33.

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Der Nachmittag verläuft gut. Ich habe es sogar geschafft, die Hausaufgaben zu machen, wozu ich mich bisher noch nicht durchringen konnte.

Mit einem Lächeln schlafe ich ein. Heute war ein guter Tag.

*

Mitten in der Nacht weckt mich ein seltsames Geräusch. Ich lausche konzentriert, doch ich kann nicht heraudfinden, woher es kam.

Ich will mich gerade wieder umdrehen, als es erneut ertönt. Es klingt wie das Kratzen einer Tür über den Boden. Dann langsame, schleifende Schritte auf dem Flur.

Mein Herzschlag beschleunigt sich. Wahrscheinlich ist es bloß ein müdes Kind aus dem Nebenzimmer, aber meine Fantasie malt sich die gruseligsten Gestalten aus.

Unfreiwillig stelle ich mir vor, wie die Person von draußen langsam in unser Zimmer hineinschleicht.

In diesem Moment kommen die Erinnerungen.

Ich höre Schritte auf dem Flur. Ich bin noch klein und versuche mich in meiner Decke zu verstecken, doch meinen Kopf drunter zu stecken, traue ich mich nicht.

Wenn ich nichts mehr sehe, wird es bloß noch schlimmer, weil ich dann nicht weiß, wann und was passiert.

Die Türe öffnet sich langsam. Zitternd starre ich zu dem Lichtstrahl, der jetzt vom Flur in mein Zimmer fällt.

Der Schatten eines großen Mannes ist zu sehen. Mit jedem Schritt, den er näher kommt, wird der Geruch von Alkohol und Zigaretten stärker.

Wenn er betrunken ist, ist er noch gewalttätiger als sowieso schon. Panisch drücke ich mich an die Wand hinter mir.

Wortlos greift er nach der Decke und reißt sie ruckartig weg. Er kommt immer näher. Ich bin kurz davor zu schreien.

Dann packt er mich und zerrt mich aus dem Bett. Der erste Schlag tifft mich und dann noch einer und noch einer.

Die Tränen laufen über meine Wangen. Ich verliere mein Zeut gefühl und als er endlich aufhört, liege ich bewegungslos auf dem Boden. Es fühlt sich an, als wäre die Welt vor lauter Schmerz stehen geblieben.

Nur am Rande realisiere ich, dass er zufrieden grinsend mit einem kleinen Lachen den Raum verlässt.

Mit einem schmerzerfüllten wimmern kehre ich zurück in die Realität. Auf dem Flur ist es jetzt still, aber einschlafen kann ich die ganze Nacht nicht mehr.

Stattdessen wälze ich mich in Tränen in meinem Bett hin und her.

Irgendwann klingelt mein Wecker und ich quäle mich mühsam aus dem Bett. Heute hat Johanna später Schule, also muss ich alleine frühstücken und zur Schule gehen.

Durch die Fenster sehe ich die Schneematsche, die sich aus dem ehemals so schönen Schnee gebildet hat.

Als ich mit meinen Krücken zur Schule humple, muss ich ständig darauf achten, nicht auszurutschen. Meine sowieso schon abgrundtief schlechte Laune sinkt erneut.

Das Glück von gestern ist wie weggewischt. Kraftlos sinke ich auf meinen Stuhl und lasse meine Gedanken in dem grau des Wetters versinken.

Mein Gehirn ist wie benebelt. Von Konzentration nicht das kleinste Anzeichen.

'Ich möchte, dass ihr mir jetzt alle zuhört. Auch du Maja.'

Herr Roth sieht mich streng an und ich lenke meinen Blick auf ihn. Zufrieden nickt er.

'Ich habe gute Neuigkeiten für euch. Vielleicht hat der ein oder andere schon etwas davon mitbekommen. Wir machen gemeinsam mit der Parallelklasse einen Ausflug.'

Die Klasse fängt an zu jubeln und zu diskutieren. Alle freuen sich. Alle außer mir.

'Ruhe, bitte. Das Ziel wird eine Überraschung, aber ein klein wenig will ich euch doch verraten. Da es ein Schulausflug ist, müsst ihr vormittags ein klein wenig Bildung ertragen.'

Ein genervtes Raunen geht durch die Klasse.

'Aaaber den kompletten Nachmittag haben etwas ziemlich spaßiges geplant.'

Er zwinkert uns zu.

Ich ziehe eine Augenbraue hoch und drehe mich wieder weg, während die anderen erneut freudig anfangen zu diskutieren.

Herr Roth gibt sich alle Mühe, die Klasse zur Ruhe zu bringen. Als dies jedoch nicht funktionieren will und er außerdem feststellt, dass es sowieso njr noch ein paar Minuten bis zum Ende der Stunde sind, gibt er es auf.

Wieso ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt