31 Einer muss den Hut aufhaben

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Nach einer ziemlich kurzen Nacht trafen sich alle am Gebäude des Stabes für besondere Aufgaben auf der Hardthöhe, wo sie ihre Autos abstellten. Dann wurden sie mit einem Bundeswehrbus zum Flughafen gebracht. Die Crew der DC-8, angeführt von Lufthansa-Chef Campmann, stellte sich an der Gangway der imposanten, komplett weißen, vierstrahlingen Maschine mit Schweizer Kennung auf. Angeführt von dem MAD-Chef begrüßte die Reisegruppe je zwei Piloten, Kopiloten und Lademeister, einen Steward und einen Navigator per Handschlag und stellten sich mit Vornamen vor.

Sie inspizierten den unteren und oberen Laderaum, die, wie die Lademeister erklärten, etwa halbvoll waren:

„Wir haben knapp 10 Tonnen Milchpulver plus insgesamt 3 Tonnen Medikamente, Medizinmaterial und technische Geräte an Bord. In Tripolis laden wir noch einmal dieselbe Menge Lebensmittel zu."

Die Kabine am Heck des Fliegers unterschied sich nicht von der einer normalen Passagiermaschine. Es gab sogar eine kleine Kombüse, aus der der Flugbegleiter, der wie die gesamte Mannschaft eine Lufthansa-Uniform trug, kurz nach dem Start Kaffee und Tee verteilte.

Alle vertieften sich in das Studium des Hefters, nur die dienstfreie Besatzung der DC-8 legte ein Nickerchen ein. Campmann tuschelte mit dem MAD-Chef, nachdem er das Dossier, das ihn eigentlich nicht betraf, ebenfalls überflogen hatte.

Über den Alpen bekamen sie ein Mittagessen, und dann bat Fred Tom, Nikos, Phil, Klaus und Torsten ganz nach hinten, wo sie ungestört reden konnten und wo der Chef der Lufthansa wartete.

„Herr Campmann hat ein Problem, bei dem wir ihm vielleicht helfen können," sagte der General. „Hört Euch das bitte mal an."

„Ich mach's kurz," sagte Campmann. „Ihr habt sicher mitbekommen, dass die Palästinenser immer wieder Flugzeuge entführen und/oder zerstören. Nun haben sie uns großzügigerweise angeboten, die Lufthansa von derlei Aktionen auszunehmen, wenn wir ihnen halbjährlich eine Million Dollar bezahlen. Ihr kennt Euch mit diesen Herrschaften ja aus. Ich habe dazu ein paar Fragen: Würden die sich an eine solche Vereinbarung halten? Was, glaubt Ihr, würden die tun, wenn wir nicht zahlen? Würdet Ihr uns raten zu zahlen? Und schließlich, wärt Ihr bereit, in unserem Auftrag mit denen zu verhandeln? Das könnten wir, als Staatskonzern, nämlich keinesfalls selbst."

Phil übernahm nach Blickkontakt mit Tom und Nikos die Antwort:

„Ich denke, sie würden sich an so etwas halten. Wenn sie's nicht täten, gäb's ja kein Geld mehr. Was würden sie tun, wenn Ihr nicht zahlt? Frag TWA oder El Al. Also: Entführung und Sprengung. Ob Ihr zahlt oder nicht, müsst Ihr entscheiden. Und ob wir mit denen verhandeln würden, müssen wir besprechen."

„Nur eine kleine Anmerkung: ob wir zahlen, entscheiden wir nicht allein," merkte Campmann an. „Wie gesagt, wir sind ein Staatskonzern."

Im vorderen Teil der Kabine waren zwei Sitzreihen frei, sodass Tom,Nikos, Phil, Klaus und Torsten auch hier ungestört diskutieren konnten. Torsten meinte:

„Wenn die Regierung mitentscheidet, müssten Klaus und ich als offizielle Ansprechpartner der PLO schon qua Amt mit denen verhandeln - vorausgesetzt, die Regierung würde der Lufthansa empfehlen, sich erpressen zu lassen."

„Die deutsche Regierung ist bei sowas flexibel," meinte Tom mit sarkastischem Unterton. „Das weißt Du doch."

„Sehe ich auch so," stimmte Klaus ihm zu. „Allerdings wäre mir wohler, wenn mindestens Phil und Tom dabei wären, wenn Torsten und ich mit denen verhandeln sollen. Erstens vertraut die PLO Phil am meisten, und zweitens fallen Euch oft genug Dinge ein, die Torsten und mir nicht einfallen."

Nikos kämpfte mit sich:

„Ich meine, es ist ja schön und gut, wenn wir mithelfen zu verhindern, dass ein Flugzeug entführt wird. Aber normalerweise nehmen wir für solche Aufträge Geld, und nicht zu knapp. Ihr erinnert Euch? Finanzierung des Widerstands? Der ganze Sinn unserer Gruppe? Aber wenn wir das in diesem Fall tun, riecht es so, als ob wir auch so eine Art Erpressungsgeld kassieren."

Die richtigen Leute Band 11: Dürre im SahelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt