Part 33

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Als ich mich mit mulmigem Gefühl im Bauch auf den nach Hause Weg machte, brach die Dunkelheit ein und die Stadt wurde in dunkle Farben getaucht, die Straßenlampe erhellte nur teilweise den Asphalt. Jemand rief meinen Namen und im ersten Moment dachte ich, es wäre Lucas, doch die Stimme war viel zu hoch für einen Mann. Verwundert wandte ich mich um und erblickte Bethany vor mir. Bein Anblick ihres Tops und den kurzen Shorts, die sie trug, fröstelte ich. Die Einkaufstaschen in der linken Hand, in der rechten umklammerte sie eine Cokedose.

Die zweiundzwanzigjährige kratzte sich am Hinterkopf und ich wusste, wie unbehaglich sie sich fühlte. Lange Zeit war es her, seitdem ich sie das letzte Mal gesehen habe. Die braunen Haare waren nun tiefkastanienbraun, die Augenbrauen dunkel und kräftig nachgezogen und der Teint strahlte gebräunt von der Sonne.

"Wie geht's Harry?" fragte sie dann unvermittelt, nippte verlegen von ihrem Getränk und blickte in den Nachthimmel, als suche sie etwas verlorenes darin. Dann wandte sie sich wieder mir zu. Ihr Blick hatte etwas sehnsüchtiges in sich. Tief atmete ich durch und wusste nicht so recht, was ich antworten sollte. Entweder die Lüge, ihm ginge es gut und der Alltag war nicht ganz so schlimm, wie es sich die Menschen immer ausmalten, bis auf ein paar äußerliche Verletzungen ginge es ihm gut. Oder die Wahrheit, die, die dem entsprach, was ich aus den Briefen und dem Telefonat heraushörte. Anscheinend gehörte er zu denen, die seelisch ein Wrack waren, sich jedoch durchbissen und mit jedem Tag der verging ein Stück ihres altes ichs verloren.

Ich erzählte Bethany die Lüge und daraufhin musterte sie mich durchdringend, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Als hätte sie meine Lüge entlarvt. Es vergingen Minuten, in denen keiner von uns ein Wort sagte, jeder den Gedanken an Harry nachhing. Seinen ganz eigenen Gedanken und ich fragte mich, ob sie Harry noch immer liebte. Ich hatte keine Ahnung, ob Harry dies immer noch tat, doch ich zweifelte nicht allzu sehr daran.

Eine Frage brannte mir dennoch unter den Nägeln und ich war mir nicht sicher, ob ich sie das so ungeniert fragen konnte. Ich räusperte mich, schlang die Hände um den Oberkörper. "Hast du im Moment einen Freund, Beth?"

Zu meiner Verwunderung lächelte sie versonnen, fast verträumt und fuhr sich durch die welligen Haare, bevor sie mit zaghafter Stimme erwiderte, "Ich habe es versucht - versucht etwas neues anzufangen und hatte zwischenzeitlich sogar einen Freund. Nach wenigen Wochen war Schluss, es hat einfach nicht geklappt. Vielleicht hänge ich der Zeit mit Harry noch immer nach, ich weiß es nicht." Sie zuckte mit den Schultern und blickte mich nachdenklich an, als könne ich ihr Antworten auf all ihre Fragen geben. Dann verabschiedete sich von mir, wandte sich um und trabte die Straße entlang, als hätte sie Tonnen von Zement auf den Schultern. In diesem Moment wurde mir eines klar. Sie liebte Harry noch immer.

Zu Hause warf ich die Schlüssel auf die Kommode, holte mir in der Küche etwas zu essen und zu trinken und ging dann ins Wohnzimmer, ließ mich erschöpft auf die Couch fallen und starrte auf das Bild, welches Mom, Gemma, Harry und mich abbildete. Ich musste damals zwei, drei Jahre alt gewesen sein. Harry vielleicht fünf.

Seitdem Louis mich regelmäßiger trainierte, ging es mir keineswegs besser, nein, es war nur .. durch die Ablenkung musste ich weniger an meinen Bruder denken. Hing nicht stundenlang an einem Gedanken an ihm. Weinte weniger Nächte mehr durch vor lauter Angst um ihn. Drehte sich nicht alles permanent in meinem Kopf um Harry.

Schreckhaft fuhr ich nach oben, als ich Geräusche hörte. Mit einem Blick sah ich Mom das Zimmer betreten, sie sah mich einen Moment lang an, als hätte sie einen Geist gesehen. In den Händen ein Fotoalbum und ich wusste genah, was jetzt folgen würde. Stumm setzt sie sich neben mich und tippte mit zitternden Fingern auf ein Bild. Sie war wie versteinert, rührte sich keinen Millimeter mehr von Fleck, war wie festgeklebt.

Auf der Aufnahme strahlte Mom um die Wette, die Gesichter ganz dicht aneinander. Harry dagegen lachte belustigt und ich glaubte fast, sein herzliches Lachen direkt zu hören. Die Sonne schien an diesem Tag und ließ ihre Gesichter leuchten. Beide waren so glücklich und sorgenfrei, leichtlebig.

"Warum Harry? Warum ist er gegangen?" wisperte sie ganz heißer und ihre Stimme war kurz davor zu versagen. Ihre Augen glitzerten und es würde nicht mehr lange dauern, bis sie weinen würde. Fieberhaft zupfte sie währenddessen an ihrer Unterlippe, als grüble sie, wie sie Harry zurückholen konnte und mir fiel auf, wie blass ihr sonst so gebräuntes Gesicht war. Auf diese Frage wusste ich keine Antwort, suchte nach Möglichkeiten, ging Situationen durch, doch alles endete im Leeren.

"Wenn man einen Menschen ganz oder auch nur für eine Zeit lang verliert, mag der Verlust noch so schmerhaft sein, treibt das Leben einen weiter. Wie in der Strömung eines Flusses, er reißt dich entweder mit oder du treibst passiv umher, doch dem alltäglichen Dingen zu entfliehen ist schier unmöglich. Das Leben nimmt dich mit, ob du es willst oder nicht. Du hast gar keine andere Wahl." erklärte ich, nahm ihre blasse Hand und rang mit einem Lächeln, welches mir nicht so recht gelang.

Die erste Träne rollte die Wange hinunter und ich legte tröstend den Arm um sie. Ihre Schultern bebten und sie Schluchtze lautlos, als hätte sie Angst, ich würde es hören und sie für eine Versagerin halten. Dabei wussten wir beide, wie stark sie sich die letzten Monate gegeben hat. Nicht nur mir gegenüber, auch den Leuten, die neugierig fragen, alles wissen wollten. Sie gab sich gefasst, doch innerlich war ein Teil von ihr zerbrochen.

Mom sagte gar nichts darauf, doch das war vollkommen okay. Sie starrte ins Leere und ich wusste, dass es in ihr arbeitete, sie Dinge allmählich verstand und sich bewusst war, dass wir die wenigen Wochen, bis Harry nach Hause kommen würden wohl oder übel durchstehen mussten - gemeinsam.

A/N: srsly nina war heute wieder sehr poetisch, sorry dafür. Gelegentlich hab ich solche Phasen, haha. Ich hoffe, euch hat's zrotzdem gefallen, wenn ja würde ich mich über feedback freuen. :)

Ach ja, Team Tony oder Team Bethany? ♥

much love,
meee x

Football TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt