Nachdem Tom und Nikos wieder zu den anderen gestoßen waren, bauten sie ihr provisorisches Schattenreich ab und ritten zurück. Mansour war tatsächlich noch nicht da. Aber das Essen war fertig, und das war keine Minute zu früh, denn sie hatten seit dem Frühstück nur ein paar Datteln gegessen. Als sie gerade Couscous, Fleich und Soße in ihre Blechschalen gelöffelt hatten, hörten sie ein Auto. Mansour und Hassan setzten sich zu ihnen und aßen mit, ohne das Thema des Tages zu erwähnen. Stattdessen wurden Gesundheitszustand und Gemütsverfassung der Familien erörtert. Peter stocherte in seinem Essen herum, ohne einen Löffel zum Mund zu führen. Mansour sah es mit Genugtuung.
Nach dem Essen begab sich Mansour mit Tom und Nikos in das kleine Besprechungszelt und ließ sich ausführlich Bericht erstatten. Sie versuchten, Peters Verfehlungen in einem möglichst milden Licht erscheinen zu lassen. Mansour musste schmunzeln:
„Also eigentlich ist er gar kein richtiger Spion, und eigentlich ist er nur gezwungen worden, und eigentlich ist er ganz nett, und eigentlich nützt er uns als Arzt viel mehr, als wenn wir ihn einsperren. Sehe ich das richtig?"
„Eigentlich schon," grinste Tom. „Was ist denn los? Dein Funkspruch war ja schon hier, als wir ankamen."
„Ich hatte nach Deinem Anruf Leute in das Hotel des Doktors und in die Klinik geschickt. Die sollten sich mal umsehen. Im Hotel haben sie nichts Verdächtiges gefunden, aber in dem Krankenhaus war Chaos: kein Doktor da. Auch der Oberarzt nicht. Ich habe den Flughafen angerufen, und siehe da, der Herr Doktor war seit einer Stunde in der Luft."
„Und jetzt?" fragte Tom.
„Jetzt verhöre ich den jungen Mann. Hassan soll ihn herbringen."
Peter folgte Hassan mit hängenden Schultern. Im Zelt war die Stimmung auch nicht besonders gut.
„Eigentlich tut er mir ein bisschen leid," sagte Fred. „Der ist nun wirklich kein Böser."
„Eher ein Blöder," stimmte Nikos ihm zu. „Ich frage mich, ob die Geheimdienste alle solche Amateure beschäftigen."
„Und ob. Nicht der MAD, natürlich. Wir bilden unsere Leute schon ordentlich aus." Fred unterbrach sich und grinste in die Runde. „Was man ganz besonders an Euch sieht. Nein, im Ernst. Das Schicke an solchen Leuten wie Peter ist, dass man sie nicht mühevoll irgendwo raushauen muss, wenn sie verbrennen. Man lässt sie einfach in irgendeinem Knast vergammeln. Die wissen meist so wenig, dass das gar kein Risiko ist. Allerdings sind die Ergebnisse, die sie liefern, auch nicht viel wert."
Tom nutzte Peters Abwesenheit aus, um eine Frage loszuwerden, die ihn seit gestern beschäftigte:
„Sag mal, Fred, was hast Du eigentlich den ganzen Tag mit dem Geheimdienstchef besprochen?"
„Ach, dies und das," wich der MAD-Chef aus.
„Warum so einsilbig?"
„Ihr müsst ja auch nicht alles wissen."
Inzwischen war es schon dunkel. Die Campsoldaten hatten einen ordentlichen Holzvorrat angelegt und schlugen vor, ein Lagerfeuer zu machen. Zum Glück hatte Martin aus Phils Wohnung eine Gitarre mitgenommen. So konnten sie wenigstens ein bisschen zusammen singen. Irgendwann schaute Tom auf seine Uhr. Es war schon zehn, und Mansour und Hassan hatten Peter immer noch in der Mangel.
Eine halbe Stunde später kamen sie ohne den Arzt zum Feuer.
„Wo ist denn der Doktor?" fragte Tom.
„Der muss sein Protokoll schreiben, und zwar haarklein. So viel Strafe muss sein," grinste Mansour.
„Und was passiert mit ihm?"
DU LIEST GERADE
Die richtigen Leute Band 11: Dürre im Sahel
Historical Fiction„Dürre im Sahel" ist der 11. Band meiner Buchreihe „Die richtigen Leute", und bevor Tom und seine Freunde sich an einer Hilfsmission für die Opfer der entsetzlichen Dürre beteiligen, die in den frühen 1970er Jahren die Staaten südlich der Sahara tra...