38 Eine Übung unter Gefechtsbedingungen

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Gleich nach dem Abendessen legten sich alle, die keine Wache hatten, im Zelt schlafen. Die Nacht zuvor war für viele kurz, der Tag für alle lang und anstrengend gewesen. Die Wache auf dem Flughafen verlief ohne besondere Vorkommnisse. Toms Kompaniechef nutzte die Gelegenheit, Hama und Manos zu dem Besuch von Gaddafi, Tom und seinen Freunden im vergangenen Jahr in Timbuktu auszufragen. Was sie über ihre Rolle bei den Verhandlungen zwischen Regierung und Tuareg zu erzählen wussten, fügte seinem Bild der griechischen Widerstandsgruppe in libyschen Uniformen, und insbesondere seines – zu normalen Zeiten – Untergebenen Tom, eine weitere Facette hinzu.

„Oberst Gaddafi," erklärte Manos, „hat einen Frieden zwischen den Tuareg und der Regierung von Moussa Traoré, und damit auch zwischen den Tuareg und den Fulbe vermittelt. Aber es waren Phil, Nikos und Tom, die die entscheidende Idee hatten, nämlich, die von den Franzosen mit modernen Gewehren ausgestatteten Tuareg in die libysche Armee aufzunehmen."

„Unsere Überfälle," ergänzte Hama, „nicht nur auf Fulbe, hätten sonst wohl dazu geführt, dass Traoré die Franzosen zur Hilfe gerufen hätte, um seine Regierung zu stabilisieren. Die hätten uns bekämpft und ihren alten Einfluss in Mali wiederhergestellt. Allerdings wäre die Einigung vielleicht gescheitert, wenn Manos nicht Herrn Traoré verzaubert hätte."

Nikos wachte ganz automatisch um fünf Uhr auf und weckte die ganze Truppe. Nach dem Morgengebet frühstückten sie, und mit den ersten Sonnenstrahlen um kurz nach sechs versammelte sich die ganze Einsatzgruppe an der Noratlas. Sie überreichten den Wachen einen Topf Hirsebrei und einen Korb mit Früchten, während die zweite Crew der Noratlas, die heute Dienst hatte, das Flugzeug durchcheckte und sich am Tower Informationen über ihre Flugroute und den Flugplatz Gao abholte.

Mansour fasste für Nikos, der heute die Operation leitete, seinen Kenntnisstand über Gao zusammen:

„Der Flughafen ist praktisch identisch mit dem in Mopti. Der ist ja auch von denselben Leuten gebaut worden, nämlich den Franzosen. In der Mitte der Landebahn gibt es auch so einen Platz, wo die Maschine entladen wird. Die Hälfte der Fracht geht in die Kaserne direkt am Flughafen. Die Verteilung übernimmt in Gao die Armee. Die andere Hälfte wird direkt am Flugzeug auf eine Karawane der Tuareg verladen, das kennt Ihr ja schon. Ihr braucht also diesmal nur zwei Gruppen: eine am Flugzeug und eine, die den Transport und das Einlagern in der Kaserne überwacht."

„Hast Du mit dem Kasernenkommandanten gesprochen?" fragte Nikos.

„Ja, das war zuerst mühsam wie alles hier," seufzte Mansour. „Aber nachdem Hauptmann Yesif mit ihm telefoniert und ihm etwas über Dollars erzählt hat, kann er es gar nicht abwarten, uns zu helfen. Er stellt vier LKWs bereit, sodass die Sache dort zügig ablaufen sollte. Das muss sie auch, denn der Flug ist lang, und heute Abend ist die DC-8 mit der nächsten Ladung Hilfsgüter wieder da. Wir fangen mit dem Entladen an, bevor Ihr wiederkommt, aber was die Noratlas morgen nach Mopti bringt, muss dann noch umgeladen werden."

„Wir haben ja gewusst, dass wir hier nicht im Urlaub sind," beruhigte ihn Nikos.

Der Pilot kam mit einer Mappe unter dem Arm vom Tower zurück, und seine Miene verhieß nichts Gutes.

„Mansour, wir haben ein Problem," sagte er.

„Was gibt's?" fragte Al-Marzouki.

„Der Flughafen in Gao war zwei Tage wegen Sturm gesperrt. Jetzt ist er zwar wieder geöffnet, aber die Landebahn ist versandet. Es hat in diesem Monat noch nicht geregnet, und der Sturm hat viel Sand mitgebracht. Der Leiter des Flughafens meint zwar, mit der Nora könnten wir landen, aber wir wären die Ersten, die es nach dem Sturm versuchen. Es gibt sowieso nur zwei, drei Militärflüge pro Woche. Sie sind dabei, die Bahn zu fegen, aber ich wüsste ganz gerne, wie es am Boden genau aussieht. Mit anderen Worten, es muss jemand abspringen und mir per Funk einen Lagebericht durchsagen."

Die richtigen Leute Band 11: Dürre im SahelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt