29 Krieg ist Scheiße

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Eine halbe Stunde vor der Befehlsausgabe war Tom auf seiner Stube in der Kaserne am Rande des Ruhrgebiets. Als er sich gerade umzog, klopfte Björn, der ohne Gruß gleich zur Sache kam:

„Ich weiß, wir haben keine Zeit. Sag mir nur eben, wie es in Syrien war."

„Wir waren nicht da," antwortete Tom. „Wir haben uns mit den Syrern auf Zypern getroffen, wo wir mal wieder entführt worden sind. Sorry, lange Geschichte."

„Oh Scheiße. Okay, ganz kurz noch: wer ist auf die Idee gekommen, mich nach Mali mitzunehmen?"

Das wusste Tom gar nicht mehr so genau:

„Nikos. Oder Phil? Eigentlich wir alle. Wir müssen heute Abend zum Jugoslawen, dann erzähle ich Dir alles. Weißt Du schon, dass unser Hauptmann auch mitkommt?"

„Der Chef? Nein. Wie kommt's?"

„Er hat den MAD-Chef angerufen. Sollen wir ihn mit zum Jugoslawen nehmen?"

„Wenn er mit nach Mali kommt, macht das Sinn."

„Was steht heute an?"

„Heute Morgen Gasmaskenprüfung," stöhnte Björn, „und am Nachmittag technischer Dienst."

Die Dichtigkeitsprüfung der ABC-Schutzmasken zog sich endlos, weil die ganze Kompanie gruppenweise in die Gaskammer geschickt wurde. So bestand der Vormittag aus einer Aneinanderreihung von Raucherpausen. Tom legte sich mit seiner Gruppe auf den Rasen und ließ sich die Sonne auf den Pelz scheinen. Er schloss nur kurz die Augen, und schon war er eingeschlafen. Heinzis Fußtritt weckte ihn rechtzeitig zur Mittagspause.

***

„Du siehst kaputt aus," stellte der Hauptmann fest, als er nach Dienstschluss mit Tom und Björn in dem jugoslawischen Restaurant Grillteller in Auftrag gegeben hatte. „Müde. Braungebrannt, aber kaputt."

„Ehrlich, so schlimm?" fragte Tom. „Ich fühle mich gar nicht so. Komme doch gerade aus dem Urlaub. Wir waren ein paar Tage in einem Zeltlager in der Wüste, um uns zu erholen."

„Von was musstet Ihr Euch erholen? War's so heftig in Syrien?"

Tom erzählte Björn und ihrem Chef, wieso sie nicht nach Syrien gefahren waren und was auf Zypern passiert war. Als er von der Entführung berichtete, legten Björn und der Hauptmann ihr Besteck beiseite. Nach einer halben Stunde war Tom fertig und ihr Essen kalt.

„Nur mal so nebenbei," kommentierte der Hauptmann sarkastisch, „habt Ihr Euch in Mali auch schon Feinde gemacht?"

„Nicht, dass ich's wüsste," beteuerte Tom. „Eher im Gegenteil. Wir haben eine Hilfslieferung nach Timbuktu begleitet, und seitdem haben wir einige Freunde. Moudour Dayak zum Beispiel, ein Clanchef der Tuareg. Sein Sohn Hama wird wahrscheinlich zu unserer Truppe gehören. Mit dem malischen Major Dembé haben wir Musik gemacht. Dann waren wir bei einem Treffen von Gaddafi, Präsident Traoré und eben jenem Dayak dabei, wo es um einen Friedensschluss zwischen der malischen Regierung und den Tuareg ging. Und wir haben mit Hama ein Dorf der Fulbe besucht, die immer wieder von den Tuareg überfallen wurden. Zu Traorés Delegation gehörte auch der malische Kulturstaatsekretär, der unsere Musiker nach Bamako eingeladen hat."

Diese Antwort warf eine ganze Reihe von Fragen auf, sodass Tom ihren ersten Malitrip detailliert schilderte. Schließlich erklärte er ihnen, welche Aufgabe im Juli auf sie wartete. Der jugoslawische Wirt brachte ihnen um elf einen Sliwowitz und legte die Rechnung auf den Tisch. Sie folgten seinem dezenten Hinweis und bezahlten.

„Ich glaube, ich schlafe heute in der Kaserne. Dann können wir in meinem Apartment noch ein bisschen weiterreden," schlug der Hauptmann vor.

„Hast Du Tee?" fragte Tom.

Die richtigen Leute Band 11: Dürre im SahelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt