Kapitel ~ 18

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Erschrocken drehte sich die junge Ärztin um und sah, dass nur Ariana hinter ihr stand und sie anstarrte. Erleichtert atmete sie auf. Sie hätte mit deutlich Schlimmeren gerechnet, als mit der schizophrenen jungen Frau. "Ariana, müssen Sie nicht jetzt zu Ihrem Therapiegespräch?", fragte sie, doch die junge Frau reagierte nicht. Gerade, als sie die Brünette noch einmal ansprechen wollte, kam ein Pfleger aus dem Gebäude, der sie scheinbar bereits überall gesucht hatte.

"Da sind Sie ja, Ariana. Kommen Sie. Es wird Zeit für Ihre Medikamente", erklärte er, während er der Latina einen freundlichen Blick zuwarf.

"Ich möchte die Medikamente nicht nehmen", erklärte sie. "Die machen mich immer so müde und dann kann ich mich nicht gegen den Geist wehren", sie stoppte und schaute den Pfleger fragend an. "Wieso sehen Sie mich überhaupt? Ich habe mich doch unsichtbar gemacht"

"Ariana, Sie wissen doch, dass das alles Unsinn ist. Sie können sich nicht unsichtbar machen", versuchte er die junge Frau zu überzeugen. "Sie sollten jetzt mit mir rein kommen und Ihre Medikamente nehmen, damit es Ihnen bald besser geht"

Plötzlich fing die zierliche Brünette an, ihn mit aufgerissenen Augen anzusehen. "Sie sind sein Komplize", sagte sie empört. "Sie wollen mich hilflos machen, damit er mir auch die Augen heraus reißen kann, so wie den anderen"

"Kommen Sie endlich mit", er fasste sie am Arm und versuchte sie mit sich zu zerren, bis sich die Ärztin einmischte. "Stopp", sagte sie. "Lassen Sie das. Ich werde sie gleich hoch zu Ihnen auf die Station bringen"

Unsicher sah er sie an. "Sind Sie sicher, Ma'am? Die Kleine kann wirklich anstrengend werden, wenn es um ihre Medikamente geht", erklärte er, doch Selena blieb dabei. Sie bestand darauf, sich selbst um die aufgebrachte Patientin zu kümmern.

Vorsichtig nahm sie die Brünette an die Hand. Ihr war klar, dass die Patientin eher war, wie ein kleines und eingeschüchtertes Kind. Sie war keine irre Erwachsene, die man grob anfassen konnte. Langsam fasste sie schüchterne, junge Frau vertrauen, zu der Dunkelhaarigen. "Kommen Sie mit, Ariana. Wir gehen noch einmal um den See spazieren, damit Sie sich etwas beruhigen und dann erzählen Sie mir etwas über den Geist, der anderen die Augen heraus reißt. Das scheint Sie sehr zu beschäftigen"

Beiden machten sich auf den Weg, einmal um den See zu laufen. Es war ein schöner Morgen und Selena hoffte, etwas heraus zu bekommen. Heraus gerissene Augen erinnerten sie an die Patientenakte des tätowierten Justins. Seinem Vater hatte man die Augen heraus gerissen. Das muss ein schrecklicher Anblick gewesen sein. Sollte das Gerede der Brünetten, etwas mit dem Blonden zu tun haben? War Justin der mysteriöse Geist, über den sie die ganze Zeit sprach? "Wissen Sie Frau Dr. Gomez, der Geist, der hier herum irrt, der kann alles hören und sehen. Er weiß alles und es gibt nichts, was ihn aufhält", erklärte Ariana.

"Haben Sie den Geist schon einmal gesehen?", wollte sie wissen, doch die Patientin schüttelte den Kopf und kicherte dabei wie ein kleines Mädchen.

"Natürlich nicht. Er ist doch ein Geist. Man kann Geister nicht sehen", belehrte sie die Latina.

"Hat Ihnen dieser Geist schon einmal etwas angetan?"

"Nein, aber der Katze", begann sie. "Die Arme Katze. Alles voller Blut. Alles voller Gedärme. Armes kleines Kätzchen "

"Haben Sie gesehen, wie der Geist das getan hat?"

"Nein aber ich weiß, dass er es war. Er macht seit Jahren schlimme Sachen aber keinen stört es. Viele von uns bekommen Ärger, weil Frau Dr. Foster  glaubt, dass es den Geist gar nicht gibt und dass wir das alles selbst machen". Ariana blickte sie mit kindlichen Augen an. "Aber so etwas machen wir nicht. Keiner von uns macht so etwas Schlimmes. Wir tun uns nicht weh"

Es verging noch einige Zeit, bevor Selena das, was die junge Frau ihr gesagt hatte, verbreiten konnte. Irgendetwas stimmte mit Justin nicht und irgendwas schien gewaltig schief zu laufen. Scheinbar unterschätzen alle das Gefahrenpotenzial des Patienten, und brachten damit alle in Gefahr. Sowohl die Patienten als auch das Personal.

PsychopathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt