Kapitel 8

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Ivy saß Lucas gegenüber und konnte nicht umhin, seine durchdringenden Augen zu bemerken, als er seine letzten Worte sprach. Der Ausdruck in seinem Gesicht zeigte, dass er jedes Wort, das er sagte, ernst meinte. Seine Stimme war leise, aber eindringlich, und Ivy konnte spüren, dass er keine leeren Drohungen aussprach.

Sie fühlte eine Welle der Wut in sich aufsteigen und schob das Telefon wieder zu ihm, die Geste betonte ihre Abneigung gegen diese offensichtliche Bestechung.

"Ich brauche das nicht. Ich werde dich auch so nicht verraten," sagte sie scharf beim aufstehen, "Ohne deine verdammte Morddrohung." Sie war im Begriff zu gehen, doch Lucas hielt sie auf. Seine Hand griff nach ihrem Arm, und in dem Moment, als er sie berührte, spürten sie beide einen starken Elektroschock durch ihre Fingerspitzen fahren. "Verdammt," fluchte er und ließ kurz los. Doch Lucas ließ sich nicht abwimmeln.

"Hör zu... das ist mir sehr wichtig. Du bist ein Sicherheitsrisiko für uns, auch wenn du das nicht gern hörst. Es tut mir leid, wenn dich das verletzt hat, aber ich wollte ehrlich mit dir sein," sagte er, seine Stimme jetzt weicher, aber nicht weniger ernst. Er drückte ihr das Telefon in die Hand. "Du kannst mich jederzeit kontaktieren. Egal weswegen. Ich habe es ernst gemeint."

"Nun...", sagte Ivy nachdenklich, "es gibt tatsächlich etwas, was du für mich tun könntest."

Lucas blickte sie neugierig aber misstrauisch an. "Was wäre das?"

"Nächsten Samstag ist Vollmond. Nimm mich mit auf die Jagd," sagte sie, ihre Stimme fest, aber ihre Augen zeigten eine Mischung aus Neugier und Ehrfurcht.

Er sah sie an, als wäre sie völlig verrückt geworden. "Auf gar keinen Fall nehme ich dich während des Vollmonds zur Jagd.", sagte er ruhig.

"Ich bin nicht aus Zucker. Ich werde das schaffen.", konterte sie, "Gestern konnte ich dich nicht wirklich nach deiner Verwandlung ansehen. Es war zu schnell vorbei. Ich will deinen Wolf sehen. Auf deinem Rücken sitzen, während du durch den Wald jagst."

Sie wusste selbst, dass das eine verrückte Idee war, und sie vermutlich wie ein Fangirl klang. Aber noch besser als Alpha-Blut für das Ritual, das sie brauchte, war sein wunderschönes graues Fell. Wann würde sie jemals wieder die Gelegenheit bekommen, eine so starke Zutat zu bekommen? Vermutlich nur wenn sie ihre Seele verkaufen würde.

"Ich bin kein Pferd, weißt du, es gibt sicher andere Wege um mich zu reiten...", erwiderte er und sah plötzlich so aus, als hätte Ivy einen Schalter berührt, den sie hätte lieber nicht umschalten dürfen.

Seine Worte pflanzten ein Bild in ihren Kopf, das sie lange nicht loswerden würde. Aber die Ivy, die sie war, machte sie ein trockenes Würgegeräusch und löste das Problem der Anziehung humorvoll.

„Keine Sorge, Cowboy," sagte sie mit einem spöttischen Lächeln. „Deine privaten Reitstunden interessieren mich nicht." Sie klopfte ihm tätschelnd auf die Wange, was ihn provozieren sollte. Leider gelang es ihr viel zu gut.

Er trat so nahe zu ihr, dass sie beim Zurückweichen gegen das Bücherregal hinter ihr prallte. Ihre Rücken stieß gegen die kalten, harten Kanten der Regale, und sie konnte die unnachgiebigen Bände in ihrem Rücken spüren. Lucas berührte sie nicht direkt, doch die geringe Entfernung ließ ihre Haut prickeln, als würde seine Körperwärme sie einhüllen. Sein Atem strich über ihre Wange, warm und verlockend, und der Duft nach Mann und würzigem Rasierwasser stieg in ihre Nase.

Sein Gesicht war nur Zentimeter von ihrem entfernt, so nah, dass sie die feinen Linien und die winzigen Nuancen in seinen blauen Augen erkennen konnte. Die Intensität seines Blicks hielt sie gefangen, und es schien, als ob die Zeit stillstand. Er beugte sich leicht vor, als würde er sie gleich küssen wollen, seine Lippen nur einen Hauch von ihren entfernt. Ihr Atem stockte, und ihr Herzschlag beschleunigte sich. Ein unerklärliches Verlangen durchzog ihren Körper, und sie musste gegen den Drang ankämpfen, sich ihm entgegenzubeugen und den Raum zwischen ihnen zu überwinden.

Ihre Augen trafen sich in einem stummen Dialog, und sie hob ihr Gesicht ihm entgegen, ihre Lippen leicht geöffnet. Jeder Muskel in ihrem Körper war angespannt, erwartungsvoll, als ob sie auf ein unausweichliches Ereignis wartete. Doch dann, im letzten Moment, sprach er. Seine Stimme war tief und rau, und sie spürte die Vibrationen seiner Worte, als ob sie durch die Luft zitterten und direkt in sie eindrangen. „Du hast keine Ahnung, worauf du dich da einlässt, Ivy, wenn du denkst, dass du du mit mir spielen kannst." flüsterte er, und die rauchige Tiefe seiner Stimme ließ ihre Haut erneut kribbeln.

Mit einer geschmeidigen Bewegung trat er einen Schritt zurück und ließ sie atemlos und verwirrt zurück. Die plötzliche Distanz ließ sie die kühle Luft um sich herum spüren, und sie erkannte, dass sie den Atem angehalten hatte.

Er räusperte sich. "Samstag also... Ich hole dich abends ab."


Lucas fasste es nicht, dass er sich von einem Menschen so aus der Fassung hatte bringen lassen. Er war der entspannte, ruhige Typ, der alle Probleme in Ruhe lösen konnte. Aber sie hatte seinen Wolf so getriggert, dass er kurzzeitig übernommen hatte. Wie konnte das passieren? Er hatte seinen Wolf unter Kontrolle, oder nicht? Der Gedanke, dass seine Wolf-Seite so plötzlich die Oberhand gewinnen konnte, beunruhigte ihn zutiefst.

Es war eine dumme Idee, sie auf dem Motorrad mitzunehmen. Während er sie nach dem Vorfall heimfuhr, spürte er jede Bewegung ihres Körpers. Sie klammerte sich fest an ihn, ihre Hände umklammerten seine Taille, ihre Brust presste sich gegen seinen Rücken, und ihre Beine lagen eng an seinen, nur durch den dünnen Stoff ihrer Strumpfhose und ihres Rocks getrennt.

Das Gefühl ihrer Nähe, die Wärme, die von ihrem Körper ausging, und ihr leichter, verführerischer Duft ließen seinen Puls rasen. Jeder ihrer Atemzüge schien synchron mit seinem eigenen zu sein, und das sanfte Heben und Senken ihrer Brust gegen seinen Rücken brachte ihn fast um den Verstand. Es war nicht nur sein Wolf, der reagierte; es war auch der Mann in ihm, der sich zu ihr hingezogen fühlte.

Als sie schließlich vor ihrem Haus ankamen und sie sich von ihm löste, fühlte er sich plötzlich erleichtert. Das kalte Wetter kroch in die Stellen, wo eben noch ihre Wärme gewesen war. Ivy stieg ab, und reichte ihm den Helm.

"Er gehört dir.", sagte er ohne seinen Helm abzunehmen, "Bring ihn Samstag mit. Und zieh dich warm an, es ist verdammt kalt in den Wäldern."

Sie presste den Helm wieder an sich und stand neben ihm, unsicher, was sie ihm sagen sollte. Dann drehte sie sich um und lief zurück zu ihrem Apartmenthaus.

Sie war keine Frau, die sich leicht einschüchtern ließ, und das bewunderte er an ihr. Doch er wusste auch, dass er vorsichtig sein musste. Ihre Welt und seine Welt waren zu unterschiedlich. Aber genauso real war auch das Verlangen, das ihn zu ihr hinzog.

Lucas atmete tief durch und schüttelte den Kopf, als ob er damit die verwirrenden Gedanken vertreiben könnte. Seine Finger krampften sich um die Lenkergriffe des Motorrads, und er spürte den Nachhall ihrer Berührung auf sich. Was hatte sie nur an sich, dass sie ihn so durcheinanderbrachte?

Forbidden Desire: Alpha's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt