Kapitel 36

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Lucas saß an seinem Schreibtisch, den Blick starr auf die Tabellen vor ihm gerichtet, doch seine Gedanken waren meilenweit entfernt. Statt sich auf die Geschäftszahlen zu konzentrieren, kehrten seine Gedanken immer wieder zu Ivy zurück. Der Kuss – so wild, dass er ihm den Atem genommen hatte – spukte ihm unaufhörlich im Kopf herum. Ihr weicher, anschmiegsamer Körper, der sich so perfekt an seinen geschmiegt hatte, die Wärme, die sie ausgestrahlt hatte, war noch immer spürbar. Es war, als hätte ihr Kuss eine Lawine losgetreten, die nun nicht mehr zu stoppen war.

Seit Wochen schon kämpfte er gegen das Verlangen an, in ihr sein zu wollen, ein Verlangen, das mit jedem Tag stärker geworden war. Doch jetzt, nach diesem verdammten Kuss, war es beinahe unerträglich. Er konnte ihre Lippen noch immer auf seinen spüren, das sanfte Zittern, das durch ihren Körper gegangen war, als sie sich ihm hingegeben hatte. Ihr einzigartiger Duft, der ihn überallhin verfolgte.

Doch er musste sich zügeln. Der Schmerz des Verrats saß tief. Jedes Mal, wenn er daran dachte, wie sie ihn verraten hatte, überkam ihn ein scharfer Stich der Bitterkeit und ließ jeden Geschmack nach ihr verfliegen. Er wusste, dass er ihr nicht nachgeben durfte, dass er sich von diesen Gefühlen nicht beherrschen lassen durfte. Aber verdammt, es war schwer. 

Noch dazu war Ivy fast dafür verantwortlich gewesen, dass er ein Rudelmitglied hätte töten müssen, für einen dummen harmlosen Kuss. Sie konnte zauberhaft und sinnlich sein, ohne es zu merken, eine wunderbare Zuhörerin und eine intelligente Gesprächspartnerin. Kein Wunder hatte Kayden den Versuch gewagt, sie für sich zu gewinnen. Dieser Idiot. Beinahe hätte es ihn das Leben gekostet. Wäre Ivy nicht dazwischen gegangen, hätte sie nicht die Schuld auf sich genommen. Jetzt musste ein anderer auf sie aufpassen und diesem Mann würde er seine Seele anvertrauen.  Sein Beta war nicht sonderlich begeistert, aber er hatte den Dienst respektvoll angenommen.

Gerade als er sich wieder auf die Arbeit konzentrieren wollte, klopfte es leise an der Tür und Boris trat ein. „Alpha Lucas, es gibt überraschenden Besuch," sagte er mit einer kurzen Neigung des Kopfes.

 „Wie bitte?" fragte Lucas verwirrt, als wäre er gerade aus seinen Gedanken gerissen worden. 

„Ihre Familie ist angereist, Sir," wiederholte Boris ruhig.

Lucas runzelte die Stirn, nun vollständig in die Realität zurückgekehrt. „Meine Familie?" Das war unerwartet. Er versuchte, einen Grund für ihren Besuch zu finden. Dann fiel es ihm ein – sein Geburtstag stand in einpaar Tagen bevor. Natürlich. Es war die einzige Erklärung, warum seine Eltern und seine Schwester den weiten Weg auf sich genommen hatten.

„Nur meine Eltern?" fragte er zur Bestätigung.

Boris schüttelte den Kopf und fügte mit einem leichten Lächeln hinzu: „Ihre Schwester auch."

Ein warmes Gefühl breitete sich in Lucas' Brust aus. Er hatte seine Eltern und seine Zwillingsschwester seit über einem Jahr nicht mehr persönlich gesehen, und der Gedanke, sie wiederzusehen, brachte ein ungewohntes Gefühl von Freude mit sich. Er stand auf, ließ die Arbeit und die Gedanken an Ivy hinter sich, und machte sich auf den Weg, um seine Familie zu begrüßen.

♥ 

Lucas stand in der Einfahrt des Anwesens, die Hände in den Taschen vergraben, als der schwarze SUV langsam die Auffahrt entlangfuhr. Sein Herz schlug schneller bei dem Anblick des Fahrzeugs, das ihm so vertraut war. Der Motor erstarb, und die Türen öffneten sich, als seine Familie ausstieg. Zuerst erblickte er seine Eltern, Serena und Nathan. Seine Mutter, mit ihrem langen, blonden Haar, das im sanften Wind wehte, strahlte eine natürliche Eleganz aus. Serena, die nun 53 Jahre alt war, sah umwerfend aus in ihrem cremefarbenen, maßgeschneiderten Mantel, der ihre schlanke Figur betonte. Ihre stahlblauen Augen blitzten vor Freude, als sie ihren Sohn sah.

Forbidden Desire: Alpha's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt