27.

164 11 2
                                    

Lachend kommt Johanna in mein Zimmer. Sie hält meine Krücken in der Hand und lässt sich auf mein Bett fallen.

'Du hast was vergessen.'

Ich versuche ein Grinsen zu unterdrücken, aber ihr Lachen ist ansteckend.

'Die wollten nicht mitkommen.'

Sage ich gespielt beleidigt. Ihr Lachen wird immer heftiger und schließlich muss auch ich kichern.

Nach unserem kleinen Lachanfall, richte ich mich nach Luft schnappend auf. Johanna sieht mich plötzlich ernst an.

'Wie geht es dir?'

Sie klingt ein wenig besorgt. Ich schlucke und denke kurz nach. Was soll ich ihr sagen? Das alles gut ist und ih mich wohlfühle? Auch wenn es gelogen ist und sie es vermutlich sofort merken würde?

Oder die Wahrheit? Dass mein Bein wehtut? Mein Bein und mein Herz. Mein Herz, das nur noch aus Fetzen besteht? Dass ich verwirrt bin, weil der Typ mich irgendwie beruhigen konnte und ich immer noch nicht seinen Namen weiß?

'Mia?'

Fragend sieht sie mich an. Ich richte meinen Blick wieder auf sie und räuspere mich.

'Wie heißt eigentlich der Typ, in den ich auf dem Schulweg letztens reingerannt bin?'

Sie lächelt. Ich habe es tatsächlich geschafft das Thema zu wechseln und noch dazu, erfahre ich gleich noch etwas über diesen Typen.

'Er heißt Lukas. Gib's zu, du stehst auf ihn.'

Sie grinst breit und zieht eine Augenbraue hoch.

'Vielleicht. Ich weiß es selbst nicht.'

Ich weiß nicht, wieso ich ihr so etwas erzähle, aber es fühlt sich einfach richtig an. Sie nickt wissend.

'Das finden wir schon noch heraus.'

Sie grinst noch immer breit und nimmt mich kurz in den Arm. Für diesen einen Moment, fühle ich mich wieder ganz. Ich bin fast schon glücklich, doch dann ist es wieder vorbei.

Der Schmerz in meiner Brust ist wieder da und mein Körper fühlt sich unglaublich schwer an.

Johanna verabschiedet sich und verschwindet auf den Gang. Seufzend sinke ich auf die Matratze und schließe die Augen.

Wieso ich? Wieso immer ich???

Was hab ich denn getan, um das verdient zu haben? Waren meine Eltern nicht schon schlimm genug? Musste dann auch noch mein Großvater sterben? Die letzte Person, die mir helfen konnte?

Jetzt bin ich hier, und immer wieder passieren Dinge und kommen Menschen, die auf dem Scherbenhaufen meines Lebens herumtrampeln.

Nicht alles ist schlecht. Da ist noch Johanna, die geduldig eine Scherbe nach der anderen wieder zusammenklebt, aber sie ist zu langsam. Die Scherben zerfallen schneller, als sie sie wieder zusammenfügen kann.

Außerdem fehlen Teile. Mein Großvater hat einen Teil mitgenommen und auch Fabian hat einen Teil bei sich behalten, als ich ohne eine Verabschiedung gegangen war.

Mein Herz war ein einziger Scherbenhaufen, der unmöglich wieder zusammenzufügen war.

Wieso ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt