Herr Roth versuch irgendwie zu mir durchzukommen, aber immer wenn sich mir jemand nähert, schlage ich um mich.
Seine Versuche, meine Schreie zu übertönen sind auch nicht gerade hilfreich. Ganz im Gegenteil. Sein Schreien macht mich immer unruhiger und errinnert mich so sehr an die Wutschreie meines Vaters.
Ich werfe mich hin und her. Die Panik wird immer größer, wenn das überhaupt noch möglich ist.
Ich kann nicht mehr denken. Mein Kopf tut höllisch weh, mein ganzer Köroer zittert und alles fühlt sich an, wie in dieser einen schrecklichen Nacht, die alles veränderte.
'Mia, ich bins Johanna, alles wird gut. Das ist vorbei. Deine Eltern sind Vergangenheit.'
Die sanften, leisen Worte dringen kaum zu mir durch. Sie muss sie mehrfach wiederholen, bis ich sie wahrnehme.
Ich schaffe es irgendwie, aus dem Keller heraus und zurück ins Museum zu kommen. Meine Schreie werden zu einem Wimmern und schluchzen und ich liege zusammengekrümmt auf dem Boden.
Als ich langsam die Augen öffne, fällt mir der Artikel sofort wieder ins Auge. Mit einem lauten Schrei drehe ich den Kopf weg und schließe die Augen so schnell wie möglich wieder.
'Lass deine Augen einfach geschlossen. Wir gehen hier weg, ok?'
Sie spricht ganz sanft und ruhig zu mir. Ich nicke vorsichtig und richte mich langsam auf. Sie stützt mich und ich vertraue mich ihrer Führung an.
'Wo willst du mit ihr hin?'
Herr Roth klingt ziemlich verwirrt.
'Auf die Mädchentoilette.'
Johanna antwortet ruhig, hält aber nicht an.
'Wieso auf die Toilette?'
Er scheint noch verwirrter zu sein.
'Sie braucht jetzt einen gewohnten Ort, den sie nicht mit dieser Stadt verbindet.'
Dann öffnet sich eine Tür, die hinter uns wieder zufällt.
'Du kannst die Augen wieder aufmachen, wenn du magst.'
Zögernd folge ich ihrem Vorschlag. Wir befinden uns in einer völlig gewöhnlichen Toilette.
Ich setzt mich auf einen Klodeckel und Johanna kniet sich in der Kabine vor mich hin.
Schweigend sitzen wir da und sie lässt mir einfach etwas Zeit um herunterzukommen.
Allmählich wird mein Atem wieder ruhiger und mein Herzschlag normalisiert sich.
Sie hatte recht. Das ist ein guter Ort um sich zu beruhigen. Woher sie das alles wohl weiß?
Sie streichelt sanft mein Knie, als ich mich genug beruhigt habe, um bei dieser Berührung nicht auszurasten. Irgendwann stehe ich auf uns sie folgt meinem Beispiel.
Ich umarme sie und sie hält mich fest. Langsam trockne ich meine Tränen.
'Sollen wir zum Bus gehen, bis die anderen fertig sind?'
Ich nicke. Ich brauche noch ein wenig Zeit.
'Danke.'
Es ist kaum mehr als ein Flüstern, doch sie hat es trotzdem verstanden.
'Ich bin immer für dich da.'
Sie lächelt.
Wir treten ans Waschbecken heran und ich spritze mir ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht.
Ein Blick in den Spiegel bestätigt das, was ich schon erwartet hatte. Ich sehe schrecklich aus.
Ich bin total blass und habe dunkle Augenringe. Meine Augen sind rot und angeschwollen vom Weinen.
Genauer will ich mich gar nicht betrachten, also trockne ich meine Hände ab und wir machen uns auf den Weg zum Bus.
Sie erklärt Herr Roth noch kurz, was wir machen, dann verlassen wir das Museum. Ich starre wieder auf den Boden.
Ich will auf keinen Fall etwas sehen, was ich mit dieser Stadt verbinde. Nach einem kurzen Fußweg erreichen wir den Bus, den der etwas verwirrte Busfahrer für uns öffnet.
Während Johanna ihm noch erklärt, was wir machen und warum wir hier sind, gehe ich schonmal nach hinten und lasse mich auf einen Sitz fallen.
Johanna setzt sich neben mich und betrachtet mich nachdenklich.
'Willst du vielleicht darüber reden? Ich habe das Gefühl, dass du das alles ziemlich in dich hineinfrisst.'
Ich zögere einen Moment. Ich habe das noch nie jemandem erzählt. Ich habe Angst vor meiner eigenen Reaktion. Angst vor neuen Panikattacken und dem Schmerz in meinem Inneren.
Doch dann nicke ich. Vielleicht hilft es ja...
DU LIEST GERADE
Wieso ich?
Teen FictionMia hat eine schreckliche Vergangenheit: Von ihren Eltern misshandelt, von den Freunden verlassen und durch den Tod ihres geliebten Großvaters gezeichnet, landet sie im Kinderheim. Sie lässt nichts mehr an sich heran, lässt sich von niemandem helfen...