2. Kapitel

668 22 3
                                    

Es geschah nicht mehr viel, außer dass ich noch einmal den Versuch wagte, ihn anzusprechen. Aber es lief genau so wie beim ersten Mal. Ich fragte ihn, ob er in Costa Mesa lebte, oder nur zu Besuch gewesen war. Die Antwort, die ich erhielt war genau so unhöflich, als hätte ich gefragt, ob er eine Freundin hatte: „Was geht sie das an?!?" Daraufhin steckte ich mir die Kopfhörer meines iPods in die Ohren und stellte die Musik so laut, dass ich nicht mal mehr meine eigenen Gedanken hören konnte, die sich wirklich mit der Frage beschäftigten, ob er eine Freundin hatte.

Einige Stunden später, befand sich das Flugzeug endlich im Landeanflug auf Nürnberg und ich war gespannt, ob mich jemand von den anderen abholen würde oder ich mir ein Taxi nehmen musste, was nicht gerade in mein Budget gepasst hätte.

Als das Flugzeug gelandet war und alle aufstanden waren um ihr Gepäck im Flughafen so schnell wie möglich zu holen und nach Hause oder wohin auch immer zu fahren, hätte ich es beinahe noch einmal geschafft: Ich hatte schon meinen Koffer vom Gepäckband gezogen, da verfingen sich meine Absätze doch noch im Kofferband und ich wäre hingefallen. Doch wie aus dem nichts war plötzlich mein unliebsamer Sitznachbar neben mir und fing mich auf, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.

„Wo kommen Sie den auf einmal her?", fing ich an doch sein Gesicht war plötzlich so nahe, dass ich kaum mehr Luft bekam.

Er richtete sich und damit auch mich schnell auf, doch ich sah gerade noch, wie ein Ausdruck über sein Gesicht flog, der mich an etwas erinnerte, bevor er hoch ironisch sagte: „Aber nicht doch, ist doch nicht nötig, das sie sich so sehr bedanken..." Jetzt nahm er mich wohl auch noch auf den Arm?

„Ich würde mich ja bedanken, aber ich kenne ja nicht einmal ihren Namen, also..." Ich zuckte mit den Schultern.

„Ziemlich frech, hm? Mein Name ist Damon. Und ich bin in Eile." Damon? Wie der Damon, aus meinen liebsten Büchern? Da erinnerte ich mich wieder, an wen er mich schon vorhin im Flugzeug erinnert hatte... aber das konnte doch eigentlich nicht sein, oder? Also sagte ich einfach: „Freut mich, Damon. Ich bin Marie-Louis." Er sah mich immer noch beinahe etwas erwartungsvoll an. „Und ich bedanke mich bei ihnen, aber ich muss jetzt selbst schnell weg." , verabschiedete ich mich und rannte fast zum Ausgang.

Ich war noch etwas überrumpelt, von diesem Gespräch, aber das verflog, sobald ich aus der Ankunftshalle raus war und, die gesamte Clique auf mich wartete!!!

Himmel, ich hatte sie alle so vermisst! Da war Theresa, die immer noch deutlich kleiner war als alle anderen, aber trotzdem eine Schönheit zu nennen war mit ihrem blassen Teint und den langen dunklen Haaren. Links von ihr stand Clara, die wie immer modisch gestylt war und ihre blonden Haare zu einem endlos langen, französischen Zopf geflochten hatte. Rechts neben Theresa stand Stefanie. Sie hatte lange braune, leicht wellige Haare und war mindestens zehn Zentimeter größer, als die anderen, obwohl sie ganz normale flache Sneakers trug.

Als sie mich sahen, fing Clara sofort an aufgeregt auf- und abzuspringen. Ich rannte auf sie zu und fiel den drei Mädchen in die Arme. „Oh Gott, Marie!!! Du bist so braun und so erwachsen geworden!" sagte Theresa, die mich bewundernd ansah. Und Clara fiel auch noch mit ein: „Sie hat Recht! Wo ist die unschuldige, süße Marie-Louis geblieben?" „Ja ja, macht euch nur lustig! Ich hätte euch fast nicht erkannt, so habt ihr euch verändert!", sagte ich und musste lachen. Das war alles so unwirklich! Eben hatte ich mich noch mit jemandem unterhalten, der nur in Büchern existieren sollte und nun war ich bei den Menschen, die ich seit einem Jahr nicht mehr gesehen und total vermisst hatte! „Also, erzählt! Wie geht's euch? Was gibt es alles für neuen Klatsch und Tratsch?"

„Uns geht es allen super, aber erst du! Wie geht's dir den?" , kam nun auch einmal Stefanie zu Wort.

„Ich kann nicht klagen. Es war eigentlich nichts besonderes los... Aber ich will wissen was so in unserer Klasse und bei euch los ist!" Clara hatte mir in der Zwischenzeit einen meiner Koffer abgenommen und hakte sich bei mir ein: „Das können wir dir auch noch auf der Fahrt nach Hause erzählen. Los kommt, ich hab keine Lust hier ewig rumzustehen!" Ich musste schon wieder lachen, es war einfach so herrlich, bei ihnen zu sein.

Fast als wäre ich nie weg gewesen.

Wir machten uns also auf den Weg zum Auto und ich war beinahe überrascht, als ich Theresas Mutter am Auto stehen sah: „Wisst ihr was? Ich dachte gerade, „Hm, wer von euch wird wohl fahren?", aber hier, ist es für euch ja noch gar nicht allein erlaubt." sagte ich und sah in die erstaunten Gesichter der drei Mädchen. „Sag uns jetzt nicht, du hast schon deinen Führerschein!?!" fragte Theresa mich so, dass es klang, als wäre sie entsetzt. „Ich hab dir doch geschrieben, dass ich zur schriftlichen und praktischen Prüfung musste." Ich war etwas irritiert.

„Das hast du zwar, aber ich dachte, du meinst du musst zu einer SCHUL- Prüfung!" Ich dachte nach: Hatte ich wirklich ein so wichtiges Detail einfach ausgelassen? Anscheinend.

Wie waren am Auto angekommen und ich begrüßte Frau Mai, sie war älter geworden, natürlich, aber sehr zu ihrem Vorteil, den die leichten Falten in ihrem Gesicht ließen es irgendwie weicher und noch freundlicher wirken.

„Wie cool, da können wir ja mal eine Spritztour ohne Eltern machen!" Clara freute sich offensichtlich total, aber Theresas Mutter musste sie leider bremsen:

„Ihr vergesst, dass man unter 18 nicht ohne eine Aufsichtsperson Auto fahren darf."

Sie hatte offenbar nur den letzten Teil unseres Gespräches gehört. „Aber Marie hat schon ihren richtigen Führerschein, da ist das doch eigentlich was ganz anderes!", übertrumpfte ihre eigene Tochter sie. Darauf hin musste sie zugeben, dass sie nicht wusste ob es in dem Fall wirklich verboten war. Wir stiegen ins Auto ein.

Ich saß mit Theresa und Clara zusammen auf der Rückbank, Stefanie hatte sich freiwillig bereit erklärt, vorne zu sitzen. Die drei Stunden Fahrt vergingen wie im Flug. Wir redeten über alles Mögliche, aber mit den bestimmten Themen hielten wir uns noch zurück, bis wir heute Abend allein sein würden.

Ein lebender MythosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt