22.

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'Nein, das konnte sie doch nicht vorhersehen.'

Noch nicht ganz überzeugt wendet sie sich meinen Beinen zu und hilft dabei, sie zu befreien.

Endlich ist der ganze Schnee weg. Meine Beine fühlen sich total taub an. Langsam setze ich mich auf und versuche aufzustehen.

Doch ich kann meine Beine nicht richtig bewegen. Ich bin kurz davor in Panik zu geraten. Das darf doch nicht wahr sein. Ich will nicht ins Krankenhaus.

Es gibt nur eine Sache, die ich noch mehr hasse, als Krankenhäuser. Meine Eltern.

Ich schließe für einen Moment meine Augen.

'Mia? Ist alles in Ordnung?'

Höre ich die Stimme von Johanna. Ich nicke lächelnd. Sie soll sich keine unnötigen Sorgen machen.

Skeptisch sieht sie mich an. Wieso kennt sie mich schon nach so kurzer Zeit so gut?

Ich bitte sie, mir beim Aufstehen zu helfen. Sie stützt mich, während ih vorsichtig meine Beine anziehe und aufstehe. Ich bin zwar noch etwas wackelig auf den Beinen, aber es wird besser.

Frau Spießgarts besorgter Blick trifft mich.

'Glaubst du, du kannst in die Schule gehen?'

Ich nicke. Sonst kommen sie doch noch auf die Idee, mich ins Krankenhaus zu bringen.

*

Ein paar Minuten zu spät betreten Johanna und ich das Schulgelände. Ich konnte wegen meiner Beine nicht so schnell laufen.

Ich verabschiede mich schnell von Johanna und mache mich dann auf den Weg zum Klassenraum.

Auf mein Klopfen höre ich nur ein unfreundliches 'Herein'. Frau Pfau hat aber gute Laune.

Nach Musik haben wir Sport. Das kann ja lustig werden. Ich ziehe mich schnell um und betrete dann die Halle.

'Heute trainieren wir für den 30min Lauf. Wer als erstes schlapp macht, läuft nächstes mal das doppelte.'

Frau Siegel grinst uns fröhlich an. Wieso lassen sich Lehrer immer so gemeine Sachen einfallen?

Langsam trotten wir los.

'Schneller, sonst lauft ihr alle das Doppelte.'

Alle legen einen Zahn zu. Meine Beine tun bei jedem Schritt weh. Ich kann schon nach fünf Minuten kaum mehr das Tempo halten.

Vor mir unterhalten sich zwei Mädels.

'Hast du gehört, was heute Morgen im Kinderheim passiert ist?'

'Ja, es wurde jemand verschüttet, sie ist sogar fast gestorben und liegt jetzt im Krankenhaus auf der Intensivstation.'

Interessant, wie sich Geschichten verändern, wenn sie ein paar mal erzählt werden.

Plötzlich spüre ich einen stechenden Schmerz in meinem rechten Bein. Keuchend sacke ich zusammen. Wieso tut mein Bein so weh? Es war doch alles in Ordnung. Hat es etwas mit dem Unfall heute Morgen zu tun?

Ich spüre eine Hand auf meinem Rücken und zucke zurück. Ich höre, wie jemand etwas von einem Krankenwagen sagt.

Ich versuche weg zu kriechen, weg von den anderen. Ich will nicht ins Krankenhaus. Doch weit komme ich nicht. Bei der kleinsten Bewegung, zuckt der Schmerz erneut durch mein Bein.

Wieso ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt