Kapitel 10

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Lucas saß neben Ivy, als sie erwachte. Er hatte sich inzwischen wieder vollständig angezogen und seine Arme locker um seine Knie geschlungen. Sein Blick war in die Ferne gerichtet, wo man den kleinen Wasserfall sehen konnte, den sie in der Nacht besucht hatten. Das sanfte Rauschen des Wassers und die ersten Strahlen der Morgensonne, die durch die Baumwipfel brachen, gaben der Szene eine fast schon magische Atmosphäre.

Als er merkte, dass Ivy wach war, wandte er sich ihr zu und lächelte. "Geht es dir gut?" fragte er.

"Soll das ein WItz sein?", fragte sie euphorisch. Sie setzte sich auf. „Das war das wildeste Erlebnis meines Lebens," gestand sie und schaute ihn mit einem Lächeln an. „Das war unglaublich, Lucas. Und ihr erlebt das jederzeit, wann ihr wollt."

Er drosselte ihre Euphorie. "Die Mondgöttin schenkte diese Gabe nur Alphas und Betas. Die anderen in unserem Rudel verwandeln sich lediglich zum Vollmond, wie du es aus den Mythen kennst. Glaub mir, das macht die Welt um einiges sicherer. Nicht jeder von uns lebt nach den Werten, die wir uns mit den Menschen teilen."

"Du hast dich letzte Woche verwandelt...Also wirst du irgendwann Alpha?", fragte sie leise.

"Irgendwann.", sagte Lucas, "Ich bin ganz sicher noch nicht bereit dafür. Mein Großvater Jackson führt das hiesige Rudel an und ich bin sein Erbe. Er macht das ziemlich gut. Jedenfalls seit zwei Jahrzehnten. Er musste seine Verantwortung erst einmal erkennen. Als meine Mom klein war... beziehungsweise... ein Teenager, wurde sie von einer Hexe verflucht. Er wußte damals nicht, dass sie seine Tochter ist und als ihr Wolf nicht erwacht war, wurde sie als Omega – unser niedrigster Rang – ziemlich schlecht behandelt. Als Jahre später aufgedeckt wurde, was passiert war, hatte er das gesamte Rudel umgekrempelt. Seitdem hat er eine gerechtere Art zu regieren, für sich entdeckt."
"Deine Mom wurde verflucht?", hakte Ivy nach.
"Ja... ihr damaliger Ziehvater hatte ihr das angetan... mit Hilfe einer Hexe. Eine andere Hexe hatte meinen Vater durch sein Blut in ihrem Bann. Ich wäre nicht auf der Welt, wenn sie nicht durch einen Angriff gestorben wäre. Deshalb verstehen sich Hexen und Wölfe hier in der Umgebung nicht mehr so gut. Über Jahre hinweg gab es einige territoriale Machtkämpfe in der Stadt."

"Und du?", fragte sie leise, "Was hältst du von Hexen?"

Er zuckte mit den Achseln. "Einige sind harmlos, sie können keiner Fliege etwas zuleide tun. Aber andere...Sie verbreiten Chaos und nutzen dazu ihre Macht aus. Leider weiß man nie, welcher Art von Hexe man begegnet. Wir haben zwei Covens in Montreal. Keine davon sollte Jackson oder mir begegnen, bevor sie nicht verraten, welche der Hexen geholfen hatte, meine Mutter zu verfluchen. Sie weigern sich seit Jahren." 

"Deine Mutter muss sehr gelitten haben.", sagte sie etwas angespannt. 

"Ihr Wolf wurde weggesperrt... ihre Identität, ein Teil ihrer Seele... all das wurde ihr genommen. Ich kann mir nur vorstellen, wie das ist.", erklärte Lucas. "Tut mir leid, ich sollte dich nicht mit der Vergangenheit meiner Familie belästigen."

Sie stand auf. "Es stört mich nicht. Es war sehr aufschlussreich...", sagte sie leise und begann ihre Sachen zusammen zu packen.

Lucas stand auf und begann ihr beim Packen zu helfen. "Hast du Familie in der Stadt?"

Sie dachte kurz nach, schüttelte aber langsam den Kopf. „Ich hab nicht mehr so viel Kontakt zu meiner Familie. Die meisten leben nicht mehr in Montreal. Ich habe nur noch meine Tanten hier, die mich großgezogen haben, aber wir verstehen uns nicht mehr so gut.", sagte sie und wirkte dabei verletzt.

Lucas hielt beim Packen inne und blickte sie an. "Und deine Eltern?"

Sie zuckte mit den Schultern, als würde es sie nicht kümmern, doch er fühlte, dass es sie kümmerte. "Meinen Vater kenne ich nicht. In meiner Familie halten die Beziehungen zu Männern nicht besonders lange... Und meine Mutter... sie hat sich vor Jahren abgesetzt und meine ältere Schwester und mich bei meinen Tanten gelassen."

Forbidden Desire: Alpha's GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt