3. Kapitel

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Ich sollte bei Theresa schlafen, also fuhren wir zu ihr nach Hause und ich durfte mich ersten Mal im Gästezimmer einrichten. Es war hübsch, mein Heim für die nächsten zwei Monate: weiße Wände mit vielen Fotos von Wiesen und Feldern, ein Bett mit roter Bettwäsche überzogen und so wahnsinnig groß, dass es sich Clara und Stefanie dort sofort bequem machten, während ich auspackte. Theresa half mir ein wenig, war aber etwas abgelenkt, als sie sah was ich alles eingepackt hatte: Kleider, T-Shirts, Hosen, Unterwäsche, Schuhe und Schmuck in allen Variationen. „Wow, so was gibt s bei uns ja gar nicht zu kaufen!“ Sie zeigte auf ein T-Shirt, bei dem der gesamte Rücken zerschnitten war und die Schnitte beinahe auch vorne alles zeigten. „Ja, ich weiß. Das kann ich glaube ich nur anziehen, wenn ich etwas Bestimmtes will“, Ich blinzelte sie durch meine Wimpern hindurch an.

Clara sprang natürlich sofort drauf an: „Marie! Du willst doch nicht etwa sagen, du bist keine...“ „Clara!!! Woran denkst du denn schon wieder!?!“, ging Stefanie sie so erschrocken an, dass wir alle loslachen mussten. Als wir uns wieder einigermaßen beruhigt hatten musste Clara aber selbst noch einmal nachfragen: „Wo wir gerade davon sprechen: Wie steht´s denn bei dir so in Sachen Liebe?“ Ich sah sie an. Was gab es da schon groß zu erzählen? Ich hatte vor einem Jahr einen Freund gehabt, Michael, aber er war so langweilig gewesen, dass ich am Ende unserer Beziehung selbst nicht einmal mehr gewusst hatte, was mir einmal so gut an ihm gefallen hatte. Das erzählte ich ihnen auch.

„Du willst uns allen ernstes weiß machen, dass du schon seit zwei Jahren keinen Freund mehr hattest? Du...“ setze Clara an, doch Theresa konnte sich anscheinend nicht verkneifen zu sagen: „Da hat ja Clara einen größeren Jungen-Verschleiß!!!“, worauf sie auch sofort ein Kissen von besagter Clara kassierte: „Unsinn, ich hab doch auch gerade keinen Freund!“

„Aber vor einer Woche sah das noch anders aus.“, fiel Stefanie mit ein und bekam auch ein Kissen an den Kopf. Ich ließ mich auf das Bett fallen und hielt die restlichen Kissen fest: „Ich wäre dir dankbar, wenn du sie am Leben lassen könntest!“ Clara lachte und schlug mit ihrem letzten Kissen auch noch auf mich ein. Stefanie und Theresa versuchten unter Gekicher auch Clara eines an den Kopf zu werfen, doch als wir uns wieder beruhigt hatten, sahen sie ziemlich ramponiert aus.

„Jetzt mal im Ernst: Wie war das mit den Jungs?“, fragte ich sie noch einmal.

Im darauf folgenden Gespräch kam heraus, dass es bei ihnen allen nicht unbedingt gut lief in der Liebe: Clara hatte fast aller 14 Tage einen Neuen und Stefanie und Theresa waren, nach dem sie von ihrem ersten Freund abserviert worden waren, nur noch rein platonisch mit einigen Jungen befreundet.

„Da haben wir ja ganz schön was zu tun.“, sagte ich mit einem hinterhältigen Lächeln. „Nein, du wirst uns nicht mit jemandem verkuppeln!“ Theresa hatte meine Anspielung natürlich sofort verstanden. „Hm,“ überlegte Stefanie, „Wieso denn nicht? Aber unter einer Bedingung.“

„Welcher?“ Ich war leicht misstrauisch geworden.

„Wir ,“ sie sah Clara und Theresa an, „dürfen dir auch einen Freund suchen!“

Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. „Aber sicher doch, Stefanie. Aber da habe ich auch eine Bedingung!“ Jetzt war sie die Irritierte.

„Er darf nicht aus unserer Klasse sein!“

Clara lachte: „Nein, natürlich nicht!“

Etwas leiser, aber noch genau für mich zu verstehen, flüsterte sie Theresa und Stefanie zu: “Mist! Wir müssen uns jemand anderen, neben Ben, ausdenken!“

Zur Erklärung: Ben ist der unbeliebteste Kerl aus unserer Klasse. Er duscht sich kaum, ist nicht gerade der schlankeste und so weiter... Was man sich eben unter einem Loser vorstellt.

Ist es nicht verständlich, dass ich diesmal diejenige war, die das Kissen nach Clara warf?

So ging es noch lange weiter, sie dachten sich immer mehr potenzielle Dates für mich aus und ich bekam schon Bauchschmerzen vor Lachen, als Theresas Vater uns rief, dass es Essen gäbe. Wir gingen runter und nachdem mich Herr Mai über Kalifornien ausgefragt hatte, fragte Theresa ihn, ob ich nun eigentlich auch in Deutschland Auto fahren durfte. Da er in solchen Rechtsangelegenheiten ziemlich gut Bescheid wusste, konnte er uns sofort sagen, dass ich durfte! Solange ich meinen Führerschein dabei hatte konnte die Polizei nichts sagen.

Als wir zu viert in das riesige Gästebett gingen waren wir alle ziemlich geschafft, so dass die sonst ewig langen Bettgespräche schon nach einer halben Stunde verstummten und die anderen schnell einschliefen.

Ich hingegen wurde etwas länger wach gehalten.

Von zwei schwarzen, unergründlichen Augen.

Etwa um Mitternacht schlief ich ein, doch selbst im Traum begegneten mir diese Augen noch...

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