Kapitel 19

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Lucas schlenderte mit Ivy durch den Campuspark, eine Hand  in den Taschen seines Mantels vergraben, in der anderen Hand den Kaffee. Und wen ner beides nicht hätte, hätte er sie einfach zu gern umarmt. Der Wind wehte sanft durch die Bäume, raschelte die Blätter und brachte den Duft von Erde und feuchtem Gras mit sich. Seine Gedanken waren ein chaotisches Durcheinander, während er sie beobachtete. 

Er hatte gewusst, dass sie noch in der Stadt war, schließlich erhielt er jeden Abend die Taxi-Rechnung für ihre Fahrt nach Hause. Es war eine stille Art, für sie zu sorgen, ohne ihr direkt zu begegnen. Doch die Sehnsucht, sie zu sehen, hatte in ihm gebrannt, ohne dass er dieser nachgehen würde. Er hatte sie vermisst. Mit jedem Tag, den er von ihr entfernt war, hatte er mehr gespürt, wie gut es ihm tat, sie in seiner Nähe zu haben. Ihr unverwechselbarer Duft nach Lavendel und Rosmarin hatte ihn sofort getroffen, als er das Café betreten hatte.

"Ich bin froh, dass du noch hier bist.", sagte er zögernd.

Sie zuckte bei seinen Worten zusammen. "Es kam etwas dazwischen. Ich bleibe wohl etwas länger," gestand sie. Ihre Stimme klang enttäuscht, als ob sie selbst nicht genau wusste, ob sie darüber froh oder besorgt sein sollte.

Er fühlte, wie seine Energie zurückkehrte, als ob ihre bloße Anwesenheit ihn antrieb. Sein Wolf scharrte in seinem Kopf vor Freude, als er begriff, dass sie noch hier bleiben würde. Es war, als ob er wieder vollständig atmen konnte.

"Ich verstehe," sagte er sanft. "Manchmal kommt das Leben dazwischen." Dann grinste er.

"Oh, tu nicht so als ob es dir leid tut.", sagte sie lächelnd.

"Ich werde nicht behaupten, dass ich unglücklich darüber bin.", gestand er.

Er wollte ehrlich mit ihr sein, wollte ihr alles erzählen, doch diesmal würde er es sanfter angehen. Sie war ein Mensch, und das Band, das sie fühlte, war für sie etwas Unerklärliches, wenn sie es überhaupt bemerkte. Aber er merkte es von Tag zu Tag deutlicher. Er hatte tagelang seine Göttin verflucht und vermutlich ihren Zorn auf sich gelenkt. Aber er hatte es fürs erste akzeptiert. 

Er hielt an. "Ich will dich bei mir haben Ivy. Offensichtlich ziehen wir uns an wie zwei Magnete. Also will ich das ganze Programm. Ich will mit dir ins Kino gehen, ich will dich ausführen, kitschig  deine Hand halten. Alles das, was normale Paare tun." Er blickte sie ernst an, "Was auch immer dich davon abhält, dies mit mir zu tun... ignorier es für einen Augenblick. Was hast du zu verlieren?"

Ja, was hatte sie zu verlieren, dachte Ivy. Sie war am Ende angekommen, ihre einzige Möglichkeit, ihre Schwester zu retten, war gescheitert und sie konnte es nicht einmal Lucas oder jemand anderem erzählen. Die Last dieser Erkenntnis drückte schwer auf ihre Schultern. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander, unaufhaltsam und schmerzhaft.

Sie hatte absolut niemanden, außer ihm. Lucas, mit seinen sehnsüchtigen Augen, die ihm seine ganze Welt anboten, war ein perfekt dargebotene Anker, den sie dringend brauchte. Die Art, wie er sie ansah, als wäre sie das Kostbarste auf der Welt, ließ ihr Herz schwer werden und gleichzeitig leichter schlagen. Der Gedanke daran, für einen Moment dieser Mensch zu sein, für den er sie hielt, war verlockend. Es versprach Vergessen und ein Stückchen Glück, das sie so verzweifelt suchte. 

Langsam, fast zögerlich, nickte sie.


Die Wochen vergingen wie im Flug. Ivy und Lucas verbrachten jede mögliche Sekunde miteinander. Es war eine Zeit, die sich wie ein Traum anfühlte, voller Lachen, Spaß und intensiver Nähe. Sie entdeckten versteckte Ecken der Stadt, besuchten Konzerte, und verbrachten unzählige Stunden in Cafés und Parks, wo sie sich über alles unterhielten, was ihnen in den Sinn kam. Ivy schwänzte mehrmals ihre Schichten im Pub, und jede verpasste Stunde schien bedeutungslos im Vergleich zu den Momenten, die sie mit Lucas verbrachte Jede Sekunde fühlte sich kostbar an, und sie wusste, dass sie diese Zeit niemals vergessen würde. Auch Lucas schien seine Pflichten bei seinem Großvater etwas zu vernachlässigen. 

Forbidden Desire: Alpha's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt