Alle starrten nach unten. Tatsächlich gab es jetzt vereinzelte Bäume, und dann entdeckten sie die winzigen Hütten der magischen Stadt zwischen der Flussoase des Niger und der Sahara. Der Pilot folgte ab jetzt offensichtlich dem Lauf des Flusses, der sich wie ein grünes Band durch Wüste und kahle Berge wand.
Der Bundestagsabgeordnete Högelmann setzte sich zu Tom und Nikos in die Dreier-Sitzreihe. Er druckste ein wenig herum und äußerte dann einen Wunsch:
„Ich muss Ihnen was sagen. Ich kämpfe gerade mit mir. Ich frage mal ganz unverschämt, ob Sie mich nicht in die Militärgruppe aufnehmen können."
„Sie haben doch offizielle Termine," entgegnete Tom. „Und Sie wollen auch früher zurück."
„Eigentlich schon. Aber ich habe eben Ihre Besprechung mit einem Ohr mitgekriegt, und das Dossier für Ihre Gruppe habe ich auch gelesen. Ich würde natürlich an den ersten Tagen meine Termine wahrnehmen, aber dann nicht mit nach Timbuktu fahren, sondern Ihre Truppe verstärken. Sie sind am Ende ja auch noch ein paar Tage in Timbuktu, sodass ich die Entwicklungshelfer dann immer noch aufsuchen kann.
Ich würde Herrn Campmann bitten, von Tripolis aus für mich zuhause anzurufen. Es ist parlamentarische Sommerpause, und eigentlich habe ich Urlaub. Die paar Termine, die ich in diesen Wochen habe, kann man absagen, und meine Frau wird sich auch ohne mich nicht zu Tode langweilen. Ich verspreche auch, dass ich mich wie jeder andere Soldat Ihrer Gruppe Ihrem Befehl unterordne."
„Das können wir nicht entscheiden," antwortete Tom etwas reserviert. „Außerdem – Sie haben weder Waffen noch Uniform."
„Da wird mir bestimmt jemand was leihen können."
„Okay. Wir sprechen mit den anderen, und Sie fragen den MAD-Chef. Dann sehen wir weiter."
Noch einmal versammelte Tom die Gruppe, während Högelmann versuchte, Fred zu überreden. Tom schwankte sehr, und so hielt er sich mit seiner Meinung zurück. Nikos und Phil sprachen sich für Högelmann aus, nicht nur, weil er ein gut ausgebildeter Soldat war, sondern auch, weil er sich auf ihren bisherigen gemeinsamen Unternehmungen als ehrlich erwiesen hatte.
Ausgerechnet der Hauptmann, Toms Chef in der Bundeswehr, meldete Bedenken an:
„Wenn ich schon höre, er ordnet sich unter. Ich habe als einziger hier Erfahrung mit Reservisten. Wir haben immer wieder mal welche, die ein paar Wochen Reserveübung in meiner Kompanie machen. Die meisten von denen nerven. Wissen alles besser und halten sich nicht an Befehle. Der soll seinen Job machen, und wir unseren. Aber wenn Ihr alle meint..."
Tom ahnte, wie die Aversion des Hauptmanns zustande gekommen war. Sein eigenes erstes Zusammentreffen mit dem Reserveoffizier Högelmann war schließlich exakt so verlaufen, wie sein Kompaniechef es schilderte. Andererseits hatte er Högelmann zwischenzeitlich durchaus zu schätzen gelernt.
„Nein, das sollten wir schon einstimmig beschließen," sagte Tom. „Ich verstehe Deine Bedenken. Die sind gerade bei Högelmann auch naheliegend. Also, stimmen wir ab."
Das Ergebnis war eher durchwachsen: Es gab drei Ja- und eine Neinstimme, während sich die Mehrheit enthielt. Tom hatte sich zu einem „Ja" durchgerungen, während sein Hauptmann bei seiner Ablehnung blieb.
„Okay, lassen wir's," entschied Phil. „Das hat keinen Sinn. Tom, bring's ihm schonend bei."
Als der Politiker wieder zu ihnen kam, sah Tom ihm an der Nasenspitze an, dass ihm jemand die unangenehme Aufgabe abgenommen hatte. Tatsächlich sagte Högelmann:
„Der General ist dagegen. Er meint, wenn mir was passiert, fliegt die ganze Aktion womöglich auf. Das kann ich auch irgendwie verstehen."
„Schade," sagte Tom und vergoss eine Krokodilsträne. „Einen guten Mann kann man immer gebrauchen."
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Die richtigen Leute Band 11: Dürre im Sahel
Historical Fiction„Dürre im Sahel" ist der 11. Band meiner Buchreihe „Die richtigen Leute", und bevor Tom und seine Freunde sich an einer Hilfsmission für die Opfer der entsetzlichen Dürre beteiligen, die in den frühen 1970er Jahren die Staaten südlich der Sahara tra...