Kapitel 37

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,,Hey", sagte er und zog das Wort total lang. ,,Weißt du was?"
,,Nein, was denn?"
,,Wir haben nur drei Stunden!"
Er fing an noch breiter zu grinsen und nahm meine Hand. Hastig zog er mich zu den Vertretungsplan, der an einem großen Fernseher angezeigt wurde. Direkt im Flur.
Als ich es las, fing auch ich an zu grinsen. Zwei Stunden Geschichte und eine Stunde Chemie fielen aus. Gott sei Dank.
,,Wollen wir danach was machen? Wenn du nichts dagegen hast, komme ich danach zu dir!", fragte er mich gespannt und schaute mich an.
,,Als hätte ich jemals etwas dagegen...", murmelte ich und fing an zu lächeln. Piet war mein bester Freund und natürlich durfte er nach der Schule mit zu mir kommen. Zusammen gingen wir zu Finja und Lena, die schon im Klassenraum saßen. Allmählich kamen auch die anderen dazu und anschließend auch der Lehrer. Dann begann der Unterricht und währenddessen schaute ich hin und wieder mal zu Tyler. Doch er erwiderte meine Blicke nicht. Im Gegenteil. Er schien mich zu ignorieren. Nicht mal ein Zettel bekam ich von ihm. Enttäuscht seufzte ich.
,,Und dann hat er einfach ein Tor geschossen", berichtete Piet, auf dem Weg zu mir. Wir verließen gerade die Schule.
,,Und das sogar mit links!", fuhr er fort. Doch ich konnte ihm nicht zuhören. Meine Gedanken waren bei Tyler. Kein Wunder: Er lief vor uns. Er war nicht einmal zehn Meter entfernt und wir folgten ihm. Schließlich hatte er denselben Schulweg wie ich.
,,Charlie?"
,,Hm?", brummte ich abwesend.
,,Ich rede bisschen zu viel, stimmts?", fragte er schuldbewusst.
,,Bisschen zu viel, ja."
,,Sorry", murmelte er. ,,Wollen wir heute Nachmittag ins Kino?", fragte er plötzlich.
,,Geht nicht", meinte ich sofort, ,,Ich muss zum Tanzen."
,,Oh man", seufzte er. ,,Du gehst nie mit mir ins Kino."
,,Du hast mich noch nie gefragt", bemerkte ich.
,,Wieso muss ich denn fragen?", konterte er.
Ich zuckte mit den Schultern. ,,Vielleicht weil du der Junge bist?"
,,Ach so, weil ich der Junge bin. Aha", sagte er skeptisch.
,,Piet!", ertönte auf einmal eine helle Stimme hinter uns. Es war Finja. Sie kam jetzt auf uns zu gelaufen und blieb vor Piet und mir stehen.
,,Nachhilfe", sagte sie und holte tief Luft. ,,Heute."
,,Oh nein", jammerte Piet. ,,Muss das sein?"
,,Ja", meinte Finja. ,,Später habe ich keine Lust mehr. Also, komm."
Sie hakte sich bei ihm ein. ,,Sorry, Charlie. Aber der checkt das in Mathe nicht."
,,Kein Problem", meinte ich. ,,Dann wann anders."
Ich schaute zu Piet. Er schenkte mir noch ein kurzes Lächeln und ging dann mit Finja weg.
Also ging ich alleine weiter. Hinter Tyler. Er war jetzt aber sicher schon zwanzig Meter entfernt.
Doch plötzlich blieb er stehen und schaute mich an. Ohne den Blick von ihm anzuwenden, ging ich weiter. Ich schlenderte an ihm vorbei und ruckartig kam auch er wieder in Fahrt und ging neben mir her.
,,Was ist?", fragte ich ihn leise.
Doch er schwieg. Verwirrt warf ich einen Blick zu ihm. Er nahm mich genau unter die Lupe und beobachtete mich mit seinen grünen Adleraugen. Er schaute nicht mehr weg. Allmählich wurde ich ein wenig nervös. Doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und konzentrierte mich auf den Weg, den ich schon gefühlte 10000 Mal gegangen war. Aber er schaute einfach nicht weg und mir wurde es unangenehm. Ich blieb stehen und versuchte ihn genauso anzustarren wie er mich. Seine Mundwinkel gingen leicht nach oben.
,,Was ist?", fragt er jetzt. Endlich hatte ich seine Stimme wieder gehört. ,,Willst du hier übernachten?"
,,Äh... Nein." Schnell ging ich weiter. Wieder folgte er mir und wandte den Blick nicht von mir ab.
,,Kannst du nicht woanders hingucken?", platzte mir heraus.
,,Nein." Er lächelte kurz. Ich versuchte es zu ignorieren und ging einfach weiter.
Wir schwiegen den ganzen Weg über. Er sagte nicht mal mehr ,,Tschüss", weswegen ich mich auch nicht verabschiedete. Ich öffnete vor der Haustür meinen Rucksack und suchte nach dem Haustürschlüssel. Zu meinem Entsetzen fiel mir auf, dass ich ihn nicht dabei hatte und meine Eltern waren arbeiten. Es war erst das zweite Mal, dass ich ihn vergessen hatte und es war noch nicht einmal 11 Uhr und meine Mutter würde erst um 16 Uhr kommen. Schnell drehte ich mich um und rief notgedrungen seinen Namen: ,,Tyler!"
Während er sich zu mir umschaute, ging ich peinlich berührt zu ihm. ,,Kann ich vielleicht mit zu dir? Ich hab den Haustürschlüssel vergessen und meine Mutter - "
,,Komm mit", unterbrach er mich kühl und ging in die Richtung von seinem Zuhause. Stumm folgte ich ihm. Wo war der lustige, nette Tyler?
Er öffnete die Tür und legte seine Jacke ab. Überraschenderweise nahm er meine Jacke entgegen und hing sie auf einen Haken an der modernen Garderobe. Anschließend schloss er die Haustür.
,,Wir sind allein. Hast du Hunger?", fragte er auf einmal. ,,Ich kann uns eine Pizza machen."
,,Gern", meinte ich ein wenig kleinlaut. ,,Nur, wenn es keine Umstände macht..."
,,Macht es nicht. Setz dich."

ChylerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt