2 Es riecht nach Krieg

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In einer verschwiegenen Ecke des jugoslawischen Restaurants erzählte Tom Björn von den Unternehmungen der Gruppe auf Zypern, wobei er ihre Treffen mit Makarios und dem Chef des Geheimdienstes nicht erwähnte. Vielmehr beschränkte er sich sozusagen auf den operativen Teil, der Björn sehr nachdenklich machte.

„Nikos hat mir in Bonn ein paar Dinge erzählt, aber das hier hört sich doch um einiges gefährlicher an," meinte er. „Ich hätte das nicht drauf. Wie habt Ihr das eigentlich gelernt?"

„Wir haben alle so angefangen, wie Du das im Sommer tun wirst, mit Kurierfahrten," erklärte Tom. „Mein erster Auftrag war, Funkgeräte für den Widerstand auf eine Insel zu schmuggeln. Im Lauf der Zeit passieren alle möglichen Dinge, von denen man lernt. Vor allem sieht man seine Umgebung mit anderen Augen. Man wird viel aufmerksamer. Aber wir haben auch immer trainiert, israelische Selbstverteidigung zum Beispiel. Ich mache jeden Tag Kraftübungen."

„Hast Du eigentlich nie Angst?" fragte Björn.

„Doch, aber ich verdränge sie, solange ich auf einem Auftrag unterwegs bin. Was nicht heißen soll, dass wir unvorsichtig sind. Danach kann es auch schon mal passieren, dass ich mich bei Nikos ausheule. Manchmal beten wir auch."

„Da wär ich jetzt nicht drauf gekommen. Bist Du katholisch?"

„Eigentlich evangelisch. Aber ich gehe auch gerne in eine Moschee. Wir waren in Damaskus in der großen Moschee, die ist unglaublich. In einem Schrein liegt angeblich der Kopf von Johannes dem Täufer, der von Christen und Moslems verehrt wird. Die Moslems glauben, im Vorhof der Umayyaden-Moschee wird Jesus gegen den Teufel den entscheidenden Kampf austragen."

„Jesus? In einer Moschee?"

„Ja, der ist für die Moslems auch ein Prophet. So ähnlich wie in der Bibel heißt es im Koran, dass er wiederkommen wird, um Moslems und Christen zu vereinen, wenn er an der Seite des Mahdi den letzten Kampf gewonnen hat."

Björn schüttelte den Kopf:

„Du glaubst diesen Quatsch?"

„Nicht jedes Wort, das in der Bibel oder dem Koran steht," antwortete Tom. „Schon gar nicht, was die Priester oder Imame predigen. Aber Nikos hat mal gesagt, es ist ein gutes Gefühl, dass es irgendwo einen gibt, der auf uns aufpasst. Ungefähr so sehe ich das auch. Auf so einer Mission hilft es gegen die Angst, wenn Du mal eine Stunde betest, oder meditierst, wie ich es lieber nenne."

„Tom, könnte es sein, dass ich von Dir und Deinen Leuten und dem, was Ihr macht, ganz falsche Vorstellungen habe?"

„Wahrscheinlich. So wie wir anfangs von Dir. Aber Du wirst klarer sehen, wenn Du erst mal in Agios Andreas bist. Oder kriegst Du kalte Füße?"

„Im Gegenteil. Ich kann's gar nicht erwarten, endlich nach Griechenland zu kommen."

***

Oberst Schadewald, Abteilungsleiter im Ministerium für Staatssicherheit der DDR, fasste die Berichte seiner Mitarbeiter zusammen:

„Tom und dieser Major Klein sind also plötzlich wieder da, und zwar in Bonn. Sie besuchen die Hardthöhe, nachdem sie zwei Wochen lang vom Erdboden verschluckt waren. Jetzt ist er wieder in seiner Einheit. Es wird allerhöchste Zeit, dass wir uns mit ihm unterhalten. Er ist anscheinend nie allein, also müssen wir uns etwas einfallen lassen. Da kommt, glaube ich, seine Verlobte Sophia ins Spiel. Sie scheint fast untergetaucht zu sein und wurde nur jeweils montags bei dem wöchentlichen Treffen ihrer Klettergruppe gesehen. Da setzen wir an."

Er erläuterte seinen Untergebenen, wie man Tom dazu bewegen könnte, ganz freiwillig zu ihnen zu kommen. Anschließend diskutierten die Stasi-Mitarbeiter die organisatorischen Möglichkeiten. Der 26. Mai, ein Samstag, wäre der frühestmögliche Termin für die Durchführung der Aktion.

Die richtigen Leute Band 11: Dürre im SahelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt