chapter 1

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Ich hab lange überlegt, wie ich meine Geschichte am besten anfange. Vielleicht erzählen wer ich bin? Oder erzählen, wie es dazu kam, dass ich heute, hier, auf einem Stuhl im Wohnzimmer in unserer Wohnung sitze und eine der bekanntesten Friseuse der Stadt mir meine dunklen Haare richtet, während meine beste Freundin sich immer noch mit meinem Brautkleid beschäftigt? Fangen wir einfach mal am Anfang an.
Meine Geschichte beginnt am 25.08.2016. Zu meinem siebzehnten Geburtstag im Dezember 2015 habe ich von zwei meiner besten Freundinnen eine "Reise" nach München geschenkt bekommen. Ich war damals ein riesiger Manuel Neuer Fan, mit Fanpage auf Instagram und Poster ohne Ende in meinem Zimmer. So kam es also, dass wir nach unserem Abitur, das wir alle mehr oder weniger erfolgreich hinter uns gebracht hatten (ich konnte mich mit einem Durchschnitt von 1,9 nicht beklagen) und mit einem Studienplatz in der Tasche (Deutsch und Musik auf Lehramt in Mannheim) auf den Weg nach München machten. Wir waren morgens um sechs losgefahren, sodass wir mittags bereits in München waren. Die drei Tage übernachteten wir in einer günstigen Jugendherberge. "Mimi, wo wollen wir essen gehen?", fragte ich, nachdem wir alle drei unsere Koffer auf das Zimmer gebracht hatten. Mimi zuckte mit den Schultern, und so beschlossen wir, die Innenstadt von München unsicher zu machen. Abends fielen wir alle platt in unser Bett, da wir am nächsten Tag zum öffentlichen Training des FC Bayern München gehen wollten. Ich hatte, mit viel Hilfe einiger Freunde und Follower auf Instagram eine Art Fotobuch für Manuel Neuer gemacht - mit Fotos, Briefen von Fans und vor allem: mit meiner Geschichte. Die Geschichte, die ich noch kaum jemanden erzählt hatte.
Am nächsten Morgen wachte ich natürlich schon vor dem Wecker auf. Vor lauter Nervosität hatte ich kaum geschlafen und War aufgeregt ohne Ende. "Melli, beruhig dich", meinte Carina, die dritte im Bund. Ich hatte bereits am Vorabend geduscht, meine normalerweise lockigen Haare geglättet und war gerade dabei, mich zu schminken. Mein Hand zitterte so, dass die Beiden irgendwann Mitleid mit mir hatten und mich auf mein Bett drückten. "Lass uns das mal machen", meinte Mimi und eh ich mich versah, war ich fertig geschminkt, hatte meine Brille auf der Nase und eine schwarze Tasche in der Hand. "Geldbeutel, Geschenk für Manu, Edding, Auto- und Hotelzimmerschlüssel, was zu trinken", zählte Mimi auf und ich kontrollierte, ob wir alles hatten. Ich hatte zu einer blauen Hotpants ein neues weißes T-Shirt an, da ich wollte, dass dort die ganzen Spieler unterschreiben. Immer noch vor Aufregung zitternd ging ich ein letztes Mal ins Bad und versuchte mich zu beruhigen. Das sind auch nur Menschen, Melli.
Zusammen fuhren wir zum Trainingsgelände und stellten uns zu den wartenden Menschen. Wir waren relativ früh dran, deswegen gehörten wir zwei Stunden später auch zu den ersten, die hineingelassen wurden und standen ganz vorne am Gitter. "Schon süß, wie aufgeregt sie ist", flüsterte Carina Mimi zu und die beiden lachten. Ich hingegen war total fasziniert, da mittlerweile die ersten Spieler, Thomas Müller, Douglas Costa und Robert Lewandowski, aus dem Gebäude und auf den Rasen liefen. Kurze Zeit später war auch Manu endlich da und ich war den Tränen nahe. Ich hatte ihn gesehen! In echt und Farbe! Gänsehaut machte sich überall an meinem Körper breit und ich konnte nicht aufhören zu grinsen. Wir schauten (mehr oder weniger) begeistert dem Training zu und ich konnte es kaum erwarten, dass die Spieler zu uns kamen. Mimi dachte natürlich wieder mit, und sobald sie sah, dass Manu sich auf den Weg zu uns machte, kramte sie das Fotobuch für ihn aus der Tasche raus und drückte es mir in die Hand. Ebenso holte sie ihr Handy raus und begann zu filmen. Ich hatte bereits Autogramme von Lewy, Müller und Thiago, als Manu bei mir stand. Er unterschrieb auf meinem Shirt und ich machte ein Foto von uns beiden. Mittlerweile hatte ich wirklich angefangen zu heulen und meinte mit tränenerstickter Stimme: "Das ist für dich", und gab ihm das Fotobuch in die Hand. Er lächelte, nickte und fragte: "Kann ich sonst noch was für dich tun?" Wie nicht anders zu erwarten war ich total perplex und brachte kein Wort raus. Aber da ich zwei gute Freunde dabei hatten, meinten die beiden wie aus einem Mund: "Kann sie dich umarmen?" Manu grinste noch breiter und nickte lächelnd. Dann breitete er seine Arme aus und ich umarmte ihn. Mein Idol. Mein Held!

Glückskatastrophe | JK32Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt