf. Ich habe alles im Griff," versprach Lucas und strich seiner Mutter beruhigend über die Schultern. Er zwang sich zu einem Lächeln, doch innerlich tobte ein Sturm.

Spät abends, als die Familie nach einer erfolgreichen Jagd im kleinen Wald hinter der Villa zurückgekehrt war, saß Lucas mit seinem Vater Nathan zusammen. Der Abend war kühl, die Luft schwer von den Gerüchen des Waldes, und die Stille der Nacht wurde nur durch das gelegentliche Rascheln der Bäume unterbrochen.

Nathan, der eine feste, beruhigende Präsenz ausstrahlte, sah seinen Sohn ernst an. „Du musst die Situation mit den Hexen endlich lösen, Lucas," begann er. Seine Stimme war ruhig, bestimmt. „Eine friedliche Lösung. Das Ereignis vor drei Jahren hat landesweit für Unruhen gesorgt. Hexen und Wölfe sind aufgewühlt, und der Krieg, der in Montreal einfach kein Ende findet, sorgt inzwischen auch in anderen Rudelgebieten für Spannungen, weil das Vertrauen zwischen beiden  Völkern beschädigt wurde. Die Hexen außerhalb konnten bisher verstehen, wieso wir den Krieg begonnen hatten. Um die Hexe zu finden, die deine Mutter verflucht hatte. Aber nachdem du begonnen hast, die Hexen hier zu jagen... Es wird für sie immer schwerer, nicht zu ihren Schwestern zu halten. Diese Spannungen entwickeln sich inzwischen zu einer  größeren Gefahr, wenn wir sie nicht eindämmen."

Lucas nickte langsam. Er wusste, dass sein Vater recht hatte. Die Situation war kompliziert, und die Zeit, sie zu lösen, lief ihm davon. „Ich weiß, Dad," sagte er. „Ich arbeite daran. Aktuell planen die Hexen hier in der Stadt etwas. Meine Kontakte berichten von einer Ansammlung ungewöhnlicher Energien, und ich fürchte, dass sie bald bereit sind, uns anzugreifen."

„Handelt es sich um die Hexen im Reservat?" fragte Nathan.

Lucas schüttelte den Kopf. „Vielleicht einige von ihnen, aber nicht der gesamte Coven. Ich denke, es sind eher die Hexen, die nach dem Vorfall vor drei Jahren untergetaucht sind. Sie haben sich neu formiert und könnten bald stark genug sein, um uns ernsthaft zu gefährden."

Nathan ließ die Informationen einen Moment sacken, bevor er sich vorbeugte, die Hände auf die Lehnen seines Sessels gelegt. „Umso wichtiger ist es, dass du einen klaren Kopf behältst, Lucas. Du musst das Problem mit deiner Gefährtin lösen," sagte er eindringlich. „Schaff sie aus deinem System. Lass dich nicht ablenken."

Lucas spürte, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten. Die Wahrheit war, dass Ivy längst mehr als eine Ablenkung für ihn war. Sie war ein Knoten, den er nicht zu lösen vermochte, ein ständiger Stachel in seinem Geist. „Einfacher gesagt als getan," murmelte er.  Der Gedanke, Ivy aus seinem Leben zu verbannen, war wie eine Wunde, die nicht heilen wollte. Aber er musste es tun, um das Rudel zu schützen. Um sich selbst zu schützen.

Forbidden Desire: Alpha's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt