,,Du siehst auch gut aus", meinte er und kam näher. Ich wusste sofort, dass ich ihn jeden Moment küssen werde. Sein Mund war nicht mal mehr ein Zentimeter von meinem entfernt. Aber auf einmal packte jemand meinen Arm und zog mich weg. Überrascht stolperte ich zur Seite.
,,Jetzt willst du, Streberin, meinen Freund küssen?", dröhnte Abbys Stimme in meinem Kopf. ,,Mach mal halblang", mischte sich Tyler ein und legte seinen Arm um mich. ,,Ich bin weder Charlottes, noch dein Freund."
,,Achso! Aber zum knutschen bin ich gut genug?!"
,,Knutschen?", hakte ich nach.
,,Ja!", rief Abby jetzt zu mir, ,,der tolle Tyler hat mich geküsst! Nicht nur einmal!"
,,Abby", versuchte Tyler sie zu stoppen.
Geschockt hörte ich ihnen zu.
,,Du meintest, du könntest nicht genug von mir kriegen."
Tyler warf kurz einen Blick zu mir.
,,Alles klar", murmelte ich und ging weg. Er war also wirklich auf Abby reingefallen.
Ruckartig packte er plötzlich meine Hand und zog mich zurück. Er legte seine Hände auf meine Wangen. Ohne zu zögern drückte er seine Lippen auf meine und küsste mich.
Automatisch erwiderte ich seinen Kuss, doch als er sich von mir löste und Abby schon verschwunden war, sah ich ihn nicht nur geschockt, sondern auch enttäuscht an. Er knutschte mit Abby herum und nachdem sie nicht mehr wollte, war ich die Nächstbeste?! Ich drehte um, ging zur Bar und trank auf Ex irgendein Getränk aus. Anschließend ging ich nach draußen, um nach Hause zu gehen. Der Wind kam mir direkt entgegen und es wurde sofort ungemütlich. Ich fing an zu frieren und beobachtete hektisch meine Umgebung. Nicht sehr schlau von mir nachts durch einen Wald zu gehen. Außerdem wurde ich immer trauriger. Ich wusste zwar nicht, ob das stimmte, aber Tyler hatte es auch nicht abgestritten. Doch wann hatten sie sich geküsst? Ich hatte keine Ahnung. Irgendwie hatte ich sogar geglaubt, dass Tyler mich mehr mochte als Abby. Anscheinend täuschte ich mich.
Auf einmal nahm ich Schritte hinter mir war.
,,Ich hab sie nie geküsst", ertönte seine tiefe Stimme. ,,Sie wollte uns nur provozieren!"
Schweigend ging ich weiter.
,,Du musst es doch am besten wissen! Du kennst sie viel länger und weißt genau, wie sie tickt."
,,Na und?"
,,Ich. Hab. Sie. Noch. Nie. Geküsst!", wollte er mir ziemlich ernst klar machen.
,,Schön", meinte ich skeptisch.
Plötzlich packte er meinen Arm und ließ mich zu ihm schauen. ,,Und wenn ich sie geküsst hätte, es geht dich eigentlich gar nichts an, oder?"
Ich zuckte mit den Schultern. Nach einem kurzen Schweigen sagte er plötzlich ,,Hier" und zog seine Strickjacke aus und legte sie über meine Schultern. Wahrscheinlich war ihm meine Gänsehaut aufgefallen. Da es wirklich kalt war, wehrte ich mich auch nicht.
Ich musste ganze Zeit auf seine Lippen starren. Er war nur wenige Tage hier, hatte mich aber schon zweimal geküsst! Und das nicht ohne Gefühle, oder? Mich hatte noch nie ein Junge geküsst. Noch nie (außer im Kindergarten, aber das zählt nicht)!
,,Ich bring dich nach Hause, okay?"
,,Von mir aus", murmelte ich.
Wir gingen nebeneinander weiter und ich traute mich nicht, irgendetwas zu sagen. Langsam bekam ich sogar Kopfschmerzen. Wahrscheinlich von dem Trinken.
Wir schwiegen die ganze Zeit. Im Wald war es total gruselig und ziemlich dunkel. Ich war froh, dass Tyler neben mir herging. Erst kurz vor unseren Häusern blieben wir stehen und Lena hatte ich total vergessen.
,,Hast du mich eigentlich wegen Abby ... - "
,,Nein", unterbrach er mich auf einmal. ,,Nicht wegen ihr. Nur wegen dir. Aber du glaubst mir ja doch nicht."
Er ging ein paar Schritte zurück und beobachtete mich. Kurz deutete er auf die Jacke, die noch über meinen Schultern lag. ,,Kannst du behalten."
Jetzt drehte er sich um und verschwand im Dunkeln.
Gedankenverloren ging ich ebenfalls nach Hause und begrüßte meine Eltern, die im Wohnzimmer saßen. Anschließend wünschte ich ihnen eine gute Nacht und verschwand in meinem Zimmer. Schnell machte ich mich für das Bett fertig und schaute kurz zu Tyler herüber. Doch da war nichts zusehen. Ich legte mich also hin und auch wenn ihr mir das nicht glaubt, aber ich bin mit Tylers Jacke zusammen eingeschlafen. Damit ließ es sich wirklich viel besser schlafen und träumen!