Part 06

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Hört euch jetzt bitte One von Ed Sheeran an. Ich denke, es passt zu dem Kapitel und ich habe es während dem Schreiben durchwegs gehört.

Die Schmerzen kamen wieder. Keinesfalls heimtückisch oder gar schleichend. Nein, auf ein Mal waren sie da und ich hatte das Gefühl, Messer steckten tief in meiner blanken Haut. Nur langsam ließ der Schmerz nach. Doch er ließ nach. Zwar nur schleichend und zäh, doch wenigstens. Im Krieg habe ich ganz genau drei Dinge gelernt. Geduldig zu sein, mich auf mehrere Dinge gleichzeitig zu konzentrieren und nicht aufzugeben. Das letzte war für mich das Wichtigste. Es gibt immer einen zweiten Ausweg, man darf nur nicht die Hoffnung verlieren.

Chawson, im Bett unter mir, stöhnte ab und an vor Schmerz auf, schrie manchmal so auf, als hätte man ihm mit einen Messer fast erstochen oder welzte sich von der einen zur anderen Seite und wieder dasselbe immer und immer wieder.

Galenhal, im Hochbett neben mir wurde in den Bauch geschossen. Ich sah zu dem Blonden hinüber. Sein Atem ging zitternd und sein Brustkorb hob und sekte sich unregelmäßig. Ab und an strampelte er die Bettdecke mit den Füßen nach unten, wenig später robbte er sie wieder nach oben. Ein paar Millimeter weiter links und er läge jetzt unter der Erde. Er hatte verdammt Glück. So wie wir alle, eigentlich.

Manche von hier dachten sich täglich, wäre ich nur endlich tot, dann müsste ich diese ganzen Qualen nicht mehr ertragen. Nicht mehr dieses Leid tagtäglich sehen, würden einem die zahlreichen und unschönen Anblicke der Schwerverletzten und der Gestorbenen erspart bleiben. Würde ich meine Psyche nicht noch mehr zerstören, würde ich nicht mehr jeden Tag in Angst leben. Es verging kein einziger, an dem man keine Angst hatte. Um sein Leben, um das der Kameraden, um das, derjenigen mit denen man mehr zu tun hat und die man mochte, um seine Familie. Die einen zeigten ihre Angst mehr, andere weniger.

Doch das war die Minderheit, die so dachte. Die diese Suizidgedanken hatten. Galenhal war einer davon. Das wusste ich, weil es wie ein Lauffeuer hier unter den Kameraden herumging, wer auf welcher "Seite" stand. Ob man für das Leben im Krieg war und sich dachte, bald wird es vorbei sein, die mit dem Gedanken Selbstmord spielten oder auf der anderen, die dachte, es hat alles keinen Sinn mehr.

Auf der anderen Seite waren da die Männer, die genauso dachten wie ich. Mit derselben fest entschlossenen Einstellung durch den Krieg gingen. Zu Hause wartet meine Familie. Die, die mich sozusagen am Leben hält. Die mir Kraft, Zuversicht und Hoffnung schenkt. Trotz der surrealen Lage, in der wir stecken.

Sekunde für Sekunde. Minute für Minute. Stunde für Stunde. Tag für Tag.

Und da war noch Hemsworth. Der Stille. Der, der stumm durch das Leben ging. Der, der kein Wort sagte. Vielleicht aus Schüchternheit. Die meisten jedoch waren der Überzeugung, dass er einen Schock hatte und deswegen keinen Ton sagte. Wenn ihn jemand darauf ansprach sah er denjenigen direkt in die Augen, durchbohrte ihn mit seinen kristallblauen Augen, drehte sich abrupt um und ging fort. Klar konnte ihn niemand zwingen zu reden, aber insgeheim wollte jeder wissen, warum er so war, wie er war.

Der Krieg zerstört jeden von uns. Den einen mehr, den anderen weniger. Und doch jeden von uns. Äußerlich war die eine Sache, leichte Verletzungen heilten. Die Psyche, die mit jedem Schuss, mit jeder Kanone, mit jeder Handgranate kaputter wurde, war ein anderes Kaliber. Die heilte nicht innerhalb weniger Tage und war dann wieder wie neu. Früher, als man diese Krankheit nicht kannte, wurde diese Menschen für die abgestempelt, die das nur vortäuschten, um wieder nach Hause zu dürfen.

Ich schmunzelte und rieb mir nachdenklich am Kinn. Klar wäre es eine sehr einfallsreiche Idee gewesen. Aber irgendwie doch zu einfallsreich. Die Leute wurden wieder in den Krieg geschickt. Wurden so grob und ruppig behandelt wie jeder unter ihnen. Waren wieder dem alten Umgangston ausgesetzt. Sie gingen immer mehr und mehr kaputt. Ob sie danach, die wenigen, die überlebten, wieder ein normales Leben führen konnten, bezweifelte ich stark.

Ein komisches, lautes Geräusch riss mich aus den Gedanken. Kein Zweifel. Hemsworth. Ich biss mir auf die Lippe. In meinem Kopf arbeitete es. Vielleicht hatte er sich auch nur umgedreht. Aber nein, das klang eher nach einen Schrei. Alptraum? Schließlich siegte doch der Instinkt und ich stieg fast tonlos die wenigen Treppen hinunter, tapste langsam und vorsichtig barfuß zu ihm. An Schlaf war ohnehin nicht zu denken. Wie sollte man unter diesen Bedingungen einschlafen? Langsam ging ich in die Hocke und versuchte in der Dunkelheit irgendetwas zu erkennen. Umrisse, helle, dunkle Farben, doch war nichts. Wieder Schluchzen.

Ohne länger darüber nachzudenken nahm ich seine eiskalte, kleine zierliche Hand, zog ihn nach oben, stüzte meinen Kameraden und stieß mit dem einen heilen Fuß die Türe auf. Nun, es war wirklich nicht von Vorteil einen Schwerverletzten zu stützen, obwohl man selbst eine Schussverletzung am Bein hatte. Wie auf Knopfdruck schoss der Schmerz hervor und durchfuhr mich wie Stromschläge. Trotzdem humpelte ich eisern weiter, humpelte bis wir draußen an der Bank angekommen waren. Tief atmete ich zitternd durch und streckte meinen verbundenen Fuß aus, als ob das irgendetwas helfen würde.

Ich kniff die Augen zusammen. Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Mein Lächeln verblasste, als Hemsworth erneut laut zu schluchzen begann, schniefte und die Augen schloss. Unwillkürlich legte ich den Arm um seinen Körper und versuchte ihn somit, zu beruhigen. Schließlich unterbrach er die vollkommene Stille. "E-eltern to-tot."

I'm sorry. Ich wollte dieses Kapitel eigentlich aus Joannas Sicht schreiben, habe dann den ersten Satz aus Harrys geschrieben und dann war es vorbei. Ich hatte so einen krassen Ideenschub das ich Freak das Kapitel innerhalb von einer halben Stunde geschrieben habe.

What's wrong with me? xD

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