Kapitel 53

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Ivy öffnete langsam die Augen und blinzelte ins schwache Morgenlicht, das durch die Fenster schien. Sie fühlte sich merkwürdig benommen, als wäre sie in eine Welt zurückgekehrt, die sie längst verlassen hatte. Ihre Verwirrung wuchs, als sie die vertrauten Umrisse des Zimmers erkannte: der blassgrüne Anstrich der Wände, die alten Regale voller Flaschen und Gläser, das große, bodenlange Fenster mit der sanft schwingenden Gardine. Es war ihr Zimmer – das Zimmer über ihrem kleinen Shop "Whispering Charms" in Aurora Bay.

"Was...?" Ein leises Keuchen entfuhr ihr, als sie versuchte, sich aufzurichten, doch ihr Körper war schwer und schwach. Ivy fühlte sich, als hätte sie in einer anderen Zeit gelebt, als wäre alles, was passiert war, nur ein Traum gewesen. Ihr Kopf drehte sich. Sie konnte nicht fassen, dass sie hier lag, in einem Bett, das sie seit Wochen nicht mehr gesehen hatte. War all das nur ein Produkt ihrer Vorstellungskraft gewesen? Ein Traum?

„Endlich bist du wach," erklang eine sanfte Stimme neben ihr. Ivy drehte ihren Kopf langsam zur Seite und sah in das besorgte, aber liebevolle Gesicht ihrer Schwester Ellie. Ivy spürte, wie ein Schauer über ihren Rücken lief. Das Bild von Ellie – gefangen unter dem Bann von Oleandra und Astra – blitzte vor ihrem inneren Auge auf, das kalte, puppenhafte Gesicht ihrer Schwester, die sich gegen ihren Willen in eine Waffe verwandelt hatte.

Aber jetzt war es nicht dieses Gesicht, das sie ansah. Es war das Gesicht ihrer sanften, herzlichen Schwester, die sie mit einem zarten Lächeln musterte.

„Ellie..." flüsterte Ivy, immer noch verwirrt. „Was mache ich hier?"

Ellie griff sanft nach ihrer Hand und hielt sie fest. „Du warst in einer Art Schlaf. Seit einem Monat", erklärte sie leise. „Wir wussten nicht, ob du wieder aufwachen würdest. Alpha Lucas meinte, dass du vielleicht hier, in deinem Zuhause, eher aufwachen würdest. Also hat er dich herbringen lassen."

Ivy versuchte, die Worte ihrer Schwester zu verarbeiten. „Herbringen... Also war es doch kein Traum?" murmelte sie. Ihre Gedanken überschlugen sich. Nichts war realer als die letzten Wochen gewesen – die Kämpfe, das Rudel, Lucas. Lucas. Ein Schauer durchfuhr sie, als sie an ihn dachte. Er war ihr Zuhause gewesen, nicht dieses Zimmer. Nicht Aurora Bay. Der Gedanke an ihn ließ Tränen in ihre Augen steigen. Hatte er sie wirklich gehen lassen? Hatte er sie hierhergebracht und sie dann... fallen gelassen?

Ellie bemerkte die Tränen, die über Ivys Wangen rollten, und ohne ein Wort zog sie ihre Schwester sanft in eine Umarmung. „Es tut mir so leid, Ivy. Es tut mir so leid für alles, was passiert ist," flüsterte Ellie mit brüchiger Stimme. Ivy konnte die Erschütterung in Ellies Worten spüren, die Reue, die aus jeder Silbe tropfte.

„Aber es war nicht deine Schuld," flüsterte Ivy, Tränen in den Augen. 

„Oleandra und Astra haben mich gefunden. Sie haben mich wieder gebannt und mich dazu gezwungen, Dinge zu tun, die ich nie wollte. Ich... Ich hätte dich fast getötet, Ivy. Dich und das ganze Rudel. Deinen Gefährten... Ich..."

„Sch...", Ivy legte einen Finger auf Ellies Lippen. „Du musst dich nicht für die Fehler von Oleandra und Astra entschuldigen. Du bist genauso ein Opfer wie wir alle. Sie haben dich manipuliert. Du konntest nichts tun." Ivy versuchte stark zu wirken, aber die Erschöpfung und der Schmerz, den sie tief in ihrem Inneren fühlte, ließen sie fast ersticken.

„Aber ich hätte dich fast getötet!", rief Ellie, ihre Stimme nun lauter, verzweifelter. „Ich... Ich bin deine Schwester! Ich hätte dich beschützen sollen, nicht gegen dich kämpfen!" Die Tränen flossen unaufhörlich über Ellies Wangen.

"Du kannst nichts dafür, Ellie." Ivys Worte waren sanft, aber entschlossen. „Du warst nicht du selbst. Das, was in dieser Nacht passiert ist, lag nicht in deinen Händen. Wir haben überlebt, und das zählt. Wir beide."

Forbidden Desire: Alpha's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt