Kapitel 46

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,,Drei, zwei, eins", zählte Leyla und ging mit dem rechten Fuß nach vorn. Gleichzeitig hob sie den rechten Arm. Dann ein Schritt nach links, eine Drehung und ein Sprint nach rechts. Es folgte ein Salto von Thomas, den er durch die Menge absolvierte, während die anderen weiter tanzten.
Tyler, Abby, Dan, Jayden und ich hingegen standen abseits und schauten nur zu. Part eins war die Einleitung in unser Stück. Leyla meinte, dass ein perfekter Tanz wie eine Geschichte aufgebaut war. Mit Einleitung, Hauptteil und Schluss. Mein Part war in dem Hauptteil, der für mich ziemlich lang war. Drei lange Tänze mit Tyler, fünfzehn Pirouetten zwischen den anderen drehen und anschließend mit Tyler und Abby von der Bühne tanzen. Außerdem starb ich in dem Stück und der Stil war Ballett. Allerdings nur in dem Hauptteil. Am Anfang drehten sich ziemlich viele mit dem Kopf auf dem Boden und sprangen wild herum. Aber es war cool. Wirklich.
,,Wir machen schon mal weiter. Der Anfang ist schon so gut wie im Kasten", meinte Jayden, während er immer noch zu den anderen schaute. Als mir auffiel, dass er und Liz Blickkontakt hielten, musste ich grinsen. Doch er wandte den Blick ab, nachdem er kurz lächelte, und schaute uns an. Daniel und er übten mit uns drei noch einmal den Tanz, den wir zu dritt aufführen sollten und es klappte besser als gedacht.
Auf dem Weg nach Hause, wurde ich von Lena aufgehalten. ,,Du, Charlie", sagte sie leise, ,,es bleibt doch bei dem Versprechen, oder?"
Fragend betrachtete ich sie.
,,Also, dass du die Finger von Tyler lässt... Ich weiß, ich hab mich schon oft verknallt", sie verdrehte die Augen, ,,aber diesmal meine ich es wirklich ernst."
,,Kommst du?", fragte Tyler plötzlich und tauchte neben mir auf.
Lena schaute mich mit großen Augen an.
,,Du ... ähm ... kannst schon mal vorgehen", meinte ich zu ihm. Ein wenig überrascht zog er die Augenbrauen hoch, nickte dann aber und ging vor.
,,Ich versprech's dir, Lena."
,,Danke."
Sie schien ziemlich erleichtert zu sein.
,,Aber ich lasse mich von ihm nach Hause begleiten, hast du was dagegen?"
,,Nein, das kann ich verstehen. Ich würde auch nicht im Dunkeln den Weg alleine entlang gehen wollen. Also, bis morgen."
Sie umarmte mich kurz und ging dann zu Liz, während ich Tyler hinterher lief. Direkt neben ihm verringerte ich mein Tempo wieder.
,,Thomas ist einer deiner Ex-Freunde?", fragte er jetzt und warf ein Blick zu mir. Dachte er etwa immer noch darüber nach?
,,Also ... ähm..."
,,Er hat gesagt, dass es nur eine kurze Beziehung war."
Was? Das hatte der gesagt, obwohl wir nicht einmal zusammen waren?
,,Aber anscheinend eine sehr intensive...", fuhr er fort.
Irgendwann musste ich ihm das wohl sagen. Aber was hatte dem das überhaupt zu interessieren?
,,Ja und?", sagte ich jetzt.
,,Ich finde das nur komisch."
,,Was?"
,,Du und ein Junge."
,,Ich und ein Junge?"
Er nickte.
,,Hä?"
,,Du und ein Junge halt. Stelle ich mir komisch vor."
,,Aber du bist ein Junge!?"
Er schaute zu mir.
,,Wir gehen ja auch nur nach Hause und ich meine jetzt etwas anderes", murmelte er.
,,Warum denkst du denn bitte darüber nach?", wollte ich von ihm wissen und schaute ihn ebenfalls an. Er zuckte mit den Schultern und betrachtete während dem Gehen den Boden. ,,Egal, vergiss es."
Vergiss es? Als könnte ich das merkwürdige Gespräch vergessen, dachte ich verwirrt.
Ich beobachtete Tyler. Er hatte seine Hände in seinen Hosentaschen versteckt und konzentrierte sich auf den Weg. Seine Tasche hing direkt hinter seinem Rücken.
Wir bogen auf der Straße ab und es waren nur noch wenige Meter bis zu unseren Häusern.
Ich wollte gerade rechts abbiegen, doch da schnappte er meine Hand und zog mich zu sich rüber.
Nur das Licht der flackernden Laternen erhellten in dieser Dunkelheit sein Gesicht. Es war wirklich neu für mich, so nah vor einem gutaussehenden Typen zu stehen. Und das fand Tyler also komisch? Ich und ein Junge?
Auf einmal erinnerte ich mich wieder an Lena. Ich sollte die Finger von ihm lassen.
Aber ich ließ doch die Finger von ihm... Tyler hatte meine Hand gepackt und nicht ich seine.
,,Charlie", murmelte er auf einmal. Und jetzt überkam mich dieses Gefühl ihn zu küssen. Ja, ich hatte Lena es versprochen, aber ich konnte nicht anders. Jetzt nahm ich noch seine andere Hand, stellte mich auf Zehnspitzen und legte meinen Mund auf seinen. Er wollte den Kuss sofort erwidern, aber ich zog mein Kopf sofort wieder zurück und fing an, leicht zu grinsen.
,,War das komisch?", wollte ich jetzt von ihm wissen. Für mich war es nicht komisch. Außer die Situation vielleicht.
Tyler schaute mich ein wenig verwirrt an, schüttelte aber mit dem Kopf. Aber ich wusste nicht, ob ich es richtig gemacht hatte. Anscheinend schon. Ein wenig stolz auf mich selbst ließ ich ihn wieder los und ging ein paar Schritte zurück.
,,Bis Morgen", sagte ich dann und ging ins Haus. Als ich im Flur stand, schloss ich schnell die Haustür hinter mir und holte tief Luft. Ein Wunder, dass nichts schief gegangen war.
Anschließend zog ich meine Schuhe und Jacke aus.
,,Hallo, Charlie", sagte mein Vater, als ich die Küche betrat. Er zerzauste mit einer Hand meine Haare und lachte. Ich aß noch schnell etwas und ging wieder nach oben, während ich mit dem Gedanken kämpfte, mich in Tyler verliebt zu haben. Oben angekommen warf ich noch ein Blick zu Tylers Zimmer. Er lag auf seinem Bett und tippte am Handy. Automatisch nahm ich mir meins und entsperrte es. Als ich sah, dass ich eine Nachricht von ihm bekommen hab, musste ich grinsen.
,,Du hast mich geküsst", schrieb er. Wow, der war ja ein Schnellchecker.
Während die Obercoolen sinnlose Nachrichten in der Gruppe schrieben, schrieb ich Tyler zurück: ,,Bitte sag das nicht Lena..." Langsam bekam ich ein schlechtes Gewissen.
,,Du hast ihr versprochen, die Finger von mir zu lassen, stimmts?"
Woher wusste er das?
,,Ich habe das mitgekriegt", antwortete er sofort.
,,Ja"
,,Ich werd's ihr nicht sagen! Ich bin ja kein Herzensbrecher"
Kein Herzensbrecher? Da glaubte ich aber was anderes. Ich schrieb noch ein wenig mit ihm und ging schlafen.

ChylerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt