Es war eine dieser Nächte, in denen einige Menschen nicht schliefen, weil sie den Ernst der Lage erkannten. Tom war unruhig und würde es bleiben, bis Sophia und Georgios sicher in London gelandet waren. Sophia hatte Angst um Tom. Nikos spukten Szenarien im Kopf herum, von denen kein einziges ein Happyend hatte. Basilis zermarterte sich das Gehirn, ob er sich nicht mit Klaus vom MAD in Verbindung setzen sollte, damit Tom möglicherweise die Unterstützung des MAD bekäme. Und Björn fand sich viel eher als gedacht mitten in der griechischen Gruppe wieder.
Kurz nach Mitternacht brachen Jannis, Sophia und Georgios nach Patras auf. Nikos packte zur selben Zeit entgegen seiner Gewohnheit einen großen Lederkoffer und versteckte die Messer – eingewickelt in Handtücher – zwischen Wäsche, die für einen ganzen Monat gereicht hätte. Tom und Björn waren während des Dienstes am nächsten Tag nur körperlich anwesend, was nicht auffiel, weil wieder einmal technischer Dienst anstand: Sie mussten die Panzer für den Transport zum Bahnhof vorbereiten, denn am Montag startete das erste Manöver der Kompanie mit dem neuen Gerät.
***
Basilis war gegen sechs Uhr morgens auf dem Sofa eingeschlafen. Als er drei Stunden später aufwachte, warf er seine Bedenken über Bord und wählte die Nummer des MAD-Stabes für besondere Aufgaben.
Klaus hörte die Telefonklingel, als er um fünf vor acht die Tür zu seinem Vorzimmer aufschloss, das immer noch verwaist war, weil Fred noch keinen Nachfolger für Tom bestimmt hatte.
„Klaus, ich spreche jetzt mit Dir als Mitglied unserer Gruppe," sagte Basilis. „Kann ich mich darauf verlassen, dass alles, was wir sagen, unter uns bleibt?"
„Ja. Was ist los?"
Basilis schilderte Toms Problem, und wie sie darauf bisher reagiert hatten.
Klaus war hochgradig alarmiert:
„Verdammt, das ist genau das, was wir die ganze Zeit befürchtet haben. Weißt Du, was Tom genau vorhat?"
„Das wusste der gestern Abend selbst noch nicht."
„Und Ihr? Ihr werdet Euch auch Gedanken gemacht haben."
„Allerdings ohne Ergebnis," musste Basilis zugeben. „Wir vermuten, dass Tom den Termin wahrnehmen wird. In dem Fall wäre natürlich Nikos dabei. Der ist schon auf dem Weg zu Mathilde, da treffen sie sich heute Abend. Sie müssten improvisieren, aber das wäre ja nicht das erste Mal. Alles hängt dann davon ab, was die DDR im Schilde führt."
Einen Moment blieb die Leitung stumm. Dann sagte Klaus:
„Ich besuche heute Abend Mathilde. Privat. Ich werde die Sache mit den beiden durchdiskutieren. Ich melde mich bei Dir, wenn ich wieder in Bonn bin."
„Alles klar."
Klaus lehnte sich in seinem Chefsessel zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Eigentlich wollte er heute den neusten Lagebericht des BND über Syrien durcharbeiten, fast 50 Seiten über Waffenlieferungen, Truppenbewegungen und Wirtschaftsdaten. Aber das hatte Zeit. Er nahm sich ein Din-A4-Blatt und erstellte ein Flussdiagramm mit den möglichen Handlungsoptionen und ihren jeweiligen Folgen. Das Ergebnis überraschte ihn nicht: Sie hatten das Heft des Handelns nicht in der Hand. Sie waren gezwungen, zu reagieren. Genau hier musste man ansetzen. Sie mussten die Karten neu mischen.
Elf Uhr, und keine Lösung in Sicht. Klaus kämpfte noch eine Viertelstunde, dann sagte er sich, „Basilis sollte mich ja auch nicht anrufen", und wählte die Nummer des MAD-Chefs:
„Hättest Du eine halbe Stunde Zeit für mich?"
„Um was geht's?"
„Das möchte ich Dir lieber persönlich sagen."
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Die richtigen Leute Band 11: Dürre im Sahel
Historical Fiction„Dürre im Sahel" ist der 11. Band meiner Buchreihe „Die richtigen Leute", und bevor Tom und seine Freunde sich an einer Hilfsmission für die Opfer der entsetzlichen Dürre beteiligen, die in den frühen 1970er Jahren die Staaten südlich der Sahara tra...