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Wütend strampelt und zappelt Fabian auf dem Boden. Er tritt um sich und wirft sich gegen die Arme, die ihn halten.

Ich muss zu ihm. Ich muss einfach wissen, was passiert ist.

Ich versuche zu ihm durchzukommen, doch die Polizisten stellen sich mir in den Weg. Inzwischen sind auch die beiden Klassen meiner Schule anwesend.

Fabians Wut scheint sich immer mehr zu steigern. Händeringend stehe ich vor den Polizisten.

'Bitte, lassen sie mich doch zu ihm! Vielleicht kann ich ihn ja beruhigen!'

Sie lassen mich nach kurzem Überlegen tatsächlich zu ihm. Ich laufe so schnell ich kann zu ihm und knie mich vor ihn hin.

'Beruhig dich, bitte.'

Nach einer kurzen Pause schlucke ich.

'Bitte, tu's für mich.'

Die letzten Worte sind geflüstert, doch er hat sie tatsählich gehört. Lansam beruhigt er sich und sieht mich fragend an.

'Was ist denn passiert?'

Er schluckt.

'Ich wollte ihn da nicht hineinziehen! Verdammt, du warst plötzlich weg und wir hatten einfach kein Geld mehr. Irgendetwas musste ich tun! Aber ich wollte ihn wirklich nicht mit hineinziehen!'

Er wird immer lauter und beginnt wieder sich zu wehren. Ein schreckliher Verdacht steigt in mir auf. Schnell rede ich beruhigend auf ihn ein.

'Ist alles ok mit Tom?'

Nur mit Überwindung bringe ich die Worte über meine Lippen. Er lacht bitter auf.

'Ob alles ok ist mit ihm? Verdammt nochmal, er ist tot! Dieser scheiß Bulle hat ihn einfach abgeknallt!!!'

Bei den letzten Worten rastet er vollkommen aus. Schockiert schlage ich mir die Hände vor den Mund. Das kann nicht sein. Nicht der liebe kleine Tom. Er kann einfach nicht tot sein.

Langsam schüttel ich den Kopf. Ich nehme kaum wahr, wie Fabian, der völlig außer sich ist vor Wut, in das Polizeigebäude gebracht wird.

Die ganze Welt scheint sich plötzlich langsamer zu drehen. Alles ist wie in Zeitlupe. Die Tränen verwischen meinen Blick. Dann fällt die Tür ins Schloss.

Johanna kommt zu mir und kniet sich neben mich. Vorsichtig berührt sie meine Schulter.

Das reißt mich aus meiner Erstarrung heraus. Ich springe auf und renne zum Polizeigebäude. Ich reiße die Tür auf und renne so schnell, dass mich niemand aufhalten kann in die Richtung von Fabians wütenden Schreien.

Blitzschnell schlüpfe ich zwischen den Polizisten hindurch und komme an eine kleine Zelle. Fabian schlägt außer sich vor Wut gegen das Eisengitter.

Ich stelle mich vor ihn und packe seine Hände. Sofort hört er auf. Als er die Tränen in meinem Gesicht sieht, treten auch ihm Tränen in die Augen.

Wir geben uns gegenseitig Halt und dieses Mal unterbrechen uns keine Polizisten.

Wir umklammern uns, so gut es mit dem Gitter zwischen uns geht. Ich lasse die Trauer um Tom heraus, aber auch die Erleichterung, dass Fabian wieder in meinem Leben ist dringt in die Schluchzer ein.

Erst jetzt spüre ich, wie sehr ich ihn eigentlich vermisst habe und wie angespannt ich deshalb die ganze Zeit war. Endlich habe ich meinen Bruder wieder...

Wieso ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt