Am Morgen des 13. Juli, einem Freitag, übergab der Kompaniechef das Kommando an seinen Stellvertreter und fuhr im Konvoi mit Tom und Björn nach Bonn. Unterwegs holten sie am Kölner Flughafen Phil, Hamit und die fünf Uptones ab.
„Sieh an," stichelte Phil, „bei der Bundeswehr gibt's also auch Kampfanzüge, nicht nur diese hässlichen grauen Ausgehuniformen."
„Klaus hat uns befohlen, die anzuziehen. Wir sollen die auch in Mali tragen, der Hauptmann und ich," erklärte Björn.
Phil war noch nicht fertig mit seinen Lästereien. Als nächster war Tom dran:
„Haben sie Dich befördert, Bruder? Letztes Mal hattest Du nur so einen Balken."
„Ich bin jetzt Fahnenjunker," sagte Tom und zuckte beinahe entschuldigend mit den Schultern.
„Und morgen wieder Major, wie sich's gehört," grinste Phil. „Lasst uns schnell nach Bonn fahren. Ich habe Hunger."
Nachdem alle ihr Gepäck und die Instrumente verstaut hatten, waren die Autos randvoll, mit denen sie zum „Stab für besondere Aufgaben" im Verteidigungsministerium fuhren. An der Torwache der Hardthöhe gab ihnen Feldwebel Terlinden Parkscheine und Essensmarken.
„Ihr werdet in der Kantine erwartet," erklärte er. „In dem Nebenraum. Wie sieht's aus, gehen wir heute Abend essen?"
„Machen wir," stimmte ihm Tom zu. „Aber wir sind mindestens ein dutzend Leute, und es ist Freitag. Wir müssen einen Tisch reservieren. Jungs, wie wär's mit der Terrasse vom Heimatblick? Heute ist's doch warm genug. Da können wir draußen sitzen."
Franz Terlinden versprach, in dem Ausflugslokal Tische zu bestellen und bei einigen ihrer Freunde anzurufen.
In einem Nebenraum der Kantine warteten bereits General Fred, der Chef des MAD, sowie der Bundestagsabgeordnete Willy Högelmann, Torsten vom Außenamt, Klaus, Billy, Nikos, Sandy und Manos. Nach einem langen Kuss – die Tür war ja zu – fragte Tom Nikos:
„Wie hat sich Mathilde eingelebt in Agios Andreas? Sie hatte ja doch ein bisschen Angst vor dem Flug."
„Der geht's richtig gut," antwortete Nikos. „Sie hat schon mit meiner Mutter gekocht."
„Sie wohnt bei uns," fügte Manos hinzu. „Ein Zimmer war ja noch frei. Dimi und sein Bruder Ioannis kümmern sich um sie. Der Kleine ist über die Ferien auch da. Und der Alte Mann hat ihr schon die Akropolis gezeigt, mit Ioannis als Dolmetscher. Eine sehr nette Frau. Sie will am Wochenende meiner Mutter im Laden helfen."
Innerlich schmunzelnd beobachtete Toms Kompaniechef, der sich als Werner vorgestellt hatte und auf dem „Du" bestand, das Treiben rund um den großen Tisch. Nachdem alle zehn Minuten wild durcheinander geredet hatten, lauschten sie aufmerksam Nikos' Bericht über die Lage in Athen, wo trotz des Referendums relative Ruhe herrschte. Die heimlichen Vorbereitungen für die Aktionen des sozialistischen Widerstands im Herbst, die den Sturz der Diktatur innerhalb von maximal zwei Jahren zum Ziel hatten, waren im vollen Gang.
Ebenso konzentriert hörten sie Phil zu, der zusammen mit den Uptones etliche Botengänge zum ANC für die Libyer gemacht hatte und jede Woche mit Dave in Derry telefonierte, der im September zum Studieren nach London kommen würde.
„Ihr werdet nicht glauben, wer sein Nachfolger wird," fügte Phil an.
„Hat Basilis etwa doch jemanden gefunden?" fragte Tom.
„Ja. Georgios macht das."
„Das hätte ich nicht gedacht," musste Tom zugeben.
„Georgios hat wohl ausführlich mit Anna gesprochen. Er will das für ein Jahr machen. Er meinte, es wird Zeit, dass er auch mal was Sinnvolles tut. Außerdem hat ihm Richard einen Studienplatz in England versprochen - das ist ja auch ein Argument."
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Die richtigen Leute Band 11: Dürre im Sahel
Historical Fiction„Dürre im Sahel" ist der 11. Band meiner Buchreihe „Die richtigen Leute", und bevor Tom und seine Freunde sich an einer Hilfsmission für die Opfer der entsetzlichen Dürre beteiligen, die in den frühen 1970er Jahren die Staaten südlich der Sahara tra...