35 Familie Keita

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„Ich hab das doch richtig verstanden, dass der Schwager von Alpha in Mopti beim Zoll ist, ja?" begann Björn seine Überlegungen. „Was hältst Du davon, wenn wir Alpha mitnehmen. Er kann dann seinen Schwager holen, wenn wir in Mopti sind. Weißt Du, ich habe ein schlechtes Gefühl, was das Umladen betrifft. Die malischen Soldaten sind diese Nacht einfach nicht gekommen. Wenn die in Mopti genauso fleißig sind, haben wir ein Problem, und dabei könnte uns dieser Schwager vielleicht helfen."

„Ein Feind weniger, ein Freund mehr, doppelter Gewinn," grinste Tom. „So machen wir das. Monsieur Staatssekretär, ich habe gehört, Ihr Schwiegersohn ist der Chef der Zollbehörde in Mopti. Da fliegen wir nachher mit einer libyschen Maschine hin. Wir sind dafür verantwortlich, dass die Hilfsgüter an die richtige Stelle kommen. Ich weiß, es ist eine große Bitte, die ich habe, aber mein Kollege hier hat mich gefragt, ob wir nicht Ihren Sohn Alpha mitnehmen können. Er könnte Ihren Schwiegersohn bitten, zum Flughafen zu kommen. Ich bin sicher, dann würde die Übergabe unserer Fracht viel reibungsloser vonstatten gehen."

Herr Keita dachte nur kurz nach.

„Das ist eine gute Idee, Herr Major. Ich freue mich doch, wenn ich Ihnen helfen kann. Ich habe gestern Abend Ihren General kennengelernt - eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Eine großzügige Aktion, die Libyen und Deutschland mit Ihrer Hilfe durchführen. Und die Männer, die Sie aus England mitgebracht haben, interessieren sich für unsere Kultur. Sie wohnen bei meinem Cousin. Aber nun lassen Sie uns essen."

Alpha, der inzwischen einen Overall mit der Aufschrift „Air France" angezogen hatte und mit der aufgehenden Sonne um die Wette strahlte, stellte eine Schale Hirsebrei auf den Tisch und brachte eine Glasplatte mit Obststückchen. Tom erkannte Bananen und Melonen, aber zwei Früchte konnte er nicht zuordnen. Auf seine Frage hin erfuhr er, dass es sich um Mangos und Papayas handelte. Der Brei schmeckte ungewohnt, süß und fruchtig. Alpha erklärte, dass er mit Baobab-Frucht zubereitet worden war. „Nikos Tours," dachte Tom.

Als es richtig hell war, um halb sieben, packte Tom das schlechte Gewissen, nicht nur, weil das Umladen inzwischen im Gange sein musste, sondern auch, weil die anderen sich vermutlich allmählich Sorgen machten.

„Herr Keita, bitte richten Sie Ihrer Frau unseren Dank aus," sagte er. „Wir werden Ihre Gastfreundschaft nicht vergessen. Aber jetzt müssen wir leider aufbrechen. Wir hätten schon vor einer halben Stunde am Flugzeug sein müssen."

„Ich danke Ihnen, dass Sie meinem Sohn das Gefängnis erspart und uns mit Ihrem Besuch beehrt haben. Kommen Sie gerne wieder vorbei. Sie sind ja noch etwas länger hier. Ich bringe Sie selbstverständlich zu Ihrem Flugzeug."

Herr Keita schickte Alpha los, seinen Fahrer zu holen, der in der Nähe wohnte. Nach einer Viertelstunde hielt ein nicht ganz taufrischer Peugeot 404 mit einem Chauffeur in einer Polizeiuniform vor dem Haus. Der Staatssekretär ging hinein, und als er wieder erschien, hatte er schwarze Schuhe angezogen und eine weiße Kappe aufgesetzt. Erst jetzt fiel Tom auf, dass der Mann bisher barfuß gewesen war.

Auf der Hauptstraße herrschte inzwischen reger Verkehr. PKWs und Eselskarren fuhren in Richtung Bamako, während in der anderen Richtung einige Lastwagen unterwegs waren. Die Marktstände waren geöffnet, wenngleich der Kundenstrom noch dünn war.

In wenigen Minuten erreichten sie den militärischen Teil des Flughafens, und Tom sah sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Noratlas parkte jetzt direkt neben der DC-8, an deren Ladeluke das Förderband stand. Eine Menschenkette reichte Säcke von dem Förderband von Mann zu Mann weiter zum Heck der Noratlas - libysche Männer. Genau genommen, ganze vier Malier und ansonsten ausschließlich libysche Soldaten.

„Wo sind denn die ganzen Malier, die uns helfen sollten?" fragte Tom absichtlich auf Französisch. Der Staatsekretär, der auf dem Beifahrersitz saß, wurde unruhig.

Die richtigen Leute Band 11: Dürre im SahelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt